Luftfilter in lippischen Schulen – ein teurer Corona-Irrtum?

Kreis Lippe. Luftfilter in der Coronazeit - Segen oder Fluch? Das fränkische Erlangen macht gerade eher die zweitgenannte Erfahrung. Aufgrund der immensen Wartungskosten prüft die Stadt die Verschrottung aller Geräte, was - allerdings nur einmalig - auch mehr als 100.000 Euro kosten würde. Wie sieht es in Lippe aus? Was sagen die Städte und Gemeinden, die die Filtertürme ebenfalls in ihre Schulen gestellt haben?

Glücklich mit dem Beschluss ist Lemgos Bürgermeister Markus Baier bis heute nicht. Er erinnert: &bdquo;Der Städte- und Gemeindebund hatte von der Anschaffung abgeraten.“ Ausnahme: Falls ein Raum wirklich schlecht über die Fenster zu belüften ist, was ohnehin vorgeschrieben sei. So positionierte sich auch die Lemgoer Stadtverwaltung, musste sich aber der Ratsmehrheit geschlagen geben.

&bdquo;Nicht mehr in Betrieb“ Insgesamt kaufte Lemgo so exakt 339 Luftreiniger. Kostenpunkt: 230.000 Euro. Die dritte und größte Tranche (mehr als 210 Geräte) kaufte die alte Hansestadt sogar, obwohl es keine Förderung mehr gab. 75.000 Euro flossen allein aus dem Stadtsäckel, aber auch die Summe aus der &bdquo;Corona-Vorsorge 2022“ des Landes NRW ist ja Steuergeld.

Was davon geblieben ist? Nach Worten von Markus Baier: nichts. &bdquo;Aktuell sind keine Geräte mehr in Betrieb.“ Die Schulen hätten sie zwar eingelagert, sähen aber keinen Bedarf, sie in Betrieb zu nehmen. Immerhin: Die Kosten für die Wartung halten sich bislang in engen Grenzen.

Problem mit Lärmpegel Genug Austauschfilter hatte die Stadt Lemgo bereits 2021 mitbestellt. Eine Wartung finde nur bei Bedarf statt, was darüber hinaus bis Ende 2023 von der Garantie abgedeckt war, erklärt Bürgermeister Baier. 2024 und 2025 summieren sich die Wartungskosten auf 870 Euro. Überschaubar. Baier: &bdquo;Aktuell fressen die Geräte kein Brot.“

Bad Salzuflen hat nach Worten von Sascha Detlefsen auf den Kauf von Luftfiltern verzichtet. Und zwar nach langen Diskussionen, wie sich der Pressesprecher erinnert. Die Argumente gegen die Geräte waren exakt die, die nun offenkundig werden: Was passiert mit den Dingern nach der Pandemie (Stichwort: Nachhaltigkeit)? Macht die enorme Wartungsintensität Ärger? Ist der Lärmpegel im jahrelangen Betrieb zu ertragen?

Filtertausch für 600 Euro Während die Salzestadt also aus heutiger Sicht fein raus ist, sieht das in Detmold anders aus. Hier wurden seinerzeit 50 Geräte angeschafft, nur ein Bruchteil der Lemgoer Ausrüstung, aber mit 160.000 Euro in der Gesamtsumme nicht viel günstiger. Tatsache ist: In Benutzung sind die Luftfilter auch in der Residenz nicht.

Pressereferent Thorsten Engelhardt: &bdquo;Bei uns steht eine Verschrottung aktuell nicht zur Debatte, denn die Geräte sind intakt und sicher eingelagert, sollte eine erneute Nutzung notwendig werden.“ Dann müssten allerdings wohl die Filter erneuert werden. Einen Vorgeschmack, was das hieße, hat die Stadt bekommen, als sie an zwei Geräten, die noch mal im Einsatz waren, die Filter tauschen ließ - für stolze 1200 Euro. Hochgerechnet müssten also für neue Filter für alle Geräte 30.000 Euro locker gemacht werden.

Nur zehn Geräte in Lage In Lage fällt die Hypothek deutlich kleiner aus. Nach Angaben der Fachgruppenleiterin Schule und Sport, Sandra Büschemann, hat die Zuckerstadt 2022 sieben geförderte und drei selbst bezahlte Luftfilter angeschafft. Eine aktuelle Umfrage zeigt laut Büschemann: In Lage sind nur noch drei Geräte im Einsatz.

Die Kosten für die Wartung hält man hier für &bdquo;überschaubar“, allerdings gab es im Anschluss an den zweijährigen Wartungsvertrag, vereinbart mit dem Kauf, auch noch keine Weitere. Ob die Geräte entsorgt werden oder sich möglicherweise ein besserer Standort finde, sei bislang nicht beraten worden, sagt Büschemann.

Kalletal gegen Entsorgung Auch noch im Nachhinein bricht Mario Hecker, Bürgermeister in Kalletal, eine Lanze für die Luftfilter: &bdquo;Im Rückblick war die Anschaffung richtig und notwendig.“ Die Geräte hätten &bdquo;in einer herausfordernden Zeit zusätzliche Sicherheit für Kinder, Lehrer und Mitarbeiter“ geschaffen. Auf Dauer alltagstauglich seien die Filter dann aber nicht gewesen. Die Gründe: Lärm und Wartungskosten, räumt auch Mario Hecker ein.

Bei den 25 Geräten (Kaufpreis: knapp 95.000 Euro, sechs Stück gefördert) seien bisher Wartungskosten von 5000 Euro obendrauf gekommen. Denn ein Teil der Geräte sei immer noch im Einsatz. Insofern wundert es nicht, wenn auch Kalletals Bürgermeister Mario Hecker eine Entsorgung zum jetzigen Zeitpunkt ausschließt.

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