Barntrups Ex-SPD-Fraktionschef Schwekendiek meint: „Politik ist keine Einbahnstraße“

Barntrup. Thomas Schwekendiek hat die Fraktion der Sozialdemokraten in Barntrup in der vergangenen Wahlperiode geleitet. Doch nun hat er den Vorsitz an den ehemaligen Bürgermeisterkandidaten Oliver Humke abgegeben. Mit der LZ hat er über die Hintergründe gesprochen und was ihn derzeit so umtreibt - das ist vor allem Politikverdrossenheit.

Herr Schwekendiek, Sie haben den SPD-Fraktionsvorsitz in Barntrup abgegeben. Warum?

Thomas Schwekendiek: Das fühlt sich im Moment nicht richtig an. Ich habe das immer gerne gemacht, hatte auch Spaß daran. Wir haben auch einige wichtige Themen vorangebracht. Ich denke zum Beispiel an den Erhalt der Grundschule in Alverdissen, die aber ohne die Zusammenarbeit mit der Initiative aus den Reihen der Bürger nicht möglich gewesen wäre.

Aber?

Thomas Schwekendiek: Ich fühle mich da gerade nicht am richtigen Platz. Das ist nicht mehr mein Rat. Durch die erdrückende Stimmenmehrheit der CDU in den nächsten fünf Jahren ist es aus meiner Sicht schwierig, eigene Themen umzusetzen. Es fehlt die Vielfalt. Da gibt es jetzt eine Linie und die wird so durchgezogen. Die Politik, die nun gemacht wird, richtet sich meiner Meinung nach zu sehr nach dem Kapital und nicht nach den Menschen.

Das hört sich an, als wollten Sie ihr Mandat aufgeben.

Thomas Schwekendiek: Ja, die Entscheidung ist schon länger in mir gereift. Ich habe das jetzt 16 Jahre lang ausgeübt und mache noch den Sport- und Vereinsausschuss weiter - als Vorsitzender vom TBV Jahn Alverdissen liegt das nahe. Aber über kurz oder lang werde ich mich ganz aus der Politik verabschieden.

Was heißt das?

Thomas Schwekendiek: Ich nehme das Mandat noch wahr, bis es hoffentlich jemand Jüngeres übernimmt. Wir haben ein paar hoffnungsvolle Kandidaten, die durch die Arbeit aber noch eingespannt sind. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem junge Menschen sich in der Politik einbringen müssen.

Eine schwierige Aufgabe neue Mitglieder zu gewinnen, oder?

Thomas Schwekendiek: Ich habe den Eindruck, dass wir mit der Politik, die wir in Moment betreiben, nur wenige erreichen. Da kann man sich ein Bein ausreißen. Die jüngere Generation, aber auch viele Ältere vertreten den Demokratiegedanken gar nicht mehr. Sie schimpfen gerne über die Politik, wollen aber eigentlich nichts damit zu tun haben. Das war im Kommunalwahlkampf extrem. Sogar in Alverdissen sind mir Leute aus dem Weg gegangen. Das geht nicht. Da habe ich ein anderes Verständnis. Die Demokratie ist ein hohes Gut. Das ist einigen, glaube ich, gar nicht mehr bewusst. Wenn in meinem Wahlkreis in Alverdissen, auf dem Dorf, wo man sich eigentlich kennt, nur 300 von über 500 Menschen zur Kommunalwahl gehen, finde ich das persönlich respektlos und unmöglich.

Inwiefern?

Thomas Schwekendiek: Es standen Menschen aus dem Ort auf dem Wahlzettel, die sich jede Woche für das Wohl der Bürger vor Ort einsetzen. Menschen, die man kennt oder die man auch kennenlernen kann. Politik ist keine Einbahnstraße. Und eigentlich sollte es im Kommunalwahlkampf auch um Personen gehen. Ich hatte den Eindruck, das war dieses Mal nicht so. Die Politiker, die sich aufstellen lassen, nimmt man gerne an. Die Leute denken: &bdquo;Die machen das schon, aber Hauptsache die lassen mich in Ruhe zu Hause auf dem Sofa liegen.“ Und wenn einem auch keiner davon gefällt, kann man seine Idee auch auf den Zettel schreiben. Aber nicht zu wählen, das geht gar nicht.

Haben Sie das Gefühl, da fehlt die Wertschätzung?

Thomas Schwekendiek: Ja, absolut. Man rackert sich ab und macht und tut. Ich möchte, dass die Politiker wieder mehr Anerkennung erfahren. Früher war es eine Ehre, im Rat zu sein. Heute ist es fast eine Bestrafung.

Empfinden Sie das wirklich so?

Thomas Schwekendiek: Ja. Mich treibt um, dass die Leute so eine Abneigung gegenüber der Politik haben. Mich erschreckt, dass jeder Siebte sagt, dass eine Autokratie oder Diktatur besser wäre als Demokratie. Wir haben immerhin noch die Wahl.

Wie könnte man die Menschen denn besser erreichen?

Thomas Schwekendiek: Mein Ansatz wäre, Kontakt mit jungen Menschen aufzunehmen, zum Beispiel regelmäßige Gesprächsrunden mit Schülern oder Events mit den Bürgern durchzuführen - nicht nur im Wahlkampf. Das machen wir einfach zu wenig. Damit meine ich aber nicht, jedes Sport- und Schützenfest zu besuchen. Bürger sollten bei den politischen Entscheidungen auch mehr einbezogen werden. Man kann sich auch einfach irgendwo zum Gespräch treffen. Ich bin im Kirchenvorstand aktiv und wir haben vor einiger Zeit ein Männerfrühstück initiiert. Da wird ein Thema herausgepickt und dann darüber diskutiert. Vielleicht haben sich die alt hergebrachten Parteien auch überholt oder sie müssen sich zumindest anders aufstellen. Ich denke da zum Beispiel an Bündnisse wie das in Extertal.

Aber Sie bleiben der SPD schon erhalten?

Thomas Schwekendiek: Ja klar, schon aus der Familientradition heraus. Mein Uropa war kurze Zeit SPD-Bürgermeister in Alverdissen. Ich will auch dazu beitragen, dass wir in fünf Jahren ein besseres Ergebnis erzielen.

Wie sind Sie denn damals zur Politik gekommen?

Thomas Schwekendiek: Als ich Anfang 40 war, hat mich Herbert Dahle angesprochen, dann kam Gerd Belz. Er war mein ehemaliger Lehrer an der Realschule Bösingfeld. Zusammen mit Hardy Friedrich haben sie Boris Kasper und mich überzeugt, mitzumachen. Das hatte ich mich damals gar nicht getraut. Es war schon eine gewisse Ehrfurcht vor den gestandenen Politikern da. Aber wir hatten mit Herbert Dahle eine gute Führung und uns schnell einfinden können.

Persönlich Thomas Schwekendiek lebt mit seiner Frau in Alverdissen. Gemeinsam haben sie zwei Töchter und drei Enkeltöchter. Nach dem Besuch der Grundschule in Alverdissen, ging er zur Realschule in Extertal und begann 1976 eine Lehre als Schornsteinfeger. 1983 absolvierte der inzwischen 65-Jährige seine Meisterprüfung, bevor er sich 1995 selbstständig machte. Er war acht Jahre lang Vorsitzender der Schornsteinfeger in Lippe. In der Barntruper Politik ist er seit 2008 aktiv. Außerdem war Schwekendiek von 1996 bis 2003 Vorsitzender des TBV Jahn Alverdissen und übernimmt dieses Amt seit 2017 wieder.

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