„Sie war eine abgefahrene Persönlichkeit“

Detmold . Politik und Musical – eine ungewöhnliche Kombination. Dass das aber gut funktionieren kann, zeigt der internationale Hype um das Broadway-Stück &bdquo;Hamilton", das ab 2021 auch deutsche Bühnen erobern soll. Das Detmolder Landestheater zollt sein eigenes Tribut an eine der wichtigsten historischen Figuren der Region. In &bdquo;Pauline" wird Geschichte lebendig. Silke Dubilier spielt die lippische Fürstin. Im Interview verrät die Schauspielerin, was dahinter steckt.

Frau Dubilier , Sie schlüpfen im Musical &bdquo;Pauline" in die Rolle der namensgebenden Fürstin. Eine Herausforderung?

SILKE DUBILIER : Ich bin schon häufiger in die Rolle von echten Personen geschlüpft. Zum Beispiel als Marlene Dietrich in &bdquo;Spatz und Engel" oder als Zarah Leander in &bdquo;Zarah 47". Pauline ist aber noch einmal etwas Anderes. Sie ist eine historische Figur, von der wir nur erahnen können, wie sie wirklich war. Eigentlich haben wir nicht viel gemeinsam.

Worin unterscheiden Sie sich?

DUBILIER : Pauline hat durchgegriffen und ist den Landständen regelrecht über den Mund gefahren, das wäre so gar nicht meine Art.

Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?

DUBILIER : Ich habe viel über Fürstin Pauline gelesen. Letztendlich ist es dann aber wichtig, dass ich dem Publikum die Rolle auf meine Art rüberbringe. Außerdem habe ich drei wirkliche tolle Songs bekommen, die ihre Stärken zeigen.

Die wären?

DUBILIER : Sie hat alles alleine gewuppt und hatte ihren eigenen Willen. Pauline war taff und kompromisslos und das in einer Männerdomäne.

Das klingt ja schon eher hart. Welche Stimmung erwartet die Besucher im Musical &bdquo;Pauline"?

DUBILIER : Von Pop-Rock bis Klassik ist musikalisch alles dabei und auch ziemlich mitreißend. Das Stück ist ein Familienmusical, hat aber auch ernste Momente, es geht auch um Tod. Aber vor allem um eine abgefahrene Persönlichkeit.

Was berührt Sie in der Rolle?

DUBILIER : Pauline stirbt mit Anfang 50 – so alt, wie ich jetzt bin. Dabei wollte sie ihren Lebensabend mit ihrem Freund verbringen. Das ist schon sehr traurig und berührt auch die Zuschauer im Hoftheater, da sieht man schon die ein oder andere Träne im Auge. Das ist aber auch das Schöne am Theaterspielen, zu sehen, was es mit den Leuten macht.

Das Stück ist eigens für das Detmolder Landestheater geschrieben worden. Das ist ja schon etwas Besonderes.

DUBILIER (lacht): Besonders war es vor allem, da mein Freund, Andreas Jören , das Stück komponiert hat. Ich habe also von der ersten Idee bis zur Premiere alles mitbekommen.

Wie kam es denn zu der Idee?

DUBILIER : Viele Städte haben ihr eigenes Musical über ihren &bdquo; Local Hero". Andreas hatte dann überlegt, etwas über den Hermann zu schreiben, das dann aber wieder verworfen. Dann kam ihm Pauline in den Sinn. Mich wundert sowieso, dass sich die Detmolder offenbar kaum mit dieser Person auseinandergesetzt haben.

Eine Bildungslücke?

DUBILIER : Hier gibt es die Fürstin-Pauline-Stiftung, die Paulinenstraße und vieles mehr und dennoch wissen so viele nichts über Fürstin Pauline. Dabei hat sie so viel gemacht, ob nun die Kinderbewahranstalt oder ihr Besuch bei Napoleon. Damit hat sie für die Eigenständigkeit des Fürstentums gekämpft und diese erhalten. Aber dafür ist ja so ein Stück auch da. Die Zuschauer werden unterhalten und vielleicht wird auch ein Interesse geweckt, sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen.

Eigentlich waren die Aufführungen ja etwas anders geplant...

DUBILIER : Das Stück hätte beim Schlossfestival gespielt werden sollen, durch Corona war das alles so nicht möglich. Hier im Hoftheater haben jetzt 100 Zuschauer Platz und auf der Bühne müssen wir auch noch Abstände einhalten, das ist schon alles etwas anders.

Wirkt sich das auf die Vorführungen aus?

DUBILIER : Die meisten Zuschauer sagen, ihnen würde das gar nicht auffallen. Vermutlich hat man sich mittlerweile dran gewöhnt, auf Abstand zu sein. Bei den Proben war das aber schon ein Unterschied. Es durften immer nur vier oder fünf von uns in einem Raum sein und wir mussten vier Meter Abstand zueinander halten, schließlich kann man mit Maske nicht wirklich singen.

Die erste Aufführung des Pauline-Musicals war eine Weltpremiere. Waren Sie aufgeregter als vor anderen Stücken?

DUBILIER : Nicht schlimmer als sonst, aber durchaus aufgeregt. Es gibt schon noch die Momente, wo mir die Muffe geht. Etwa im April, als ich im Ostergottesdienst, der aus der Lemgoer Kirche St. Nicolai gesendet wurde, ein Stück aus dem Pauline-Musical gesungen hab. Da waren zwar keine Menschen in der Kirche, aber Millionen hinter den Bildschirmen und das Lied hatte noch nie zuvor jemand irgendwo öffentlich gesungen.

Ist es denn gut ausgegangen?

DUBILIER : Ja! Es hat alles geklappt. Und es gab ein enormes Feedback. Ich habe etliche E-Mails von wildfremden Menschen bekommen, denen das Stück gut gefallen hat. Viele haben auch gesagt, sie hätten gleich einen Ohrwurm davon gehabt.

Diesen Sonntag geht es wieder auf die Bühne im Hoftheater. Gibt es Rituale vor der Vorführung?

DUBILIER : Noch ein letztes Mal ins Textbuch gucken. Das muss auch immer hinter der Bühne liegen. Eigentlich läuft es zwar auch ohne, aber das ist so mein Ritual.

Wenn Sie für einen Tag als Fürstin Pauline regieren dürften, was würden Sie erlassen?

DUBILIER : Mehr Amusement !

Persönlich Silke Dubilier ist 1965 in Berlin geboren. Sie studierte Gesang an der Hochschule für Musik in Leipzig. Der Schwerpunkt der Mezzosopranistin liegt in Operetten und Musicals. Sie arbeitet auch als Sprecherin im Hörfunk. Das Musical &bdquo;Pauline" aus der Feder von Komponist Andreas Jören und Autor Johannes Jordan ist noch bis zum 13. September am Landestheater Detmold zu sehen. Die nächste Aufführung gibt es am Sonntag, 30. August, ab 18 Uhr.

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