Bad Salzuflen-Schötmar. Wer heute die westliche Seite des Marktplatzes von Schötmar entlanggeht, sieht moderne Fassaden und Geschäfte. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts prägten hier jedoch alte Fachwerkhäuser das Bild – Orte, an denen Handel, Handwerk und frühe Industrie eng beieinanderlagen. Historiker Dr. Stefan Wiesekopsieker erklärt: „Die Häuser Begastraße 1–7 gehörten zu den frühesten besiedelten Teilen Schötmars.“ Besonders das Haus Begastraße 3 spielte dabei eine zentrale Rolle. Es gilt als „Wiege“ der örtlichen Keksindustrie. Alles begann 1794, als Carl Ludwig Pecher (1773-1848) im Haus Nummer 3 eine Bäckerei eröffnete. Sein Enkel Carl Pecher (1832-1905) begann in den frühen 1870er-Jahren vermutlich mit einer kleinen oder saisonalen Keksproduktion. 1875 trat Carl Mensch (1848-1899) als Partner in das Unternehmen ein. Handelsgesellschaft Gemeinsam erklärten sie beim Fürstlichen Verwaltungsamt Schötmar: „Wir haben uns zu einer offenen Handelsgesellschaft vereinigt, um eine Kakes- und Biscuitfabrik gemeinschaftlich zu betreiben.“ Nach weniger als zwei Jahren führte Pecher die Firma allein weiter – fortan unter dem Namen „C. Pecher“. Ende 1881 verlagerte er die Keksproduktion nach Detmold, wo ein größeres Unternehmen entstand, das bis Mitte der 1970er-Jahre bestand. Auch nach Pechers Wegzug blieb Haus Nummer 3 ein Ort wirtschaftlicher Aktivität. 1882 eröffnete Friedrich Siekmann dort eine Schlachterei, die jedoch bald scheiterte. Im benachbarten Haus Nummer 5 übernahm Wilhelm Korte 1898 die Produktion, richtete einen modernen Wurstbetrieb ein und wurde 1914 sogar „Fürstlich Lippischer Hoflieferant“. Über zwei Jahrzehnte befand sich im Hinterhaus von Nummer 5 zudem eine kleine Zigarrenfabrik, gegründet 1903 von August Linnemann. Neubau Nach mehreren Generationen wurde das alte Fachwerkhaus Nummer 3 im Jahr 1938 abgerissen. An derselben Stelle errichtete der Schötmaraner Architekt Herbert Wolff einen modernen Neubau, in dem weiterhin Handel und Produktion stattfanden. Dr. Wiesekopsieker fasst zusammen: „Die Häuser am Marktplatz sind nicht nur architektonisch bedeutend, sondern Zeugen der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung, die Schötmar über Jahrzehnte prägte.“ Vom kleinen Bäckerhaus zur Keksfabrik, von der Schlachterei bis zur Zigarrenproduktion – jedes dieser Gebäude erzählt ein Stück Stadtgeschichte und steht für den Wandel einer Stadt, die immer wieder neu erfand, was wirtschaftlich möglich war. Weitere historische Informationen über Schötmar finden sich in der Broschüre „Wie hat sich unsere Stadt verändert!“ von Dr. Stefan Wiesekopsieker, erschienen in der Reihe Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten, Heft 5 des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V.