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Detmolder Lebenshilfe hat mehr Platz für die Montage

Jost Wolf

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Scharfer Blick: Ayse Tali kontrolliert mithilfe einer Vergrößerungskamera mit Martin Krösche Pastikteile auf Fehler. Im Hintergrund arbeiten (links) Dieter Görder und Thomas Fennen. - © Jost Wolf
Scharfer Blick: Ayse Tali kontrolliert mithilfe einer Vergrößerungskamera mit Martin Krösche Pastikteile auf Fehler. Im Hintergrund arbeiten (links) Dieter Görder und Thomas Fennen. (© Jost Wolf)

Detmold. Industriemontagen und verwandte Dienstleistungen bietet die Lebenshilfe in ihrer Werkstatt am Bahnhof an. 50 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung gibt es dort schon seit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts im November 2017. Jetzt hat das Gebäude rechts und links zusätzliche Flügel für weitere 100 Arbeitsplätze bekommen.

Bei der Gebäudeplanung ging die Lebenshilfe mit dem Architekturbüro Merwitz auf die veränderten Anforderungen der Industrie ein. „Heute gibt es nicht mehr riesige Mengen gleicher Arbeit", erklärt Werkstattleiter Udo Schwens. „Stattdessen gibt es die gleiche Menge, aber in viel mehr Varianten. Also brauchen wir auch entsprechend mehr Platz, um diese Varianten auseinanderzuhalten und Kunden-Rohmaterial einzulagern."

Einrichtung: In einem der vier neuen großen Werkstatt-Arbeitsräumen zerlegt Roland Manz ein Metallregal, um es nebenan wieder aufzubauen. Stephanie Kleine (Assistentin der Geschäftsleitung) und Werkstattleiter Udo Schwens schauen sich im Hintergrund den Fortschritt an. - © Jost Wolf
Einrichtung: In einem der vier neuen großen Werkstatt-Arbeitsräumen zerlegt Roland Manz ein Metallregal, um es nebenan wieder aufzubauen. Stephanie Kleine (Assistentin der Geschäftsleitung) und Werkstattleiter Udo Schwens schauen sich im Hintergrund den Fortschritt an. (© Jost Wolf)

Kostengünstig konnte dafür auf dem Gelände am Bahnhof eine ehemalige Bus-Waschhalle der BVO umgenutzt werden. In den neuen Werkstatt-Arbeitsräumen stehen Inseln aus Arbeitstischen, an denen an jedem Platz ein Arbeitsschritt vorgenommen wird. Für spezielle Bedürfnisse wie geräuschintensive Tätigkeiten gibt es Nebenräume.

„Unser Anspruch ist es, in Ausstattung und Arbeitsweise identisch mit dem ersten Arbeitsmarkt zu sein. Denn dafür qualifizieren wir", sagt Schwens. Natürlich sei in den neuen Räumen eine Höchstmaß an ergonomisch gestalteten Arbeitsplätzen und -abläufen umgesetzt. Im unteren Bereich befinden sich ein Pflegebad und Therapieräume.

Vor allem Zulieferarbeiten für Weidmüller und Phoenix Contact werden in der Werkstatt am Bahnhof gefertigt. Es werden Kabel konfektioniert, Zündelektroden zusammengebaut und verpresst, Hutschienen-Komponenten teilmontiert oder fehlerhafte Teile aussortiert.

Die dafür nötigen Arbeitsgeräte stammen oft aus den Werkzeugbau-Abteilungen der Auftraggeber. Just-in-time und just-in-sequence sind Schlagworte, die heute in der industriellen Produktion von Zulieferern erwartet werden. Punktgenau wird dabei beispielsweise morgens um 10 Uhr an der vereinbarten Ablademöglichkeit eine bestimmte Warenmenge erwartet.

„An diesen Aufträgen qualifizieren wir die Menschen mit Behinderung", erklärt Schwens. „Wir wollen von unseren Kunden keine Sonderbehandlung. Wir sind in ihr Qualitätsmanagement eingebunden." Deshalb wird in einem der neuen Gebäudeflügel auch eine Prüfstelle Platz finden, die sicherstellt, dass die Waren aus allen Werkstatt-Arbeitsräumen den geforderten Spezifikationen entsprechen.

„Durch die Konzentration von mehr Aufträgen an einem Standort können wir den Mitarbeitern natürlich auch mehr Qualifizierungsmöglichkeiten bieten", sagt Udo Schwens.
Optimierungsmöglichkeiten am neuen Standort resultierten in einer höheren Stückzahl. „Und weil die Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung nicht mehr so viel mit der täglichen Organisation der Abläufe wie an den alten Standorten beschäftigt sind, gibt es hier wieder mehr Zeitfenster für die Qualifizierung und Förderung der Mitarbeiter."

Für die neuen Arbeitsplätze werden dann nicht mehr zeitgemäße und nicht barrierefreie an anderen Standorten aufgegeben. Die Produktion beginnt nach den Betriebsferien am 26. August. Im nächsten Jahr wird auch die Lebenshilfe-Verwaltung in einem weiteren, ehemaligen BVO-Gebäude mehr Platz finden. Sie ist derzeit an der Freiligrathstraße ansässig.

Die Werkstätten verteilen sich über das Stadtgebiet

Die größte Lebenshilfe-Werkstatt ist mit 220 Plätzen auf Gut Johannettental. Dort gibt es eine Wäscherei, verschiedene Abteilungen für Industriemontagen und einen Obstanbau. An dem Standorten „City-Werkstatt" in der Elisabethstraße (80 Plätze) ist überwiegend ein Berufs-Bildungs-Bereich angesiedelt. Weitere Industriemontagen erfolgen in der „Werkstatt am Funkturm" im ehemaligen Telekom-Gebäude (50 Plätze).

Die dortige Betriebskantine, die von der Lebenshilfe mit 30 Mitarbeitern bewirtschaftet wird, steht auch für externe Gäste zur Verfügung. Auf dem Lohmannshof in Hiddesen beschäftigt die Einrichtung 70 Menschen mit Behinderung in der ökologischen Landwirtschaft. Vorwiegend werden Obst und Gemüse angebaut und teilweise in einer Mosterei weiterverarbeitet, Apfelchips und Brennholz hergestellt, Nistkästen gebaut und Weihnachtsbäume gezogen. Außerdem gibt es einen Hofladen.

In Vahlhausen (30 Plätze) und in der „Werre-Werkstatt" in Schönemark erfolgen ebenfalls Industriemontagen. In Schönemark (180 Plätze) gibt es zudem eine Holz-Abteilung, eine Metall-Abteilung und eine Näherei. 20 Mitarbeiter hat die Lebenshilfe auf dem Stöltinghof. Sie versacken dort Rindenmulch, stellen Komposterde her, bauen Weintrauben an und bewirtschaften die Streuobstwiese. Neben Fledermaus- und Nistkästen entstehen dort auch Oster- und Weihnachtsartikel in der Holzwerkstatt.

Dazu kommen die nun 150 Plätze der „Werkstatt am Bahnhof". Dort sind in der ehemaligen Reparaturhalle für Busse auch 25 Mitarbeiter der Garten- und Landschaftspflege als Zweigstelle des Stöltinghofs untergebracht, die im Auftrag Hausgärten und Grünanlagen pflegen.

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