Große Mehrheit für Detmolder Doppelhaushalt - Sorgen bereitet der Busverkehr

Detmold. 244,4 Millionen Euro für 2020 und 250,8 Millionen Euro für 2021 – das sind die Zahlen des Doppelhaushalts für die kommenden Jahre. Der Rat hat ihn mit großer Einmütigkeit gegen die Stimmen von Grünen und der Detmolder Alternative verabschiedet.

Auf den letzten Metern gab es Stress: Der immer größer werden Verlust des Stadtverkehrs erhöht – mehr oder weniger überraschend – das erwartete Defizit der Stadt um 1,35 Millionen Euro (siehe unten). Zum Glück hat Detmold aber den Jahresabschluss 2018 mit einem Plus 10,6 Millionen Euro beziffert – das fängt so manches auf.

Fast alle Fraktionen sehen die Stadt bei Klimaschutz und Mobilität auf richtigem Weg Bündnis 90/Die Grünen lehnen den Haushalt ab. Er sei massiv geprägt von einem &bdquo;weiter so" und keine Bereitschaft zum &bdquo;notwendigen radikalen Umsteuern" erkennbar. &bdquo;Einzelne Placebos helfen da auch nicht weiter", sagte Sprecher Walter Neuling, womit er sich auf Beschlüsse zu Baumersatzpflanzungen, den Radverkehr und ähnliche bezog. Wobei die Grünen die Stelle eines Klimaschutzmanagers wollten, zudem die Baumschutzsatzung wieder installieren.

Es müssten tradierte Definitionen von Stadtentwicklung in Frage gestellt werden, nämlich eine Wohnungspolitik, in der das Einfamilienhaus das Maß aller Dinge sei, eine Wirtschaftsförderung, die sich an den Quadratmetern Gewerbegebiet bemesse, eine Innenstadtpolitik, die auf das Auto und Parkplätze setze und eine Sozialpolitik, die Migration nicht mitdenke. Dem werde der Haushalt nicht gerecht.

Für die Detmolder Alternative lehnte Jürgen Keller den Haushalt ab. &bdquo;Da meine Anträge keine politischen Mehrheiten im Rat bekommen und weiterhin viel Geld in den Individualverkehr fließt, lehne ich den Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 ab", sagte er. Es werde immer noch zu viel Geld in den Individualverkehr gesteckt – wenngleich Detmold in Sachen Klimaschutz auf dem richtigen Weg sei.

Für Aufbruch C schilderte Harry Rein, dass es das Ziel in Detmold sein müsse, das Leben in Detmold lebenswerter zu machen. Mit mehr Schulden sei das nicht möglich und diese mit mehr Gebühren zu finanzieren, sei ein Ärgernis, dass sich zum Beispiel in immer mehr Parkautomaten ausdrücke.

Seitens der Linken erkannte Evelyn Menne, dass es so einige erfolgversprechende Maßnahmen in Detmold gebe und das ganz große Thema die Klima- und Verkehrswende sei. Etliche Anträge hätten sich damit beschäftigt. Die Stadt wolle die Digitalisierung vorantreiben, zugleich die moderne Ausstattung der Schulen, kümmere sich um den Wohnungsbau und schaffe günstigen Wohnraum im Britenviertel. Es würden &bdquo;erstaunliche Anträge" verabschiedet, die noch vor einigen Jahren undenkbar schienen. Und sie fragte in Richtung von Bündnis 90/Grünen: &bdquo;Ist es nicht sinnstiftender, um bestmögliche Lösungen zu ringen, als ganz ohne eigene Gegenargumente oder Gegenvorschläge den Hermann zu machen?"

Für die Freien Wähler verabschiedete sich Rüdiger Krentz aus der Detmolder Politik. Er wolle sie im kommenden Jahr verlassen und sich mehr auf Bad Meinberg konzentrieren – er kandidiert dort als Bürgermeister. Laut Krentz seinen viele alte Anträge der Freien Wähler nun von anderen Fraktionen aufgegriffen worden und würden umgesetzt. Die Freien Wähler hätten auf Haushaltsanträge verzichtet, um Wiederholungen zu vermeiden.

