Viel mehr als nur Tiere töten: Warum dieser 17-Jährige Fleischer werden will

Bad Salzuflen. Die Lust auf Fleisch aus dem Supermarkt ist Paul Bannikow vergangen – spätestens seit er eine Ausbildung zum Fleischer bei der Fleischerei Nier macht. &bdquo;Ich schmecke sofort, wenn das Fleisch woanders herkommt“, sagt er. Wenns ans Grillen mit seinen Freunden geht, ist daher von vornherein klar: &bdquo;Ich bringe die Bratwürste mit“, sagt Paul und lacht. In unserer neuen Serie &bdquo;Mein Traumberuf“ stellen wir ab sofort Menschen vor, die sich für einen eher unbekannten oder nicht ganz alltäglichen (Ausbildungs-)Beruf entschieden haben – Paul macht den Anfang.

Ein Treffen im Stammhaus von Nier in Schötmar. Paul Bannikow, 17 Jahre, schüchternes Grinsen, weiße Clogs, hat kurz nach 14 Uhr gerade Feierabend, um 5 Uhr morgens fängt er an – bis auf montags, da ist Berufsschule in Paderborn. Einmal pro Woche steht Schlachten auf dem Programm – Rinder werden bereits zerteilt, Schweine lebend angeliefert.

Beim Schlachten trennt sich die Spreu vom Weizen Und genau hier trennt sich bei den angehenden Fleischern die Spreu vom Weizen. &bdquo;Manche kippen im Praktikum schon mal um“, sagt Paul. Ein bisschen Überwindung habe es ihn anfangs auch gekostet, da ist er ehrlich – der Geruch, die Wärme. Zudem ist die Arbeit nicht gerade leicht. Aber: Sie gehört eben dazu. &bdquo;Und man gewöhnt sich daran“, sagt Paul.

Sein Chef Richard Nier (39) legt Wert darauf, dass seine Azubis alles lernen, was zum Fleischerhandwerk dazu gehört. &bdquo;Sie sollen von vorne bis hinten alles können – und eigenständiges Arbeiten lernen“, sagt er. Das fängt eben beim Schlachten und Zerlegen der Tiere an, geht beim Wurstmachen weiter und endet beim Verkauf hinter der Theke. &bdquo;Dort bekommt man sofort ein Feedback und sieht, was man am Tag geschafft hat“, sagt Paul.

Der 17-Jährige lebt in Lemgo, sein Vater ist selbstständiger Innenausbauer, seine Mutter Fleischereifachverkäuferin. So kam es auch, dass er in der zehnten Klasse bei ihr an der Fleischtheke in einem Supermarkt ein Praktikum absolvierte – und begeistert war. Über eine Tante wurde er auf Nier aufmerksam, schnupperte drei Tage in den Arbeitsalltag herein. &bdquo;Das hat mir noch besser gefallen“, sagt Paul. Schließlich fiel die Entscheidung für die Ausbildung in Schötmar, aktuell ist er im zweiten Lehrjahr.

Eigentlich wollte Paul Architektur studieren Und das, obwohl Paul ursprünglich nach seinem Abschluss an der Heinrich-Drake-Realschule in Lemgo sein Abitur absolvieren und Architektur studieren wollte. &bdquo;Aber ich wollte auch nie nur im Büro sitzen, sondern immer etwas Handwerkliches machen.“ Und genau das tut er jetzt – und hat es nicht bereut.

Vor allem das Wurstmachen hat es dem jungen Mann angetan. &bdquo;Ich arbeite gerne mit großen Maschinen, das Filigrane macht mir mehr Spaß, als mit dem Messer Tiere zu zerlegen“, sagt er. Welche Gewürze, wie viel Gramm Salz, wie fein darf die Wurst werden – es gibt viel zu beachten. Anfangs habe er sich alle Rezepte in ein kleines Büchlein notiert. &bdquo;Aber nach einer gewissen Zeit hat man das im Kopf.“

Und auch sein Chef ist zufrieden: &bdquo;Die Mettwurst ist sein Steckenpferd“, sagt Richard Nier und lacht. Inzwischen hat Paul sogar eine erste Eigenkreation entwickelt: eine Jägermettwurst. Der erste Versuch ging noch ordentlich in die Hose, erzählt er. Inzwischen liegt sie aber hinter der Theke aus.

Was im Detail drinsteckt? Betriebsgeheimnis. Aber: Kräuterlikör darf nicht fehlen. Zumindest Richard Nier schmeckt die Wurst nicht ganz so gut, da ist er ehrlich. Aber Paul hat ihm ein Schnippchen geschlagen und einfach mal die Kunden probieren lassen. &bdquo;Und da haben drei direkt was davon gekauft“, sagt er und schiebt sich ein Brötchen mit &bdquo;seiner“ Mettwurst in den Mund.

Kochen lernt er ganz nebenbei Ganz nebenbei lernt Paul in der Ausbildung so auch den Umgang mit Gewürzen und hilft bei Nier auch in der Küche aus. Inzwischen schnappt sich Paul zuhause auch schon mal, was der Kühlschrank hergibt, und probiert sich aus. &bdquo;Das habe ich vorher so nie gemacht“, sagt er.

Seine Eltern seien stolz auf ihn und seine Entscheidung fürs Handwerk. Die Freunde konnten es erst gar nicht so richtig glauben, erzählt Paul. Richard Nier weiß warum: Es liegt am Image der Branche und an Vorurteilen. &bdquo;Dass wir als Fleischer mit einem Messer in jeder Hand knöcheltief im Blut stehen und gerne töten.“ Dabei sei der Beruf außergewöhnlich, traditionell, abwechslungsreich und für jeden etwas, der Spaß am Handwerk habe – und das Schlachten dabei nur Mittel zum Zweck. Und es sei gut, das als Fleischer selbst zu übernehmen, sagt Nier. &bdquo;Dann weiß man, wie es abläuft und dass es vernünftig abläuft.“

Aber hat der Beruf Zukunft in Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen vegetarisch ernähren und dafür geworben wird, weniger Fleisch zu essen? &bdquo;Ich denke, es wird immer Leute geben, die Fleisch essen“, sagt Richard Nier. Aber er betont auch: &bdquo;Fleisch muss wieder ein Luxusartikel werden.“ Es brauche einen bewussteren Konsum – und man müsse wissen, wo das Fleisch herkommt.

"Ohne Lehrlinge stünden wir schlecht da" Viele Kunden legten darauf heute bereits viel mehr Wert als früher. Auch die Azubis lernen die Höfe kennen, auf denen die Tiere leben, die sie später verarbeiten. &bdquo;Fleisch ist das hochwertigste Lebensmittel, das es gibt“, sagt Nier. Und auch Paul bestätigt, dass er inzwischen bewusster Fleisch esse.

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Die Ausbildung Im Kreis Lippe gibt es aktuell fünf Azubis im Fleischerhandwerk, fünf Betriebe bilden hier derzeit aus, teilt die Handwerkskammer OWL auf Nachfrage mit.

Die Ausbildung dauert im Normalfall drei Jahre, dabei lernen die Nachwuchsfleischer alles über Qualität, Zerlegung, Zubereitung, Präsentation und Verkauf von Wurst- und Fleischwaren sowie zu Gesundheitsschutz und Nachhaltigkeit. Nach der Ausbildung sollen sie ihre Kunden bei Fragen zu Herkunft, Inhaltsstoffen, Zubereitung oder Weiterverarbeitung beraten können.

Die Ausbildungsvergütung liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 862 im ersten, 970 im zweiten und 1111 Euro im dritten Lehrjahr.

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