So wird ein altes Haus in Bad Salzuflen mit historischen Materialien saniert

Bad Salzuflen-Wüsten . In der Einfahrt liegt die Salzufler Straße. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn als die Fahrbahnen in Richtung Herford saniert wurden, kam beim Aufnehmen der Asphaltschicht die alte, ursprünglich gepflasterte, Straße zum Vorschein. Weg damit, dachten sich die einen. Her damit, dachte Günter Dahm (64). Es ist nur eine Gelegenheit von vielen, die der Salzufler Architekt am Schopfe packt: Er sicherte sich den Naturstein und pflasterte damit seine eigene Einfahrt – kurioserweise an der Salzufler Straße in Wüsten. Für diesen Einsatz von historischen Baumaterialien ist Günter Dahm bekannt.

Zwei Jahre ist es her, da ging seine Lebensgefährtin Marleta Willmann (63) online auf Haussuche. Seit 15 Jahren sind die beiden ein Paar, seit 45 Jahren ist Dahm Architekt, zuletzt hatte er ein altes Fachwerkhaus in der Wenkenstraße restauriert. Jetzt sollte endlich mal ein eigenes Projekt her. Ein Ferienhaus sollte es werden, am Wasser vielleicht. Ein altes landwirtschaftliches Steinhaus in Wüsten, 6500 Quadratmeter Grundstück, gut 600 Quadratmeter Wohnfläche, ist es geworden. Die letzten fünf, sechs Jahre stand es leer. &bdquo;Da kann man was draus machen", dachte sich Günter Dahm und schlug zu. Auch wenn er aus Erfahrung wusste, was ihn erwarten sollte – Marleta Willmann blieb skeptisch. Bis sie das Ergebnis sah.

Zwei Mietwohnungen und eine große, sanierte Scheune Heute, zwei Jahre später, weiß Marleta Willmann gar nicht, was sie zuerst zeigen soll. Die offene Deele mit Galerie? Das Gäste-WC mit selbst gebautem Waschtisch? Das Glaselement, über das man vom Erd- ins erste Obergeschoss blicken kann? Oder doch das riesige Schlafzimmer im Dachgeschoss, das offen ins Badezimmer samt frei stehender Wanne übergeht?

Stolz führen die Beiden durch die kernsanierten Räume – hier musste alles erneuert werden. Während es im vorderen Teil des Hauses, wo hin zur Salzufler Straße zwei Mietwohnungen à 90 Quadratmeter entstehen sollen, noch ordentlich nach Baustelle aussieht und die Handwerker um die Wette bohren, ist die Wohnung im hinteren, ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäudeteil bereits fertig.

260 Quadratmeter, drei Stockwerke, über verschiedene Treppen miteinander verbunden, niedrige Durchgänge, große Fenster, der Blick geht nach Norden hinein ins Grün. Ab und an kommen Wildschweine vorbei, erzählt Günter Dahm. Früher lagerte im Dachgeschoss das Getreide, in der Etage darunter wurde es gemahlen, der alte Mühlenstein liegt noch heute. Im Erdgeschoss standen die Tiere im Stall, inzwischen zeugen moderne Stahlträger aus alten Abrisshäusern vom Verlauf des ehemaligen Futtergangs. Ein deutlicher Kontrast zur schwarzen Küche und der modernen Möbel sind auch die Wände: Günter Dahm hat den Putzstein bewusst freigelegt. Er will die Substanz des Hauses zeigen, nichts verstecken.

Arbeit im Bestand macht den Großteil der Arbeit des Architekten aus Dahm ist selbstständiger Architekt, gut 80 Prozent seiner Tätigkeit macht die Arbeit im Bestand aus. &bdquo;Das ist viel reizvoller als etwas Neues auf der grünen Wiese zu bauen", sagt er. Er vernichte eben kein Land, verwende stattdessen das, was andere schon vor Jahrzehnten vor ihm gebaut haben. Seiner Meinung nach müssten sich da noch viel mehr Architekten drauf einlassen, das sei die Zukunft. &bdquo;Es gibt immer weniger Bauland, man muss verstärkt im Bestand arbeiten."

Im Garten seines Hauses in Wüsten liegt noch ein großer Haufen Sandsteine. Sie stammen von einer abgerissenen Villa, Dahm will daraus noch eine Art Gartenhaus errichten. Günter Dahm hat zahlreiche Kontakte – sobald irgendwo etwas abgerissen wird, klingelt sein Handy. Und oftmals schlägt Dahm dann zu.

"Upcycling" gepaart mit Industriecharme Genauso wie auf Flohmärkten – die sind nämlich die nächste große Leidenschaft des Architekten. Zweimal pro Woche ist er im Schnitt in der ganzen Region unterwegs, wenn nicht gerade Corona alles lahm legt. &bdquo;Upcyceln" lautet das Stichwort: Dahm kauft, gestaltet und dekoriert wie ein Weltmeister – auch im neuen Haus an der Salzufler Straße. Bronzehände als Garderobe, alte Gemälde, Figuren, sogar die Waschtische hat er aus verschiedenen neuen und alten Materialien selbst gestaltet. Individuell muss es sein, bloß nicht von der Stange. Damit hat er auch längt seine Partnerin angesteckt. &bdquo;Ich war überrascht, dass es am Ende so schön geworden ist", gibt Marleta Willmann zu.

Was ihr weniger gut gefällt, ist die Treppe aus Metall, die vom Wohnzimmer aus ins Schlafzimmer führt. Denn auch dafür schlägt Günter Dahms Herz: Industriecharme. Eine alte Industrielampe in der Deele, die Metalltreppe, die er auf Alt getrimmt hat. &bdquo;Ich mute den Leuten damit ganz schön was zu, das weiß ich. Die meisten wollen so eine Treppe nicht im Wohnzimmer", sagt er. Aber er liebe eben das Raue, den Kontrast. &bdquo;Hier hab ich mir das einfach mal erlaubt."

Investition in Höhe von einer halben Million Euro Rund eine halbe Million Euro werden Dahm und seine Lebensgefährtin am Ende in die komplette Sanierung investiert haben. Immerhin: Für die moderne Pelletheizung, die mit rund 110.000 Euro zu Buche schlägt, gab es eine Förderung von 35 Prozent. Ökologisch sinnvoll zu handeln, das ist Dahm wichtig. &bdquo;Das ergänzt sich ja auch ganz gut damit, dass ich alte Substanz nutze und daraus etwas Besonderes kreiere", sagt er.

Es ist am Ende nicht das Haus am Wasser geworden, das sich die beiden ursprünglich gewünscht hatten. &bdquo;Aber viel besser als erwartet", ist Günter Dahm glücklich. Die beiden Hausbesitzer wollen jetzt erst einmal eine Weile auf Probe in der ehemaligen Scheune wohnen. Ob sie die später auch noch vermieten und erneut auf Haussuche gehen – sie wissen es noch nicht genau. Aber zumindest der Weihnachtsbaum steht und die Deko ist platziert. Die Feiertage wollen sie auf jeden Fall hier verbringen. Und das Ambiente genießen, das sie sich in den vergangenen zwei Jahren geschaffen haben.

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