FDP und CDU sorgen sich um die DetCon-Verluste Mit &bdquo;großer Sorge" sieht die FDP die absehbare Entwicklung der DetCon-Holding. Der Liberale Thomas Trappmann sagte: Die millionenschweren DetCon-Verluste werden auf absehbare Zeit aus dem städtischen Haushalt ausgeglichen werden müsen. &bdquo;Wir sind der Meinung, dass man damit transparent umgehen muss", so Trappmann.

Daher sei auch der Eil-Antrag zum Haushalt (siehe unten) mit der CDU auf den Weg gebracht worden. Es werde eine der wesentlichen Aufgaben des künftigen Bürgermeisters und neuen Rates sein, diesen deutlich absehbaren Engpass zu bearbeiten. Angesichts guter Jahresabschlüsse habe die Stadt aber eine ordentliche Rücklage, so dass Defizite ausgeglichen werden könnten. Es sei gut, dass der Klimaschutz verbessert werden soll, ohne durch Verbote die persönliche Freiheit einzuschränken.

Die CDU sorgt sich ebenfalls ums Geld. Fraktionsvorsitzender Jörg Thelaner verdeutlicht: &bdquo;Wir geben mehr Geld aus, als wir einnehmen. Wir gleichen den haushalt nur aus, da wir das Mehr durch unsere Ausgleichsrücklage kompensieren können." Die CDU stimme dem Haushalt wegen vieler Punkte zu – trotz der erheblichen Verschlechterung durch die DetCon. Mit vielen Wünschen habe sich die CDu durchsetzen können, zum Beispiel einer halben Stelle für den kommunalen Ordnungsdienst, die Verbesserung der Radwege – und es seien wichtige Beschlüsse für den Sport und die Schulen, das Gewerbe und Bauland getroffen worden.

Für die SPD betonte Harald Matz: Ein wesentlicher Aufgabenbereich der Zukunft werde die Mobilität sein. Bereits Anfang 2017 habe die SPD ein Verkehrskonzept gefordert sowie aktuell eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV und eine Verbesserung der Angebote. Es sei wegweisend, dafür in Zukunft mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das gelte auch für die Verbesserung des Fuß- und Radwegenetzes. Als wesentlich bezeichnete Matz auf Entscheidungen zum sozialen Wohnungsbau, der in Zukunft weiter betrieben wird. Kein Verständnis habe er jedoch, dass die SPD keine Mehrheit für einen Detmolder Zukunftspreis gefunden hat.

"Der Busverkehr kostet viel" Ein Kommentar von Sven Koch

Die DetCon entwickelt sich scheinbar zum Sorgenkind. Es muss immer mehr Geld in den Verlustausgleich gesteckt werden. Das ist kein Wunder. Gerade unlängst haben alle Entscheidungsträger einen Vortrag über die Mobilität der Zukunft in der Stadthalle gehört: Wer den ÖPNV verbessern will, muss richtig Geld in die Hand nehmen.

Das sollte sich auch im Haushalt abbilden. Da muss man den immer anspruchsvoller werdenden Verlustausgleich nicht kaschieren, beziehungsweise als Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung hübscher bezeichnen. Selbst, wenn die Stadtverkehrsgesellschaft den ÖPNV ja attraktiver macht: Das Geld der Stadt gilt ja doch eher für die Abdeckung eines Minus, das in den kommenden Jahren deutlich wachsen wird.

Das Gefüge der DetCon sieht vor, dass sie sich mit Gewinnen und Verlusten selbst tragen soll. Klappt das nicht, kann die Stadt in die Bresche springen und tut das in der Regel. Wie viel Geld sie hierfür künftig in der Reserve halten möchte, ist ein politischer Beschluss. Und wenn man klar dazu steht, muss man den Verlustausgleich auch nicht als Minus empfinden, sondern als ein Plus für den Nahverkehr.

