Detmold-Hiddesen. Die Jugendherberge in Detmold wird 80 Jahre alt. Das wird groß gefeiert. Es gibt viele Stammgäste, und jährlich werden 24.000 Übernachtungen gezählt. Wie es in der Jugendherberge früher zugegangen ist, haben wir den ehemaligen Herbergsvater Gerolt von Ackern gefragt. Das ganze Exklusiv-Interview lesen Sie hier.
Carl Swoboda, der mit seiner Frau Hiltrude die Detmolder Jugendherberge leitet, erzählt: "Wir haben sehr viele internationale Gäste. Das hat auch mit der Musikhochschule zu tun. Viele Studenten übernachten bei uns, wenn dort Kurse, Seminare oder besondere Konzerte sind." 190 Betten hat die Einrichtung an der Schirrmannstraße in Hiddesen.
Der Straßenname geht übrigens auf den Gründer der ersten Jugendherberge zurück. "Lehrer Schirrmann wanderte mit einer Klasse und geriet in einen Wolkenbruch. Er fand, da müsse es doch Möglichkeiten für Schüler zum Übernachten geben. Aus der Idee entstand dann das Jugendherbergswerk und 1908 die erste Jugendherberge im Sauerland", berichtet Swoboda.
Seit nunmehr 80 Jahren begrüßt die Jugendherberge Detmold ihre Gäste in der Schirrmannstraße in Hiddesen. Swoboda: "Dabei kommen einige immer wieder oder bringen, viele Jahre nach dem ersten eigenen Besuch, heute ihre Kinder und Kindeskinder mit." Das Übernachten in den großen Schlafsälen mit quietschenden Metallbettgestellen gehöre dabei längst der Vergangenheit an.
Komfort hält Einzug
Ein Standardzimmer zählt heute meist vier bis sechs Schläfer. "Und es geht noch komfortabler", sagt Swoboda. Denn seit der intensiven Modernisierungs- und Umbauphase im Jahre 2008 verfügt die Jugendherberge heute über zwei neue Flure, deren Vierbettzimmer komplett mit Dusche und WC ausgestattet sind. Auch die Zeiten von Gulaschkanone und Früchtetee sind vorüber. Sowohl das Frühstück, als auch das warme Mittag- und Abendessen werden in Form eines ausgewogenen Büffets angeboten.
Der Aufenthalt in einer Jugendherberge sei heute auch nicht mehr unbedingt mit den obligatorischen Wandertagen und trockenen Museumsbesuchen verbunden. So gehe es zum Beispiel Schulklassen viel mehr um Lernerfahrungen. Dabei führten ausgebildete Erlebnis-, Museums-, Natur- und Umweltpädagogen durch eine Vielzahl von Programmen.
Firmen, Gemeinden, Vereinen und Verbänden stellt die Jugendherberge Tagesräume und Tagungstechnik zur Verfügung. "Arbeiten, Speisen und Schlafen in einem Haus, diese Vorzüge wissen viele Gruppen zu schätzen", wissen Hiltrude Swoboda und Mandy Freitag, Hausleiterin der Jugendherberge Detmold. Sich selbst einmal ein Bild vom heutigen Jugendherbergsalltag zu machen, dazu lädt das gesamte Jugendherbergsteam die Besucher ein.
Großes Programm zum Sommerfest
Mit einem Familiensommerfest am Sonntag, 16. August, feiert die Jugendherberge ihr 80-jähriges Bestehen. Von 13 bis 17 Uhr wird den Familien ein Programm geboten. Bereits ab 11 Uhr öffnet das Haus seine Türen allen Interessenten, die sich gern einmal die Zimmer, Tagesräume, Ausstattung und die Umgebung der Jugendherberge anschauen möchten. "Dabei ist unser Tag der offenen Tür keine Informationsveranstaltung im herkömmlichen Sinne", betonen Carl und Hiltrude Swoboda, "er ist ein Fest, das wir mit den Familien feiern möchten."
Den ganzen Nachmittag über versprechen diverse Angebote Spiel und Spaß für die Besucher des Sommerfestes. Es gibt Sandbagger, die Feuerwehr kommt, Bogenschießen wird angeboten, die "Rollende Waldschule"ist vor Ort oberhalb des Schützenbergs, und es kann getanzt werden.
An einem "Tag der Jugendherberge" fehlt natürlich auch das Lagerfeuer nicht, über dem Stockbrot gebacken wird. Den Abschluss gegen 17 Uhr bildet die Auslosung der Gewinner der Jugendherbergstombola.
