Grünen Politiker Timo Broeker: "Man muss gute Kompromisse finden"

Blomberg-Reelkirchen . Wahlplakate mit dem Konterfei von Timo Broeker sind in Reelkirchen nicht zu finden. Kein Wunder, denn der Grünen Politiker kandidiert bei der Landtagswahl Mitte Mai gar nicht in seiner Wahlheimat Blomberg, sondern im Wahlkreis Lippe III, der die Gemeinden Augustdorf, Detmold, Horn-Bad Meinberg, Schieder-Schwalenberg und Schlangen umfasst. Aber von Reelkirchen, wo Broeker vor gut zwei Jahrzehnten ein altes Fachwerkhaus erwarb, ist es ein Katzensprung nach Belle und Wöbbel. Einmal übern Berg.

2014 wurde er in den Rat gewählt

Das Fachwerkhaus, das er vor gut 20 Jahren durch Zufall entdeckte und erwarb, ist eine echte Lebensaufgabe. Auch, weil der handwerklich geschickte Mittvierziger viel selbst saniert hat. Die Broekers, Vater, Mutter und zwei Töchter, acht und zwölf Jahre alt – der älteste Sohn, 23, ist schon aus dem Haus – , fühlen sich in Reelkirchen wohl. Ja, er sei eher ein Landmensch, gesteht der Familienvater, während er von der gelungenen Maifeier erzählt. Der Turnverein, dessen Vorsitz er hat, war Ausrichter.

Broeker kam zu Politik, weil er unzufrieden war mit einigen Dingen. Die Grünen hatten Personalnot, es vollzog sich just ein Generationenwechsel: &bdquo;Einen Stadtrat ohne Grüne konnte ich mir nicht vorstellen." Ergo meldete er sich, habe nur ein bisschen unterstützen wollen. Aus dem Stand wurde er 2014 in den Rat gewählt und war bei einigen Themen immer wieder der Unbequeme. Eine Rolle, in die er sich gut einfinden kann: &bdquo;Es kann doch nicht sein, dass man aus lauter Harmoniebedürfnis Missstände nicht anspricht."

Mittlerweile ist er auch Kreistagsmitglied

Mittlerweile ist Broeker auch Kreistagsmitglied. Und nun kandidiert er für den Landtag. Seine Schwerpunkte: Energie, Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft. Sein Motto: Bewahren – Verändern – Bewegen. Was das bedeutet, erläutert er am Beispiel Energiewende. Wer will schon auf die liebgewonnene heiße Dusche verzichten, aber wie stellen wir diese Annehmlichkeit auch im postfossilen Zeitalter sicher? Beim Thema erneuerbare Energien ist man schnell bei Windkrafträdern. Broeker fährt eine pragmatische Linie: Was nützen einem 1000 Meter Abstand zu Wohnbebauung, wenn der Standort ungünstig ist.

Und was sagt der Grüne zu den jüngsten Gauseköten-Plänen? &bdquo;Ein schwieriges Thema." In der Menge und in dem für viele Lipper sensiblen Bereich wären die Pläne wohl eine Bedrängung gewesen, möglicherweise wären weniger Anlagen von der Mehrheit der Bürger akzeptiert worden: &bdquo;Es geht auch bei regenerativen Energien ums Wohlbefinden, um die Ästethik und den Artenschutz – da muss man gute Kompromisse finden." Manch Forderung der Kandidaten anderer Parteien hält er für populistisch: Er ist weder für mehr Polizeipräsenz noch für kostenlose Kita-Angebote, stattdessen für Gebührengerechtigkeit. Und was nützten iPads, wenn man als Vater das Homeschooling erlebe und das Gefühl habe, dass sich Schule in 40 Jahren kaum bewegt habe?

Noch nie haben die lippischen Grünen einen Vertreter im Landtag gehabt. Broeker hofft, dass es am 15. Mai klappt. Seine Parteifreundin Julia Eisentraut hat einen erfolgversprechenden Listenplatz, er nicht. Wichtig sei ihm jedoch, seine Themen zu platzieren – und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. &bdquo;Wahlkampf bietet die Chance dazu. Wir Politiker leben in einer Blase." Selbst wenn am Wahlstand nicht die Landespolitik, sondern der Ukraine-Krieg Hauptthema ist. Ist er für die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine? Schwere Frage, wenn man nicht tief in der Materie steckt: &bdquo;Aber ich wünsche mir eine größerer Debatte darum, was mit friedlichen Mitteln zu erreichen ist."

Werdegang

Bis zu seinem 16. Lebensjahr lebte Timo Broeker in Bad Essen. Als er von einem US-Schüleraustausch zurück kam, waren seine Eltern nach Detmold umgezogen. Hier machte er sein Abitur, studierte an der FH Lippe Biotechnologie und Life Science Technology. An der Hochschule ist der Ingenieur und Familienvater noch heute tätig, als Forschungsreferent. Zu den Grünen kam der Wahl-Reelkirchener 2014 – Broeker sitzt im Blomberger Stadtrat und hat zudem ein Kreistagsmandat.

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