Zigarrenfabrik soll Wohnbebauung weichen

Barntrup-Alverdissen. Die Stadt Barntrup will neuer Eigentümer der alten Zigarrenfabrik Alverdissen werden – durch ein juristisches Instrument, von dem sie seit langer Zeit keinen Gebrauch gemacht hat: das Vorkaufsrecht, das ihr bei jedem Grundstücksverkauf zusteht. Ein einstimmiges Votum seitens der Politik gab es dazu von den Kommunalpolitikern im Haupt- und Finanzausschuss.

Damit werde, so Bürgermeister Borris Ortmeier, &bdquo;ein seit Jahren bestehender städtebaulicher Missstand behoben". Ganz und gar nicht einverstanden mit dieser Transaktion erklärt sich auf LZ-Nachfrage der bisherige Eigentümer des Gebäudes.Er hatte einen Kaufvertrag über das Gebäude bereits mit einem Kaufinteressenten geschlossen – zu einem deutlich niedrigeren Preis, als er es bis dato öffentlich angeboten hatte. In diesen Kaufvertrag stieg die Stadt Barntrup ein – &bdquo;mit allen Rechten und Pflichten, um den Verkäufer nicht schlechter zu stellen als bei seinem per Unterschrift abgeschlossenen ursprünglichen Kaufvertrag", so Ortmeier.

Eigentümer ist nicht einverstanden

Auf LZ-Nachfrage erklärte der Verkäufer zunächst, von der Stadt keinerlei Mitteilung über den Vorkauf erhalten zu haben, betonte dann aber, dass er mit dem gebotenen Preis nicht einverstanden sei. &bdquo;Das ist mein Haus, und das bleibt es auch", ließ er zu guter Letzt wissen. Ganz so einfach sei die Sache aber nicht, erklärt Bürgermeister Ortmeier: &bdquo;Die Klagefrist gegen den von der Stadt erlassenen Bescheid ist mittlerweile abgelaufen; das Grundbuch faktisch gesperrt."

Damit hat die Stadt sich die ehemalige Industrieimmobilie gesichert, die seit vielen Jahren Anlass für Anwohnerbeschwerden ist ( die LZ berichtete ). Nachdem der bisherige Eigentümer vor Jahren einen Bauantrag gestellt habe, der auch positiv beschieden worden sei, habe das Gebäude grundsätzlich zur Wohnnutzung zur Verfügung gestanden, sagt Ortmeier. &bdquo;Aber es geht nicht weiter. Eine gültige Baugenehmigung liegt aktuell nicht vor. Wir benötigen in der Stadt Barntrup Wohnraum und haben eine starke Nachfrage danach", sagt der Bürgermeister.

Müll und abgemeldete Autos

Neben dem benötigten Wohnraum sei der seit vielen Jahren in Alverdissen thematisierte Zustand der alten Zigarrenfabrik für die Stadt ein weiterer Beweggrund für den Ankauf des Gebäudes. Anwohner berichteten von Müll und abgemeldeten Autos. &bdquo;Wir gehen als Ordnungsbehörde konsequent vor und achten auf die Einhaltung bestehender Regelungen", betont Ortmeier. Dies geschehe in Abstimmung mit weiteren Behörden wie der Polizei, dem Umweltamt oder der Bauaufsicht des Kreises. &bdquo;Die Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen und Monaten funktioniert äußerst effektiv und verlässlich", betont der Verwaltungschef.

Auf LZ-Anfrage erklärt Steffen Adams, Sprecher des Kreises Lippe: &bdquo;Der Kreis Lippe hat im Juni 2018 die Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken untersagt und den Eigentümer des Gebäudes sowie Mieter darüber informiert. Dies war die erste Nutzungsuntersagung für das Gebäude, im November 2021 folgte eine formlose Anhörung für gewerbliche Mieter. Die Nutzer wollen bis Jahresende freiwillig ausziehen."

Aufräumarbeiten haben begonnen Mitarbeiter des Kreises Lippe seien in den Jahren 2017 und 2018 vor Ort gewesen und hätten auf den Zustand des Gebäudes gegenüber der Stadt Barntrup und dem Bauamt der Kreisverwaltung hingewiesen. &bdquo;Auch aus diesen Hinweisen auf Wohnen und Bauarbeiten im Gebäude hat sich die Nutzungsuntersagung entwickelt", so Adams.

Im Außenbereich der alten Zigarrenfabrik haben inzwischen Aufräumarbeiten begonnen. Nach einer Übernahme durch die Stadt Barntrup soll das Grundstück laut Bürgermeister Ortmeier schnellstmöglich der Wohnraumnutzung zugeführt werden. Zusammen mit dem ebenfalls von der Stadt gekauften gegenüberliegenden alten Schützenplatz, der derzeit als Pferdeweide genutzt wird, ergäben sich dringend benötigte Wohnbaumöglichkeiten.

Das Haus Wassermann

Das Haus Wassermann an der Ecke Schloßstraße/Südhagen in Alverdissen ist bereits dem Erdboden gleichgemacht worden. Das Gebäude war ebenfalls seit Jahren vernachlässigt. Investor Markus Sundermann kaufte es und ließ es abreißen, finanziell unterstützt mit Städtebaufördermitteln. Die Fläche dient jetzt als Parkplatz für den Kindergarten, der an der derzeit stark befahrenen Begaer Straße liegt. Die Kita-Kinder können die Tagesstätte nun ohne Straßenberührung über einen Fußweg längs des Ehrenmals erreichen. Erbauer des Hauses war Malermeister Heinrich Wassermann. Als Gründer und allererster Vorsitzender des Sportvereins TBV Jahn Alverdissen von 1903 war er eine bekannte Alverdisser Persönlichkeit.

Mit dem Haus Wassermann verbanden viele Alverdisser Erinnerungen – gerade in der Vorweihnachtszeit. Thomas Schwekendiek (SPD), heute Vorsitzender des Sportvereins: &bdquo;Im Haus war früher ein stark frequentiertes Spielwarengeschäft mit Schaufenstern zur Hinteren und zur Schlossstraße. Dort gab es Schulhefte, Ranzen, Spielzeug, Märklin-Eisenbahnen, Zeitschriften und vieles mehr. Wir Kinder haben uns an den Fenstern immer die Nasen platt gedrückt. Gerade vor Weihnachten war es immer spannend. So manches, was wir dort bewundert haben, lag dann später unter dem Weihnachtsbaum", sagt Schwekendiek.

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