Bernd Dohn vom Deutschen Jugendherbergswerk über Perspektiven und die aktuelle SituationDas Deutsche Jugendherbergswerk ist in Detmold am Leonardo-da-Vinci-Weg ansässig. Bernd Dohn ist der Hauptgeschäftsführer. Die LZ sprach mit ihm über Perspektiven für Jugendherbergen und ihre aktuelle Situation.Manche Jugendherbergen werden derzeit wegen mangelnder Kapazitäten bei Kommunen und Kreisen für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. Auch in Lippe. Wie viele sind es bundesweit?Bernd Dohn: Derzeit sind es um die 25, vor allem in Niedersachsen. Wir erfüllen unsere gesellschaftliche Verpflichtung, indem wir Raum anbieten. Dabei gibt es zwei Modelle: Manche Jugendherbergen werden komplett belegt. Andere nur zum Teil, und dort läuft der reguläre Betrieb weiter. Wir bekommen dazu auch Rückmeldungen von Lehrern, deren Schulklassen auf diesem Weg auch in den Dialog mit Flüchtlingen gekommen sind.Schlägt sich eine Belegung mit Flüchtlingen am Jahresende in der Bilanz nieder?Dohn: Flüchtlinge sind für uns ganz normale Gäste. Damit fallen auch die regulären Preise für Übernachtung und Verzehr an. Die Belegung wird von den jeweils zuständigen Behörden finanziell ausgeglichen. Insofern gibt es keine Einbußen.Wie sieht die Bilanz der deutschen Jugendherbergen generell aus?Dohn: Wir erzielen mit unseren mehr als 500 Jugendherbergen pro Jahr zehn Millionen Übernachtungen. Die Zahl ist stabil, wenngleich der Tourismus in Deutschland eine Wachstumsrate zwischen drei und vier Prozent hat.Muss es Sie sorgen, dass Sie da nicht mitwachsen?Dohn: Das Deutsche Jugendherbergswerk ist ein gemeinnützig anerkannter Mitgliedsverband und damit auch Träger der Jugendhilfe. Insofern unterliegen wir nicht der Gewinnmaximierung und müssen nicht um jeden Preis wachsen. Wir freuen uns aber, dass die Übernachtungszahlen stabil sind.Wer übernachtet am häufigsten? Die Schulklassen?Dohn: Interessant ist, dass wir bei stagnierenden Übernachtungszahlen sehr viel mehr Übernachtungen von Familien verzeichnen. Bei Schulklassen ist der Markt schwieriger geworden, was damit zu tun hat, dass Schulklassen aus verschiedenen Gründen nicht mehr so viel gemeinsam verreisen.Warum kommen ausgerechnet mehr Familien in die Jugendherbergen?Dohn: Nun, wir haben zum Beispiel ganz spezielle Angebote für Familien. Wir sind auch deswegen attraktiv, weil viele Menschen die im Vergleich doch eher steife Unterbringung in Hotels nicht mögen. Bei uns geht es lockerer, familiärer zu. Außerdem haben wir besondere Zimmer für Familien.Sind die alle schon barrierefrei ausgebaut?Dohn: Wir nähern uns diesem Ziel Schritt für Schritt an. Bei der großen Anzahl von Jugendherbergen ist das nicht sofort umzusetzen - bei Neubauten natürlich schon. Aber wir haben zum Beispiel auch Schiffe oder Burgen. Der Prozess ist also in der Umsetzung, aber nicht abgeschlossen.Wie sehr tun den deutschen Jugendherbergen private Anbieter von Hostels weh?Dohn: Nach wie vor sind wir der größte Anbieter in Deutschland von Kinder- und Jugendunterkünften. Wir sind in den Alpen und auf Sylt und haben einen hohen Qualitätsstandard. Ins Hostel geht man rein und dann wieder raus. Unsere Jugendherbergen sind zum Beispiel aber auch außerschulische Lernorte. Damit haben Hostels nichts zu schaffen. Kommerziell arbeitende Hostels haben folglich ein anderes Geschäftsmodell als wir und sind daher im Prinzip schlecht mit uns zu vergleichen.Nehmen Hostels den Jugendherbergen trotzdem Übernachtungen weg und sind Konkurrenz?Dohn: Sie konzentrieren sich auf Hotspots in den deutschen Großstädten. Und dort kann man durchaus sagen: Ja, das spüren wir in eben diesen Großstädten.
