Weihnachtsmärchen "Der Kaiser und die Nachtigall" zeigt die Macht der Musik

Detmold. &bdquo;Ich bin jetzt dein Himmel", ruft die mürrische Majestät. Kaum zu glauben, dass Kaiser Kurkuma noch wenige Minuten zuvor wie ein tollwütiger Tanzteufel über das Parkett gewirbelt ist. Aber, dass die Nachtigall seinen Palast verlassen will, kann und will er nicht zulassen. Denn in die Stimme der Nachtigall hat er sich verliebt und ist sicher, ohne sie kann er nicht mehr leben. Aber schon bald muss die Hoheit eine bittere Lektion lernen: Was man liebt, sperrt man nicht ein.

Laute Buh-Rufe tönen schon bald aus dem Publikum. Die zahlreichen kleinen Zuschauer haben des Kaisers gar bösartigen Schachzug am Freitagmorgen bei der Premiere des diesjährigen Weihnachtsmärchens &bdquo;Der Kaiser und die Nachtigall" im Landestheater sogleich bestraft. Kein Wunder, die Kinder – Grundschulklassen, begleitet von ihren Lehrern – sind von der ersten Minute in den Bann des Stückes gezogen worden. Das liegt wohl nicht zuletzt an dem spektakulären Bühnenbild von Franz Dittrich – ein drehbarer Palast auf zwei Etagen auf der einen und einer Baumkrone samt Vogelnest auf der anderen Seite – , dessen Anblick gleich nach dem Vorhang für lautes Kichern und spontanen Applaus gesorgt hat.

Stück zieht nicht nur die Kleinen in seinen Bann

Das Stück beginnt im Palast des Kaisers (Paul Enev). Er kann es kaum erwarten, dass seine nächste Lieferung kommt. Bald klingelt es und seine Gehilfinnen Schisandra (Laura Götz) und Kardamom (Meike Hoßbach) bringen das nächste Paket mit auffällig bekannt vorkommenden Pfeil-Logo in die Gemächer. Aber der König ist nicht zufrieden, er will mehr, mehr, mehr. Als &bdquo;Wichtig-Kaiser" betitelt er sich selbst, für ihn gibt es nichts besseres, als die Dinge, die ihm gehören. Als dem Kaiser Kunde von einer Nachtigall zu Ohren kommt, die noch nie jemand gesehen haben will, aber schöner singen kann als alles, was er jemals gehört habe, setzt er alles daran, den Vogel in seinen Besitz zu bringen. Die scheue Nachtigall (Leonard Lange) lässt sich von den Gehilfinnen und Köchin Topinambura (Katharina Otte) überreden, für einen Abend an den Hof zu kommen. Ein fataler Fehler, lässt der Kaiser sie doch nach dem Fest einsperren...

Doch zuvor ertönt das Lied der Nachtigall. Dazu braucht sie nicht viel: Ihre Gitarre und einen Barhocker. Und schon setzt die Magie ein. Wo eben noch die Zuschauer auf der Kante ihrer Stühle sitzend laut im Chor rufend mitgeholfen haben, den Vogel zu finden, kehrt mit den ersten Tönen der Musik absolute Ruhe ein. Gebannt schauen die Kinder zur Bühne, lauschen dem Vogel. Und der singt in feinster Singer-Songwriter-Manier, so dass sich auch die großen Zuschauer für einen Moment völlig darin verlieren. Ja, dieser Vogel könnte ebenso zwei Straßen weiter im &bdquo;Kaiserkeller" auf der Bühne sitzen, wenn er singt: &bdquo;Ich will frei sein, ich lad dich ein, auf einen Baum zu klettern und frei zu sein." Immer wieder nimmt diese Dynamik in der rund eine Stunde dauernden Inszenierung von Konstanze Kappenstein und den Dramaturgen Sophia Lungwitz und Laura Friedrich das Publikum mit, leitet es durch die turbulenten und ruhigen Momente des Stücks. Da wird an einer Stelle mitgefiebert, an der nächsten getrauert und wenig später wild gefeiert.

Dass diese Dynamik so gut funktioniert, liegt auch an den fantasievollen Kostümen, die in den Doppelrollen in so einer Geschwindigkeit gewechselt werden, dass man gleich zweimal überlegen muss, ob dort wirklich der gleiche Schauspieler zu sehen ist. Details wie ein qualmender Kochtopf und die gut durchdachte Darstellung der später auftretenden Tag- und Nachtigall Safrana sorgen dafür, dass das ganze Theater zum Hof des Kaisers wird.

Drei Lehren für den Kaiser

Geeignet ist das Stück laut Theater für Kinder ab fünf Jahren. Den Zuschauern vor Ort hat die Premiere offenkundig sehr gefallen und auch die Vorfreude war schon riesig, meint Silke Gräser: &bdquo;Meine Klasse hat sich unfassbar gefreut, dass ist ein absolutes Highlight", sagt die Lehrerin der Schildkrötenklasse von der Bachschule.

Am Ende ist &bdquo;Der Kaiser und die Nachtigall" nicht nur ein Märchen, auch wenn die Interpretation von Hans Christian Andersens Geschichte erfrischend gut die Linie zwischen klassischem Märchen und modernen Aspekten trifft. Das Stück lässt den Zuschauer gleich mit drei Lehren zurück: Es zeigt, dass die Natur dort am schönsten ist, wo sie ist, dass Freiheit das wichtigste Gut ist. Der Besitz ist dann auch gleich die zweite Lektion. Der Kaiser, der es immer nur auf Materielles abgesehen hat, lernt, dass Haben nicht alles ist. Und letztlich geht es auch um Vergänglichkeit, um ein &bdquo;Carpe Diem", um Momente, die sich nicht auf Knopfdruck reproduzieren lassen.

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