Kabarettist Jochimsen zeigt in Bad Salzuflen Fotos von Balkonen ohne Tür

Bad Salzuflen. Jess Jochimsen will raus aus seinem Gedankenkarussell. Zumindest für einen Abend. Etwa 70 Gäste wollen in Bad Salzuflen zuhören. Und am Ende wird es ein Dialog.

Jochimsen spielt Gitarre und Akkordeon, fragt aber lieber das Publikum aus. Von den Frauen und Männern im Zuschauerraum bekennen in der Badestadt zwei, dass sie über mehr als 500.000 Euro verfügen, ein FDP-Wähler ist im Raum. Was haben wir gelernt?

Der Kabarettist aus Freiburg zog für eine Nacht in das Zimmer 314 in der Parkstraße 53; bekannt als die Adresse des Maritim. Jochimsen haut das mal nebenbei raus, falls (O-Ton) &bdquo;noch jemand sexuelles Interesse habe“. Jochimsen ist mindestens poetisch, sicherlich skurril und genau beobachtend. Und was er findet, ist charmant, aber bei genauem Hinsehen eine Tragödie. Bisweilen auch komisch – wenn er singt ... über einen Bauer und einen Schmied. Wenn er Dias zeigt, kuriose Momentaufnahmen, irgendwo zwischen Goslar und Singen geschossen.

Balkone ohne Tür, Regenrinnen, die in das Haus weitergebaut wurden. Eigenen Angaben nach will der Mann auch in Bad Salzuflen am Nachmittag vor dem Auftritt mit seiner Kamera seltsame Dinge fotografiert haben. Die werden in zwei Wochen womöglich andere Zuschauer in Essen oder Ratingen sehen.

Was hat die Pandemie hinterlassen? Welche Fragen stellt sich der Mann aus Freiburg? Immer wieder die eine: Was die Pandemie hinterlassen hat? Und welche Einsichten inmitten des Radaus der Gegenwart – von Trump bis Gaza – zu selten beleuchtet werden? Jess Jochimsens Auftritt im schwarzen Look von den Schuhen bis zum Kragen ist mehr ein kabarettistischer Gedankenaustausch, ein Herantasten an die Salzufler, weniger ein abgespultes &bdquo;Oh“ und &bdquo;Ah“.

Nebenbei verkündet er, dass Arminia Bielefeld aufgestiegen ist, dass Freiburg womöglich bald in der Champions League spielt. Den Rest des Abends knetet er sinnbildlich Sauerteig. Er fabuliert über Corona, über Orgien und erfindet Sätze wie &bdquo;Wo eine Wand ist, lohnt sich die Tür“.

Drohung gegenüber den Salzuflern Und er droht den Salzuflern: Wenn hier noch einer den Satz formuliere &bdquo;Die Natur kann es gebrauchen“ (bei Regen), würde er womöglich die Beherrschung verlieren. Auf dem oft bemühten Kieker hat der Mann zwischen Akkordeon und Wasserglas zudem die Religion. &bdquo;Wissen macht mehr Mühe als Glauben“, stellt er fest. Und will mehr Mathe in der Welt. Und ab und an mehr Saallicht, das Christian in der Halle verstärken soll.

Dann fragte Jess Jochimsen 70 Menschen, ob sie reich sind. Und was sie gewählt haben. Zurückhaltend, wie das Publikum bei einer Kabarettveranstaltung nun mal ist, will keiner Merz gewählt haben. Christian darf das Saallicht wieder runterfahren. Jochimsen zeigt noch ein paar Dias und bewegt sich gedanklich in die 314.

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