Detmold-Diestelbruch. Für Nichteingeweihte hört sich das Ganze erst einmal wie ein Schildbürgerstreich an. Da feiert eine Gemeinde im Jahr 1991 ihr 600-jähriges Bestehen, um nur 25 Jahre später die 900 Jahrfeier zu begehen. So geschehen im kleinen beschaulichen Örtchen Diestelbruch.
Was ist da passiert? Gerhard Hansmeier, Vorsitzender des Vereins „Unser Diestelbruch" schmunzelt, als ihm die Frage gestellt wird. „Wir wollten eigentlich kein großes Dorffest zu unserer geplanten 625-Jahr-Feier veranstalten", erklärt Hansmeier. Man habe nur jemanden beauftragen wollen, die Dorfchronik zu erweitern. Ziel sei es gewesen, die erste Chronik, die 1982 von Wilhelm Tiemann erstellt wurde, zu überarbeiten.
Mit diesem Anliegen wandten sich die Diestelbrucher an Roland Linde, den freiberuflichen Detmolder Historiker, der schon an etlichen Chroniken im lippischen Raum mitgewirkt hat. Linde fing vor einem Jahr an zu recherchieren und stieß bereits nach kurzer Zeit im Kloster Corvey auf Dokumente, die belegten, dass das Gut Leistrup bereits vor mehr als 900 Jahren Erwähnung fand.
Dem Heimatverein war sofort bewusst, was für einen Schatz er da in den Händen hielt und vollzog bei der Planung zur Feier eine Kehrtwende. Nun soll es ein großes Fest geben. Und dafür hat sich der Heimatverein etwas Besonderes überlegt: Vom Freitag bis Sonntag, 23. bis 25. September, wird es ein buntes Programm geben, das sowohl Kinder als auch Erwachsene ansprechen soll. Die offizielle Eröffnung der Feier wird am Freitagabend stattfinden, und unter anderem wird Bürgermeister Rainer Heller ein Grußwort an die Festgemeinde richten. Die Festrede wird Roland Linde vortragen.
„Wir haben uns dazu entschieden, ihn um den Vortrag zu bitten. Er kann den Anwesenden am besten erklären, wieso wir jetzt eine 900 Jahr-Feier veranstalten", erzählt Hansmeier augenzwinkernd. Die musikalische Begleitung übernimmt der Chor Nota Bene, der sein breites Repertoire vor den Gästen ausbreitet soll.
Am Samstag wird dann, so wünschen es sich die Diestelbrucher, „die Post abgehen", sagt Richter. Dazu wird Robert Chwalek mit seinem seinen Schülern vom Taekyon Diestelbruch Kampfkünste aufführen. Und natürlich dürfen auch nicht die Cappeler Lockvögel fehlen, die für die musikalische Unterhaltung verantwortlich sind. Auch werden verschiedene Kindertanzgruppen den Gästen ihr Können zeigen.
Der Tanzabend, der ab 20 Uhr beginnt, wird von „Eine Band namens Wanda" bestritten. Am Sonntag geht es dann nach einem musikalischen Frühschuppen mit einem großen Rahmenprogramm weiter. Da das Catering ausgelagert wurde, schlägt beim Heimatverein nur die Chronik mit Kosten zu Buche.
Hansmeier und Kollegen hoffen aber, dass viele Chroniken verkauft werden. Vorsorglich wurden 700 Stück gedruckt. Erhältlich ist das 295 Seiten starke Werk für 18 Euro ab Freitag, 23. September. Falls nicht vorher noch bekannt wird, dass Diestelbruch in Wirklichkeit schon 1200 Jahr alt ist. Aber auch dann wird gefeiert, soviel steht fest.
Diestelbruch setzt sich aus den ehemaligen Gemeinden Leistrup, Meiersfeld, Lenstrup und Diestelbruch zusammen. Die benachbarten Detmolder Ortsteile sind Detmold-Nord, Vahlhausen, Niederschönhagen, Oberschönhagen, Schönemark und Remmighausen. Der Name deutet nach Ansicht von Historikern auf ein mit Disteln bestandenes feuchtes Gelände hin. Am 1. Januar 1970 wurde die Gemeinde Leistrup-Meiersfeld (mit Diestelbruch) in die Kreisstadt Detmold eingegliedert. Sehenswert und ein bekanntes Naherholungsgebiet ist der Leistruper Wald mit einem Hügelgrab aus der Bronzezeit, den am Ostrand liegenden Opfersteinen und einem Wald- und Bienenlehrpfad. In Diestelbruch wohnen auf einer Fläche von 5,8 Quadratkilometern etwa 2275 Bürger. Der Verein „Unser Diestelbruch" hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich den Veränderungen der Zeit, die auch an den Dörfern und Vereinen nicht spurlos vorbei geht, zu stellen und betreibt den
„Treffpunkt".