550.000 Euro für Detmolder Innenstadtentwicklung

Detmold. 55.000 Euro soll der Rat zur Verfügung stellen, damit die Stadt in den Genuss von 550.000 Euro zur Stärkung der Innenstadt erhalten kann. Das hat der Haupt- und Finanzausschuss nach einer kurzen Debatte über das Sofortprogramm zur Stärkung der Innenstadt beschlossen. Wesentliche Kritikpunkte von CDU und den Grünen: Es wäre gut gewesen, wenn man vorher von diesem von der Verwaltung entwickeltem Konzept gewusst hätte – und außerdem verstehen würde, worum es dabei im Detail eigentlich geht.

Die frohe Botschaft über mehr als eine halbe Million Euro war bei der Stadt Mitte November eingetrudelt. Das Geld kommt aus dem &bdquo;Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen 2020". Insgesamt fließen auf diesem Weg 40 Millionen Euro in die NRW-Innenstädte. Das Programm war sehr spontan im Juli angekündigt worden. Bis Oktober hatten die Kommunen Zeit, etwas auf die Beine zu stellen. In diesem Zeitraum, betonte Bürgermeister Frank Hilker, war Tagungspause in der Politik, es war Wahlkampf, es war Corona – und die Verwaltung habe sehr schnell handeln müssen.

CDU fühlt sich übergangen

&bdquo;Der positive Bescheid aus Düsseldorf ist der Arbeit eines super Teams zu verdanken, das stets in enger Absprache mit Akteuren aus der Stadt stand", hatte er schon angesichts des Förderbescheides gefreut. Vor dem Hauptausschuss schilderte er zudem, dass es noch ein paar Verfahrensprobleme mit der Bezirksregierung zu klären gelte – wohl auch ein Umstand, der dem sehr spontan aufgesetztem Projekt geschuldet ist.

Begrüßt wurde das Konzept und vor allem die Tatsache, eine halbe Million Euro für die Innenstadt zu erhalten, grundsätzlich mehrheitlich auch von der Politik. Allerdings hab es auch Kritik. So betonte CDU-Fraktions-Chef Jörg Thelaner: &bdquo;Ich finde das zwar gut und toll, dass wir so viel Geld bekommen. Und ich erkenne auch den Zeitdruck und die Arbeit an. Aber wir hätten schon gerne vorher mal gewusst, was da auf dem Weg ist – statt es überraschend aus der Zeitung zu entnehmen." Denn es stehe ja schon so einiges dahinter – und das solle nun einfach alles ohne zutun der Politik auf die Beine gestellt werden? Zudem gestand Thelaner im Namen der CDU: &bdquo;Wie gesagt: Wir finden es grundsätzlich gut und toll, dass die Verwaltung für den Zuschlag gesorgt hat. Ich habe aber, ehelich gesagt, nicht ganz kapiert, was das im Einzelnen eigentlich alles sein soll."

Grüne kritisieren Anglizismen

Das Konzept sieht zum Beispiel ein Leerstandsmanagement vor, über das nicht vermietete Immobilien möglichst schnell einen neuen Nutzer bekommen. Außerdem sollen ein &bdquo;Start-Up-Center" und &bdquo;CoWorking-Space" entstehen. Damit möchte die Stadt dem wachsenden Bedarf nach flexibleren Arbeitsmodellen und einer modernen Arbeitswelt einen Raum bieten. Ferner soll ein Raum für mehr Wir-Gefühl entstehen, in dem innovative Formate wie &bdquo;Elevator-Pitche" oder &bdquo;Business Slams" organisiert werden können. Auch ein &bdquo;Food-Court" ist Teil des Konzeptes. Hier könnten verschiedene Gastro-Anbieter sich gemeinsame Sitzflächen teilen möglichst mit einem musikalischen Angebot flankiert. Sogenannte &bdquo;Pop-up-Shops" sollen ebenfalls beflügelt werden – temporäre Verkaufsflächen. Von der Förderung soll außerdem ein Innenstadt- und Lieferservice profitieren. Die Idee ist es, dazu alle 218 Einzelhändler der Innenstadt zu vernetzen. Kunden sollen telefonisch oder digital etwas bestellen und noch am selben Tag an zentraler Stelle in der Innenstadt abholen können.

Zum Verständnis von Begriffen wie &bdquo;Family Hub", &bdquo;CoWorking-Space", &bdquo;Start-Up-Center", &bdquo;Elevator Pitch", &bdquo;Food-Court" und &bdquo;Business Slams" hatte für die Grünen außerdem Wulf Hermann einige Anmerkungen zu machen – insbesondere, dass diese vollkommen unverständlich seien und ein Mysterium, was sich dahinter wohl verberge., Diese Kritik habe er von einer Reihe Detmoldern gehört – und solche Reaktionen erreichten auch die LZ.

Im Detail, so die Verwaltung, werde die Politik an der Umsetzung des Konzeptes ja auch noch beteiligt. Es sei erstmal darum gegangen, das Fördergeld sehr kurzfristig zu sichern. Und Bürgermeister Frank Hilker betonte: &bdquo;Wir wurden sehr dafür gelobt, dass wir eines der landesweiten besten Konzepte eingereicht haben." Und was die Begrifflichkeiten angehe: Die müsse man heute nun einmal in Konzepten einsetzen, das werde quasi verlangt. Genau das hatte Technischer Beigeordneter Thomas Lammering der Politik ebenfalls erklärt, als die Grünen scharfe Kritik an der Bezeichnung &bdquo;Multi Modal Hub" für das Parkhaus Lustgarten hatten.

Wirrwarr der Trend-Begriffe Ein Kommentar von Sven Koch

In der Debatte um die Förderung für die Innenstadt haben alle Seiten recht. Man kann die Politik verstehen, wenn sie verschnupft ist, erst aus der LZ von derartig dimensionierten Innenstadtprojekten zu hören. Man kann die Verwaltung verstehen, wenn sie sich (dezent) darüber aufregt, Nackenschläge dafür zu erhalten, wo sie doch ein hochgelobtes Konzept auf die Beine gestellt hat und kurzerhand und in Zeiten politischer Handlungsunfähigkeit eingesprungen ist, um eine halbe Million Euro für Detmold zu generieren.

Vor allem aber haben die CDU und die Grünen recht, wenn sie die Unverständlichkeit der Projektinhalte bei Begriffen wie &bdquo;Family Hub", &bdquo;Co-Working-Space", &bdquo;Start-up-Center", &bdquo;Elevator Pitch", &bdquo;Food-Court" und &bdquo;Business Slams" ankreiden. Okay, die heißen nun einmal so, und man nutzt im Alltag ja auch Anglizismen wie T-Shirt und RocknRoll oder Gallizismen wie Apropos, Akteur, Eklat und Bankier. Und, ehrlich gesagt, werden die Begriffe auch nicht viel verständlicher, wenn man sie mit &bdquo;Fahrstuhl-Zuruf", &bdquo;Mit-Arbeiter-Platz", &bdquo;Umschlags-Ort für Familien", &bdquo;Nahrungs-Hof" oder &bdquo;Wirtschafts-Zuschlag" eindeutscht.

Bizarr ist vielmehr, dass derlei esoterische Marketing-Begriffe offensiv von Fördergebern verlangt werden. Da kommt man nicht weit, wenn man Euros für das Anstreichen eines Besprechungszimmers haben will und das nicht als &bdquo;Creativity Area für Elevator Pitches und Business Slams" bezeichnet. Das eine klingt nach Hausmeister mit einem Eimer Alpina-Weiß, das andere nach fortschrittlichen Büros bei Apple. Dafür gibt man offenbar lieber Geld als für einen Pott Farbe – obwohl das Ergebnis dasselbe ist wie der Vokabel-Exzess: am Ende bloß Dekoration.

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