Kalte Duschen an Fußballplätzen und in Sporthallen erhitzen die Gemüter

Bad Salzuflen . Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist Energie noch knapper und deutlich teurer geworden. Die Bundesregierung hat alle Städte und Gemeinden aufgefordert, beim Verbrauch zu sparen – auch um befürchtete Engpässe in den Wintermonaten zu vermeiden.

Neben vielen anderen Kommunen geht auch Bad Salzuflen mit gutem Beispiel voran und hat ein größeres Energiesparpaket geschnürt. Bei einem Punkt schießt die Stadt aber übers Ziel hinaus, meint die SPD-Fraktion im Stadtrat. Sie fordert die sofortige Rücknahme der Warmwasser-Abschaltung in zahlreichen Sportstätten. Debattiert wird über den Antrag in der heutigen öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Ehrenamt und Sport ab 17 Uhr im &bdquo;Netzwerk“ der Stadtwerke an der Uferstraße.

Der Hintergrund: Zum 1. September hat die Bundesregierung die (Achtung, Wortungetüm!) "Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (EnSikuMaV) erlassen, die unter anderem die Kommunen zu Einschränkungen beim Energieverbrauch zwingt – zum Beispiel bei der Beleuchtung von Gebäuden und Straßen, der Temperatur in öffentlichen Räumen. Dass in diesem Zusammenhang auch um den 7. September herum das Warmwasser in rund 20 Sportstätten der Stadt abgeschaltet worden ist, hält die SPD für überzogen, zumal die Verordnung der Bundesregierung eine solche Maßnahme nicht vorschreibe.

In dieser sei nur die Rede davon, dass die Warmwasseraufbereitung nur in dem Maße zu beschränken sei, dass ein Gesundheitsrisiko durch Legionellen im Trinkwasser vermieden wird. Ins selbe Horn stößt nach Angaben der Gemeinde Augustdorf auch das Gesundheitsamt des Kreises. Die Experten in Detmold hätten der Kommune auf Anfrage davon abgeraten, das Warmwasser wegen der Legionellengefahr in öffentlichen Duschen abzustellen (die LZ berichtete). Deswegen wird in den Sportstätten der Sennerandgemeinde weiter warm geduscht.

Verschwitzt ins Auto: Von der Abschaltung in der großen Sporthalle Aspe ist beispielsweise Handball Bad Salzuflen ( HBS ) betroffen. &bdquo;Einige unserer Mitglieder steigen jetzt nach dem Training oder dem Spiel verschwitzt ins Auto. Andere beißen in den sauren Apfel und duschen trotzdem“, so die Beobachtung von Axel Carls, sportlicher Leiter im Damenbereich. 16 HBS-Teams seien von der Maßnahme betroffen.

&bdquo;Wir versuchen, unsere jungen Spieler ab etwa acht bis zehn Jahren ans Duschen noch in der Halle heranzuführen“, sagt Carls. Jetzt stiegen einige von ihnen ungeduscht aufs Fahrrad. Er habe vollstes Verständnis für das Energiesparen der Stadt, fragt sich aber, ob es statt der Komplettabschaltung des Warmwassers nicht mit einem Herunterregeln der Temperatur auch getan wäre. Zumal jetzt viele zuhause duschen würden, &bdquo;was in der Gesamtheit dann auch nicht beim Sparen hilft.“ Diesen Punkt sieht auch die SPD in ihrem Antrag. Ferner befürchtet sie den Anstieg von Erkältungskrankheiten bei Bad Salzufler Sportlern, da diese länger als nötig verschwitzte Kleidung tragen könnten. Auch könnte die längere Abschaltung des Warmwasser die Anlagen selbst beschädigen.

&bdquo;Eine Katastrophe“: &bdquo;Bezogen auf die jetzt kommende kalte Jahreszeit ist die Abschaltung eine Katastrophe“, sagt Marcel Schmidtmann. Er ist neuer Vorsitzender des SC Bad Salzuflen. Laut Schmidtmann betreiben auf der Anlage des SC rund 300 Aktive regelmäßig Sport – darunter viele Jugend- und zwei Frauenteams. Er habe den Hinweis bekommen, dass die, die nicht kalt duschen wollten, sich ja mit dem Handtuch abrubbeln könnten. &bdquo;Stellen Sie sich mal ein Fußballspiel bei Regen vor, wie die Spieler danach aussehen. Den Dreck kann man mit einem Handtuch nicht eben mal beseitigen.“

Da bleibe nur kalt zu duschen, was in den kommenden Herbst- und Wintermonaten alles andere als ein Vergnügen sei. &bdquo;Mögliche Folgekosten durch Legionellenbefall stehen in keinem Verhältnis zu den jetzt erzielten Einsparungen“, sagt Regina Suett , Sprecherin der SPD im Sportausschuss. Deswegen soll wieder wärmeres Wasser durch die Leitungen fließen.

Worst-Case verhindern: Die Stadt hat nach eigenen Angaben mit einem Schreiben vom 2. September alle Vereine darüber informiert, dass zur Abwehr der Erdgasverknappung die zentralen Warmwasser-Aufbereitungsanlagen in den Sportanlagen zum nächstmöglichen Zeitpunkt abgeschaltet werden. &bdquo;In der Liste fanden sich die Objekte, bei denen das sofort umzusetzen ist. Für die dort nicht aufgeführten Sportanlagen gilt, dass eine Abschaltung aus technischen oder logistischen Gründen zunächst nicht möglich ist. Im Sinne der Gleichbehandlung müssen wir prüfen, ob dort und überall anders nicht auch die technischen Möglichkeiten geschaffen werden können, das Wasser dort abzustellen“, heißt es aus dem Rathaus.

Generell sei festzuhalten: &bdquo;Wir beschäftigen uns behördenseitig intensiv mit den möglichen Auswirkungen einer Energiemangellage und bereiten uns auch auf den Worst-Case vor. Wir müssen alles unternehmen, dass diese Situation nicht eintritt. Das wird ohne persönliche Einschränkungen nicht funktionieren“, heißt es wörtlich in der Stellungnahme der Stadt.

Zwischenruf Thomas Reineke

Ganz klar, Energiesparen ist das Gebot der Stunde – und vor allem der nächsten Monate. Und die Stadt handelt richtig, wenn sie beispielsweise die Straßenbeleuchtung verkürzt oder Heizungen herunter dreht. Aber wie so oft im Leben kann man auch am falschen Ende sparen. Und das ist in diesem Fall die komplette Warmwasserabschaltung in rund 20 Sportstätten. Abgesehen davon, dass von der Maßnahme aktuell einige Salzufler Vereine stark und andere gar nicht betroffen sind, geht es hier auch und vor allem um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler. Duschen können zu einer Infektionsquelle werden – vor allem, wenn sie länger nicht genutzt werden und im Kreislauf eine zu geringe Temperatur herrscht. Sollte das warme Wasser wieder fließen, ist auf der anderen Seite auch ein dringender Appell an die Solidargemeinschaft der Sportler zu richten: &bdquo;Duscht so kurz wie möglich!“

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