
Vor knapp drei Wochen ist ihr gesamter Besitz in Flammen aufgegangen. Seither hat Gabi Linke viel Hilfsbereitschaft erlebt. Und jetzt will die 47-Jährige einfach mal "Danke" sagen.
Blomberg-Eschenbruch. Strahlende blaue Augen, umgeben von vielen Lachfältchen und ein umwerfendes Lachen im Gesicht: Wer Gabriele Linke so sieht, würde nicht denken, dass sie am 22. September zusehen musste, wie die Flammen auf dem Reiterhof Schlichte all ihre irdischen Besitztümer vernichtet haben.
"Die Leute kommen oft mit ganz traurigem Gesicht auf mich zu und sind erstaunt, dass ich noch lachen kann. Aber ich sage: Was soll ich denn machen? Wenn ich heule, wird es auch nicht besser. Ich muss nach vorn gucken."
An jenen Mittwoch wird sie sich wohl immer erinnern: "Ich stand im Bademantel am Fenster, mit der Zahnbürste im Mund und habe telefoniert, als ich das Durcheinander auf dem Hof gesehen habe. Da unten lief mein Vermieter, und rief: ,Oh Gott, Du bist ja zuhause. Komm schnell raus, es brennt."
Was schießt einem dann durch den Kopf? "Ich habe überlegt, was ich rette, und mir als erstes die Wechselgeldkasse und meinen Lederkombi gegriffen", erzählt die passionierte Bikerin, die derzeit als Fahrerin für einen China-Imbiss jobbt. "Und dann habe ich noch meinen zweiten Lederkombi geholt. Weiter konnte ich gar nicht, es war schon alles total verqualmt."

Sie stand mit bloßen Füßen im Bademantel ohne Unterwäsche auf dem Hof und sah zu, wie das Haus abbrannte. "Zu dem Zeitpunkt habe ich geglaubt, meine Katze wäre einfach weggelaufen." Dass Miss Beasly statt dessen den kompletten Brand in einer Nische unter dem Fernseher überlebt hat, erfuhr sie erst später.
"Dann kam eine von den Reiterinnen und hat mir erst mal von zuhause was zum Anziehen geholt, also Unterhose, T-Shirt, Hose und Pullover – ich hatte ja überhaupt nichts", erinnert sich Gabi Linke. Diese spontane und vollkommen selbstlose Hilfe ist ihr seither immer wieder begegnet.
Als erstes fand sie in einem Gästezimmer ihrer Vermieter ein Dach über dem Kopf. "Die umsorgen mich, das ist besser als in jedem Hotel." Von allen Seiten kamen Hilfsangebote: "Der Chef von einem guten Freund hat mir einfach Leihwagenschlüssel in die Hand gedrückt, damit ich ein paar Dinge transportieren konnte." Dass Blomberger Geschäftsleute auf Initiative der Medienagentur Brink mal eben 6000 Euro für sie und die ebenfalls vom Brand betroffene dreiköpfige Familie zusammenbrachten, rührt sie ebenso wie die spontane Sammlung der Schützen beim Grünen Abend oder das Spendenkonto, das die Lebensgefährtin von Hofbesitzer Dirk Schlichte, Jenny Wieneke, eröffnet hat. "Das alles ist überwältigend und ich kann nur sagen: Danke an alle."
Ist es nicht auch schwer, all das anzunehmen, ständig ,Danke zu sagen? "Schon, zumal ich am liebsten ganz autark lebe. Aber auch, weil diese fünf Buchstaben gar nicht ausdrücken können, was ich empfinde."
Wie kommt die gelernte Köchin mit den Verlusten der persönlichen Dinge klar? "Ich habe zwei schwere Motorradunfälle, eine Scheidung und die schwere Erkrankung meines Sohnes hinter mir. Mich haut so schnell nichts um." Die Verluste der persönlichen Dinge schmerzen natürlich, "auch wenn ich sage, das ist alles in meinem Herzen, was ich da verloren habe."
Nur einmal habe sie richtig geweint. Gleichwohl geht sie auch jetzt noch regelmäßig auf die Brandstelle und sucht, ob sie noch persönliche Erinnerungsstücke findet. "Ich habe schon einen Milchzahn von meinem Sohn gefunden und ein Herz, das er mal in der Grundschule getöpfert hat. Traurig bin ich nur wegen seiner Kinderfotos."
Wie geht es weiter? – "Ich versuche jetzt erst einmal, eine neue Wohnung zu finden. Am liebsten wieder auf dem Bauernhof überm Stall."