Bad Salzuflen. Michael Meier, SPD-Ratsherr und Vorsitzender des Sozialausschusses, fordert die Stadt auf, mehr zu unternehmen, um Familien in schwierigen Wohnverhältnissen intensiver als bisher über die Sinnhaftigkeit der Corona-Maßnahmen aufzuklären. Zudem müsse ihnen in Zusammenarbeit mit dem Kreisgesundheitsamt ein Impfangebot gemacht werden. Bisher werde zu wenig getan. Bürgermeister Dirk Tolkemitt sieht das ein wenig anders. Wie berichtet, hatte Meier mit der Leiterin des Kreisgesundheitsamts über die Gründe für die hohen Infektionszahlen in der Salzestadt gesprochen. „Ein Großteil des Infektionsgeschehens ist demnach diffus", sagte Meier gegenüber unserer Redaktion. Ein kleinerer Teil der Infektionen erkläre sich aber auch daher, dass einige Personengruppen mit den Corona-Aufklärungsmaßnahmen schlecht oder gar nicht erreicht würden. Das liege mitunter auch an Sprachbarrieren. Einige der Betroffenen würden sich entgegen der Regeln in größeren Gruppen treffen. Dabei handele es sich zugleich um Menschen, die auch aufgrund beengter Wohnverhältnisse einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, sich zu infizieren. „Außerdem haben sie keine Möglichkeit, Homeoffice zu machen, sondern sind auch auf der Arbeit einem Risiko ausgesetzt", sagte Meier. Weiter hätten sie oftmals kein eigenes Auto und müssten den Öffentlichen Nahverkehr nutzen, was wiederum ein mögliches Infektionsrisiko darstelle. Er betonte, dass die genannten Umstände nichts mit der Herkunft zu tun hätten. „Es geht um soziale Faktoren und prekäre Verhältnisse, in denen die Menschen leben", so Meier. Umso wichtiger sei es, die Menschen zu erreichen. „Das müssen wir in ihrer Sprache tun", betont der Sozialdemokrat. Zu den betroffenen Gruppen gehören ihm zufolge beispielsweise auch Menschen aus Südosteuropa. „Es ist schwer, diese Gruppe überhaupt zu erreichen, da sie oft nirgends erfasst sind. Umso wichtiger ist es, gezielt mit ihnen Kontakt aufzunehmen und Hilfe anzubieten", sagte Meier. „Viele haben keinen Hausarzt" Weiter müsse darüber nachgedacht werden, Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, ein Impfangebot zu machen. „Viele haben keinen Hausarzt. Sie müssen bei den Impfterminen unterstützt werden, da sie oft nicht die Möglichkeit haben, sich selbst einen Termin im Impfzentrum in Lemgo zu machen", sagte der langjährige Ratspolitiker. Bürgermeister Dirk Tolkemitt will den Vorwurf, die Stadt unternehme zu wenig, nicht gelten lassen. Seit dem Beginn der Pandemie vor 14 Monaten führe die Stadt eine offene und umfassende Kommunikation über Regelungen, Erlasse sowie die Schutzmaßnahmen auf allen Kanälen. „Dazu gehören auch und gerade die Einrichtungen der sozialen Arbeit, Quartiersbetreuung, Flüchtlingshilfe und andere", so Tolkemitt. Informationsmaterial auch auf Bulgarisch Eine gesonderte Impf-Aktion für Obdachlose und Flüchtlinge befinde sich derzeit in Abstimmung mit dem Kreis Lippe in Vorbereitung. Dass Hygieneregeln und Schutzmaßnahmen nicht eingehalten würden, sei nicht primär an kulturelle Hintergründe gekoppelt, sondern ziehe sich durch alle gesellschaftlichen Schichten, betonte Dirk Tolkemitt. In Schötmar hat die AWO ein Projekt gestartet, dass die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen aus Südosteuropa verbessern soll. „Über das Infektionsgeschehen in den Familien haben wir keinen Überblick", sagte AWO-Projektleiter Peter Buchmann. Bisher sei nur in Einzelfällen von Betroffenen um sprachliche Unterstützung im Zuge von Infektionen gebeten worden. Seit Kurzem werde Informationsmaterial zu Corona in Bulgarisch verteilt, folgen sollen Infos zu Impfungen. „Da es sich größtenteils um junge Menschen handelt, die nicht zur priorisierten Gruppe gehören, waren Impfungen derzeit noch kein Thema", so Buchmann. Das könnte sich mit der teilweisen Aufhebung der Priorisierung nun möglicherweise ändern.