Weihnachten für Obdachlose: Zwischen Freud und Leid in der Herberge zur Heimat

Detmold. Früher lebte sie auf der Straße und das Leben zog an ihr vorbei. Heute kann sich Melanie Schabaker auf Weihnachten freuen. Obwohl ihr das nahende Fest auch ein paar Tränchen in die Augen treibt. "Ich werde meine Kinder dieses Jahr nicht sehen können", sagt sie. Die Zugfahrt sei zu teuer. Lieber habe die 43-Jährige ihren Kindern und der kleinen Enkeltochter etwas schenken wollen. Im Januar will sie mit der Familie dann nachfeiern. Für Melanie Schabaker ist das das größte Geschenk.

Es ist nicht lange her, da sei ihr Leben sehr düster gewesen. 13 Jahre lang verkehrte die gebürtige Harzerin in den falschen Kreisen, lebte zwischenzeitlich auf der Straße. Die Kinder wuchsen in betreuten Einrichtungen auf, ihre Mutter konnte sich nicht kümmern. Heute ist alles anders. Durch den Kontakt zur Diakonie in Herford sei Schabaker vor etwa anderthalb Jahren erst nach Lage in die Ambulante Pflege und dann in die Detmolder "Herberge zur Heimat" vermittelt worden. "Hier habe ich endlich neu anfangen können", sagt sie. Die Menschen - ob Mitarbeiter oder Hilfesuchende - seien zu ihrer Familie geworden. "Ich habe wieder angefangen, an mich zu glauben." Genau diese Botschaft möchte sie gerne weitergeben. Der Glaube an sich selbst sei nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern für das ganze Leben wichtig.

Livemusik und Kuchen zu Weihnachten Die Herberge und die Menschen dahinter hätten ihr das Selbstvertrauen zurückgebracht. Hier hat die 43-Jährige wieder Struktur gefunden, inzwischen hat sie eine eigene Wohnung und arbeitet im kleinen Café der Anlaufstelle für Obdachlose. "Ich hab alles auch ein wenig weihnachtlich geschmückt", sagt Schabaker und lächelt. Sie freut sich vor allem auf die große Weihnachtsfeier am 19. Dezember, die seit mehr als zehn Jahren ganz traditionell in der "Herberge zur Heimat" stattfindet. Es gibt Livemusik, selbst gebackenen Kuchen und gemeinsames Liedersingen. "Die sozialen Kontakte und tun gut", sagt Schabaker. Inzwischens eien richtige Freundschaften entstanden. Jeder Teilnehmer durfte auch einen Geschenkewunsch aufschreiben. Die sind allesamt bescheiden ausgefallen. "Ich würde mich über einen Mixer freuen", verrät die 43-Jährige.

Doch nicht alle freuen sich aufs Fest. "Für viele ist es eher traurig und schwer auszuhalten", sagt Sozialarbeiterin Jennifer Klassen. Deshalb gehe man in der Herberge auch äußerst sensibel mit dem Thema um. Alles kann, nichts muss. "Wir schaffen Angebote ", sagt die 30-Jährige. Die gebe es auch über die Weihnachtsfeiertage. Manche ziehen sich zurück, andere treffen sich zum Kaffeetrinken. Vielleicht geht es sogar noch mal in der Gruppe über den Weihnachtsmarkt. "Das wurde schon als Wunsch geäußert", sagt die Sozialtherapeutin.

Jennifer Klassen Betreut Melanie Schabaker jetzt seit knapp einem Jahr und freut sich sehr über die Fortschritte ihres Schützlings. "Dieser neue Lebensmut, den sie entwickelt hat, ist schön anzusehen", sagt Klassen. Es sei ein langer Weg gewesen, der sich gelohnt hat. Das findet auch die ehemalige Heimatlose. "Jetzt geht es nur noch nach vorne", sagt sie. Alleine hätte die 43-Jährige es nicht geschafft, meint sie selbst. Daher ist Schabaker froh, dass ihr eine helfende Hand gereicht wurde. Auch wenn sie lange gebraucht habe, um das einzusehen. "Ich bin dankbar für die Hilfe - und würde sie nie wieder ablehnen."

Hilfesuchende werden immer jünger

Seit mehr als zehn Jahren leitet Paul Martens die "Herberge zur Heimat", rund zehn weitere Jahre ist er schon Sozialarbeiter. In den vergangen Jahren habe sich viel geändert. "Was auffällt ist, dass die Hilfesuchenden immer jünger werden", sagt der 41-Jährige. Das Klischee vom bärtigen Obdachlosen, der durch die Städte zieht, sei längst überholt. "Es sind vor allem junge Menschen, die den Sprung vom Jugendarrest in die Realität nicht schaffen", sagt er. So zeigt es zumindest die Erfahrung in der Detmolder Herberge. Die Klienten seien zudem inziwschen mehr Frauen als Männer. Viele kämen aus der Mittelschicht. "Oft sind hier Drogen Problem", sagt Martens.

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