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Schieder-Schwalenberg

KFZ-Sachverständiger arbeitet im Ruhestand als ehrenamtlicher Schiedsmann

Kurt Koch nimmt sogar noch mal Gitarrenunterricht, wenn er nicht gerade schlichtet. - © Foto: Schürstedt
Kurt Koch nimmt sogar noch mal Gitarrenunterricht, wenn er nicht gerade schlichtet. (© Foto: Schürstedt)

Schieder-Schwalenberg. Der Eiertanz und die Gratwanderung - das sind Lebensbegleiter von Kurt Koch. Früher war er KFZ-Sachverständiger, heute als Ruheständler ist er ehrenamtlicher Schiedsmann in Schieder-Schwalenberg.

Die Hand auf der Bibel und das "So wahr mir Gott helfe" auf den Lippen, hatte der Maschinenbau-Ingenieur im Juli 2009 bei seiner Bestellung als Schiedsmann vor dem Amtsgericht Blomberg. Schlichten statt richten - diesen Wahlspruch hat Koch im letzten halben Jahr bereits in einem Fall erfolgreich anwenden können. "Bei einem zweiten Fall befinden wir uns derzeit in einer Patt-Situation. Einer muss sich bewegen", sagt Koch.

Sich bewegen - das ist ihm selbst niemals schwer gefallen. 1946 im holsteinischen Heide geboren, landete er kurz darauf in Lippe. Stationen waren Schwalenberg, Lothe, Einschulung in Brakelsiek und 1956 der Umzug nach Schieder. Hier kaufte seine mittlerweile verwitwete Mutter ein Haus: "Mutig, wie sie war, als Alleinerziehende mit drei Kindern", so Koch.

Nach der Volksschule und der Schlosserlehre bei der Deutschen Bundesbahn in Hameln begab sich Koch auf eine berufliche "Ochsentour": das Maschinenbaustudium in Lemgo auf dem zweiten Bildungsweg. "Dass ich das zu Ende gebracht habe, verdanke ich der Geburt meiner ersten Tochter Katrin. Plötzlich hatte ich die Verantwortung für eine Familie", erinnert sich Koch, verheiratet mit Ehefrau Hannelore, zwei Töchter.

Nach dem Abschluss des Studiums näherte sich Koch dem Thema "Auto" an und kehrte Lippe den Rücken. 37 Jahre wohnte und "schaffte" er im Schwabenland. Vom Angestellten im Sachverständigenbüro wechselte Koch zur Zentrale der DAT (Deutsche Automobil Treuhand GmbH) in Stuttgart. Dort erhielt er Lernstoff für die Streitfälle des Lebens und "so viele böse Briefe wie noch nie in meinem Leben". Koch verfasste Gutachten, geschätzte 40 000 waren es in seinem Berufsleben.

40 000 Fälle, ein roter Faden. "Gutachten sind stets für den Versicherer zu hoch und für den Geschädigten zu niedrig" - so das Koch-Resümee aus dem ewigen Streit ums "heilig's Blechle". Dieser Streit brachte "Cookie", so der Spitzname, den ihm Kollegen gaben, sogar zu einem Schlichter-Gespräch in die Chef-Etage der Bild-Zeitung in Hamburg. Das Blatt titelte seinerzeit ganzseitig: "DAT schätzt zu niedrig".

Dem einen zu hoch, dem anderen zu niedrig - seit Kurt Koch, der zuletzt ein eigenes Sachverständigenbüro in Sindelfingen betrieben hatte, sein Geschäft im Jahr 2008 verkaufte und zurück nach Schieder zog, kann er laut eigener Aussage "keine kaputten Autos mehr sehen".

Muss er auch nicht, denn als Ruheständler beschäftigt er sich mit schöngeistigen Dingen: Musik, Kunst, Reisen - bevorzugt nach Italien. Musik steht an erster Stelle. Dieses Hobby betreibt Kurt Koch mit Akribie, Leidenschaft und Neugierde.

Akribie: Koch besitzt 12 Gitarren, 4 Bass-Gitarren und 4 Verstärker. Leidenschaft: Bereits als junger Mann spielte er in mehreren Bands und "ohne Klampfe" geht er nirgendwo hin. Neugierde: Im zarten Ruheständler-Alter lernt Koch jetzt Jazzgitarre spielen bei Fritz Krisse, Lippes Vorzeige-Jazzmusiker.

Und dann ist da noch "Julchen, die einzige Freundin, die mir meine Frau zugesteht", lächelt Kurt Koch verschmitzt. Seine Augen blitzen, wenn er von seinem persönlichen heiligen "Blechle" spricht: einem Alfa Romeo Giulia Spider, Baujahr 1962, das wie sein Besitzer von der nächsten Italienreise träumt.

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