Der Nahverkehr fährt DetCon und Stadt ins Minus Der Verlustausgleich für die DetCon bringt den Haushalt deutlich tiefer in die roten Zahlen als gedacht. CDU und FDP wollten, dass das im Haushalt transparenter abgebildet wird als bislang. Ein Kompromiss wurde gefunden – am Nachmittag vor der Verabschiedung des Haushalts, der bis dahin bereits harmonisch eingetütet zu sein schien.

Die DetCon GmbH ist die kommunale Beteiligungsholding und das zentrale Controllingorgan für die Beteiligungsunternehmen der Stadt Detmold mit GmbHs wie den Stadtwerken, der Stadtverkehr Detmold, der Stadthallen GmbH, dem Gewerbe- und Innovationszentrum Gilde, der Abwasser GmbH und der Gesellschaft für Stadtentwicklung.

Deren Gewinne bleiben eigentlich im Topf und deren Verluste muss die Stadt eigentlich nicht ausgleichen, am Ende aber irgendwie dann doch, wenn sie zu hoch werden. Das System DetCon funktionierte lange gut, ist aber mit dem wachsenden Zuschussbedarf im ÖPNV aus der Balance geraten, weil bisherige Gewinne der Stadtwerke das Stadtverkehrsminus nicht mehr ausgleichen können.

Die im Haushalt kalkulierte Summe reiche nicht aus

In den vergangenen Jahren hatte die Stadt dafür 1 Million Euro im Haushalt reserviert und im Doppelhaushalt weitere 750.000 Euro zur &bdquo;Steigerung der Attraktivität des ÖPNV" verankert. Im Jahresabschluss der DetCon ist aber nun kurzfristig klar geworden: Es wird weitaus mehr Geld benötigt.

Nach Auffassung der CDU und der FDP wären 800.000 Euro mehr für 2020 und 1,9 Millionen Euro mehr im Folgejahr nötig – Tendenz: wachsend. Das alles wirke sich jeweils im Folgejahr auf den Haushalt aus. &bdquo;Wir sind der Auffassung, dass zur Aufstellung eines ehrlichen, transparenten Haushalts alle bekannten Zahlen eingestellt werden müssen. Der Kämmerer ist im Nebenamt der Geschäftsführer der DetCon, ihm waren die Zahlen bei den Haushaltsplanberatungen im Haupt- und Finanzausschuss am 2. und 3. Dezember bekannt", schreiben CDU und FDP.

Kämmerer Frank Hilker hat hierzu in einer Stellungnahme der Verwaltung erklärt, dass sich in den vergangenen Jahren immer wieder Abweichungen im Verlustausgleich ergeben hätten und die genaue Höhe erst festgestellt werden könne, wenn der Jahresabschluss feststehe. Es habe auch schon Abweichungen in siebenstelliger Höhe gegeben. Die Haushaltsplanung habe der Praxis der vergangenen Jahre entsprochen. Die Umsetzung des Antrags würde bedeuten, dass Detmold deutlich mehr Geld aus der Ausgleichsrücklage in Anspruch nehmen müsse.

Am Ende, wie erwähnt, steht nun der Kompromiss. Dem stimmten FDP und CDU zu, außerdem die SPD. &bdquo;Wir glauben sowieso", sagte Fraktionschef Harald Matz, &bdquo;dass wir mehr für den ÖPNV bereitstellen müssen. Wir müssen auch das Risiko abbilden – aber vielleicht nicht in dem Umfang wie beantragt."

Statt 800.000 Euro sieht die Stadt 400.000 Euro mehr Verlustausgleich für die DetCon vor und im Folgejahr statt 1,9 Millionen dann 950.000 Euro mehr. Das bedeutet am Ende: Das Defizit der folgenden Jahre erhöht sich für die Stadt dadurch um mindestens 1,35 Millionen Euro.

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