Mit raffinierten Tricks schmuggelte ein Detmolder Drogen ins Gefängnis

Bielefeld/Detmold/Bad Oeynhausen. Es gibt zweifelsohne verschiedene Arten, eine Freiheitsstrafe auf sich wirken zu lassen. Viele Häftlinge sind von dieser Erfahrung beeindruckt und geben sich allergrößte Mühe, nicht nochmals in staatliche Obhut genommen zu werden. Andere versuchen zumindest, im Gefängnis einen guten Eindruck zu hinterlassen - und sei es nur aus rein taktischen Erwägungen. Oder aber man nutzt den unfreiwilligen Aufenthalt für weitere Straftaten.

Denn ebendies wirft die Bielefelder Staatsanwaltschaft zwei Männern aus Detmold und Bad Oeynhausen vor. Die beiden Häftlinge müssen sich derzeit vor dem Bielefelder Landgericht verantworten, weil sie im Gefängnis mit allerlei Drogen gedealt haben sollen.

Es ist nicht so, dass der aus Detmold stammende Boris H. und sein ehemaliger Mitgefangener Naif S. (Namen aller Betroffenen geändert) zu wenig Zeit gehabt hätten, um sich über ihre Lebenssituation klar zu werden: Der Detmolder Boris H. war vom Landgericht Hagen wegen Totschlags zu 14 Jahren Gefängnis, der aus Bad Oeynhausen stammende S. vom Bielefelder Landgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Doch stellten die beiden 53 Jahre alten Männer, als sie sich in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld-Brackwede kennenlernten, ganz offenbar nicht nur konstruktive Überlegungen an. Derzeit müssen H. und S. sich vor der Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts verantworten, weil sie - so die Anklage - innerhalb der JVA einen "schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln" betrieben haben sollen.

Die Staatsanwaltschaft geht von folgendem Geschehen aus: Ab etwa Oktober 2018 beabsichtigten die beiden nun angeklagten Häftlinge, ihren Lebensunterhalt in der JVA durch den Handel mit verschiedensten Betäubungsmitteln und unter Beteiligung weiterer Mittäter aufzubessern. Während der in Kasachstan geborene Boris H. vor allem einen russischstämmigen Kundenkreis versorgte, war der Syrer Naif S., der den Ermittlern laut Anklage als "rechte Hand" von H. gilt, in erster Linie für türkische Abnehmer zuständig.

Heroin verflüssigt und in Wäsche geträufelt Dabei gingen die Männer ausgesprochen trickreich vor. So verflüssigten sie beispielsweise Heroin und träufelten dies auf die Innenseite von Wäsche. Von dieser kratzte sodann der Empfänger innerhalb der JVA das wieder erhärtete Rauschgift ab. Um Drogen ins Gefängnis geliefert zu bekommen, bedienten sich die Männer offenbar auch alter Briefe: Sie gaben Besuchern alte Anwaltspost mit. Draußen klebten die Lieferanten die Drogen zwischen die Seiten der Briefe und schickten diese erneut an die Angeklagten in der JVA. Da es sich dabei dem Anschein nach um Briefe von Rechtsanwälten an ihre Mandanten handelte, unterlagen diese nicht der Eingangskontrolle.

In den allermeisten Fällen jedoch brachten Besucher die Drogen direkt mit ins Gefängnis. Und so war es auch eine dieser Gelegenheiten, bei denen die Machenschaften von Boris H. und Naif S. schließlich aufflogen. Am 21. April 2019 erhielt H. Besuch in der JVA. In den allermeisten Fällen decken sich Besuch und Häftling bei diesen Gelegenheiten mit Tabak, Kaffee oder dergleichen ein, bevor sie sich im Besuchsraum an einen Tisch setzen.

Anders jedoch Boris H. und sein Gegenüber: Die beiden Männer saßen, begaben sich kurz darauf zu einem Süßwarenautomaten und gingen zurück zu ihrem Tisch. "Zwei Minuten später wiederholte sich der Vorgang. Das war dann schon sehr auffällig", erinnerte sich nun ein damals anwesender Justizvollzugsbeamter vor Gericht. Nachdem der Besucher die JVA wieder verlassen hatte, durchsuchten die Beamten Boris H. - und wurden fündig: In seiner Hose hatte er 1,64 Gramm Kokain, 50,8 Gramm Marihuana, 31 Tabletten Subutex sowie eine Ecstasy-Tablette in kleinen Tüten verstaut.

Übergabe am Süßigkeitenautomaten Im Mai 2019 fanden die JVA-Bediensteten bei einem Besucher, der das Gefängnis verlassen wollte, Tabletten und Haschisch. Der Mann hatte die Drogen von den Angeklagten zur Aufbewahrung erhalten. Zwei Tage später stießen die Beamten darüber hinaus in der Zelle von H. auf weitere Subutex-Tabletten, acht Tage später verfügte Naif S. ebenfalls über Subutex sowie Haschisch.

In der Verhandlung vor dem Bielefelder Landgericht teilten die Verteidiger Jan-Christian Hochmann und Baris Devletli mit, dass sich ihre Mandanten derzeit nicht zu den Vorwürfen äußern werden. Der Prozess wird am 19. Februar fortgesetzt.

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