Wandelhalle: Sonderausstellung zum Thema Rassismus in der Werbung

Bad Salzuflen. &bdquo;Winterstimmung und die weite Welt“ – so lautet der Titel der ersten Sonderausstellung, die das Stadtarchiv in den sechs Schaufenstern in der Wandelhalle, direkt vor den Räumen der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, eingerichtet hat. Aber hinter dem doch eher harmlosen Titel steckt mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag.

Denn es geht nicht nur um schöne Bilder, sondern auch um die Werbung der Hoffmann’s Stärkefabriken in der Kolonialzeit, die man heute als rassistisch bezeichnen würde. Nicht so zwischen 1880 und dem Ersten Weltkrieg. &bdquo;Der exotische Reiz des Fremden war damals Thema. Es war schick, damit Werbung zu machen“, sagt Stadtarchivar Arnold Beuke. In der Ausstellung soll darauf ein kritischer Blick geworfen werden.

Praktikantin kümmert sich federführend

Die Idee zum Thema hatte Pia Gillner. Die 23-jährige Salzuflerin studiert Geschichte und Kunstgeschichte in Bielefeld und hat seit August ein Praktikum im hiesigen Stadtarchiv gemacht. Schnell war für sie die Aufgabe gefunden, sich federführend um die erste Sonderausstellung zu kümmern. Einzige Vorgabe: Es sollte thematisch in die Jahreszeit passen. Da boten sich die Stärkefabriken als Aufhänger an. &bdquo;Man hätte so viel machen können“, sagt Pia Gillner. Am Ende entschied sie sich, den Fokus auf das Thema Kolonialgeschichte zu legen. &bdquo;Der Fundus an Dingen, die wir heute als rassistisch bezeichnen würden, ist groß“, sagt sie. Und genau das soll nun in den sechs Schaufenstern dargestellt werden. Während es in der ersten Vitrine zum Einstieg noch recht unverfänglich mit Neujahrskarten der Fabrik losgeht, werden die Motive ab der zweiten deutlicher. Es werden schwarze Arbeiter gezeigt, die in herrlichen Landschaften scheinbar glücklich ihrer Arbeit nachgehen. &bdquo;Das war natürlich fernab jeglicher Realität“, sagt Gillner. "Unzivilisierte" schmücken sich mit europäischer Kleidung

Weit davon entfernt sind auch viele andere Darstellungen der schwarzen Bevölkerung, die sich auf Karten und Werbeprodukten der Stärkefabriken finden: So werden Afrikaner in europäischer Kleidung dargestellt, die &bdquo;Unzivilisierten“ schmückten sich quasi mit der Kleidung samt frisch gestärkter Hemdkragen. &bdquo;Man hat sich darüber lustig gemacht“, so Gillner. Das Ganze sei einfach nicht hinterfragt worden, Werbung mit solchen Motiven zu machen, habe damals als völlig harmlos gegolten. Dabei geht es dem Stadtarchiv gar nicht darum, die Hoffmann’s Stärkefabriken anzuprangern oder ihnen gar Böswilligkeit zu unterstellen. Zumal diese Art der Werbung zu der Zeit in vielen großen Firmen gang und gäbe gewesen sei, weiß Pia Gillner. Überrascht sei sie dennoch gewesen: Sie hätte derartige Werbung eher in den großen Hansestädten und weniger in Bad Salzuflen, quasi direkt vor der eigenen Haustür, vermutet.

Denkweise bleibt bis in die 1950er Jahre erhalten

Abgewertet wurden in der damaligen Zeit auch Juden, Sinti und Roma oder die indigene Bevölkerung der Kolonien, auch sexistische Darstellungen sind dabei. Und das auf Karten oder in Märchenbüchern, die den damaligen Stärkeprodukten beilagen. Auch wenn die Kolonialzeit in Deutschland mit dem Ersten Weltkrieg endete – die Bilder verschwanden nicht einfach. Stereotypen, alte Denkmuster etwa zur Rassentrennung, vieles blieb noch bis weit in die 1950er Jahre erhalten, sagt Gillner. &bdquo;Eigentlich ein Armutszeugnis, dass einige Bilder immer wieder reproduziert und nie hinterfragt wurden“, sagt sie. Mit der jetzigen Ausstellung will sie in jedem Fall den Bogen auch ins Hier und Jetzt und zur aktuellen Rassismusdebatte schlagen. Wenn dadurch der ein oder andere Besucher ins Nachdenken komme, das würde ihr schon reichen.

Die Sonderausstellung ist während der Öffnungszeiten der Wandelhalle täglich von 9 bis 18 Uhr zu sehen. Sie soll noch bis mindestens Ostern laufen. Die Dauerausstellung bleibt aufgrund von Corona aktuell geschlossen.

Gestohlene Ausstellungsstücke für immer weg?

Mehrere Ausstellungsstücke sind Anfang September aus der Dauerausstellung gestohlen worden. Der Dieb war auf Videos einer Überwachungskamera zu erkennen gewesen, einige Tage später saß er im Kurkonzert, wurde erkannt und daraufhin festgenommen. Insgesamt wurden fünf Ausstellungsstücke entwendet, bei der Wohnungsdurchsuchung des Verdächtigen wurde allerdings nicht alles sichergestellt, sagt Stadtarchivar Arnold Beuke. Er befürchtet daher, dass nicht alles seinen Weg zurück in die Ausstellung finden wird. &bdquo;Das ist sehr ärgerlich, denn es geht nicht nur um den materiellen, sondern auch um den historischen Wert“, so Beuke. Aktuell liege das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft, der Täter sei vorerst auf freiem Fuß.

Wandelhalle: Sonderausstellung zum Thema Rassismus in der Werbung

Diese besondere Ausstellung erinnert an NS-Regime und Kriegsende in Bad Salzuflen

Wie eine Familie aus Schötmar nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde

Jetzt bewerben: Künstler für Ausstellung in der Wandelhalle Bad Salzuflen gesucht

Ausstellung in Bad Salzuflen zeigt 125 Jahre Kurhaus-Geschichte in Bildern

Stadtarchiv Bad Salzuflen sucht Erinnerungen und Gegenstände zum Zweiten Weltkrieg

So grüßten die Hoffmann`s Stärkefabriken aus Bad Salzuflen zum Neujahr in die Welt

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €