Projektentwickler stellen schon bald Ideen für das Hornsche Tor vor

Detmold. Viele Herausforderungen liegen im zweiten Halbjahr vor der Stadt. Einerseits explodieren die Energiepreise, was den Haushalt belasten wird. Andererseits will die Stadt schon im September für das Hornsche Tor mögliche Investoren vorstellen. Was noch anliegt, erzählt Bürgermeister Frank Hilker im Sommerinterview, der außerdem gerne eine Freiluft-Arena in Detmold hätte ...

Worauf freuen Sie sich persönlich im Verlauf des Jahres?

Frank Hilker : Auf viele Dinge. Auch darauf, dass der Weihnachtsmarkt dieses Jahr auf dem Schlossplatz gefeiert werden wird – ein neuer Anlauf, nachdem es wegen Corona zuletzt nicht ging. Übrigens wird es noch viel spannender, da im Winter ja die Fußball-WM läuft, woran viele zurzeit ja gar nicht denken. Je nachdem, wie weit die deutsche Mannschaft kommen wird, kann man überlegen, wie man das in den Weihnachtsmarkt einbindet. Public Viewing im Schnee? Hilker: Und mit Glühwein. Das wäre doch mal eine ganz neue Erfahrung.

Wie stellt sich die Bilanz des ersten Halbjahres unter Corona-Bedingungen dar – alles besser als letztes Jahr?

Frank Hilker : Was das Miteinander angeht, normalisiert es sich. Die Stimmung in der Stadt ist ganz anders. Die Gastronomie ist wieder voll, es gibt viele Veranstaltungen mit vielen Besuchern. Doch was heißt schon &bdquo;Normalität“? Wir haben nun ganz andere Erscheinungen durch den Krieg in der Ukraine, die Energieknappheit, die Inflation ...

Eine Zeitenwende, die wir vor Ort spüren?

Frank Hilker : Das ist gewiss so. Wir spüren in sehr vielen Bereichen, dass sich etwas ändert, sich etwas wandelt. Und der Wandel wird immer schneller, die Herausforderungen immer größer. Ist die Stadt zum Beispiel für Herausforderungen von Unternehmen ausreichend aufgestellt, die Jubiläumsfeiern am Hermann austragen? Frank Hilker: Angesichts dieses aktuellen Beispiels sage ich gerne: Ich möchte mich für eine Multifunktionsarena stark machen. Das ginge natürlich nur mit Sponsoren aus der Wirtschaft. Wir haben gerade am Hermann erlebt, dass es einen Bedarf gibt, doch Detmold hat keinen probaten Ort zu bieten. Eine Arena könnte ein solcher sein. Was tun wir, wenn einer unserer Sportvereine sehr erfolgreich wird und mit vielen Zuschauern zu rechnen ist? Die müssten dann woanders spielen. Es ginge hier nicht. Das sind nur zwei Beispiele. Weitere wären größere Konzerte, Tagungen, sonstige Events ... Man müsste schauen, wo ein günstiger Ort dafür wäre und das Interesse bei örtlichen Firmen wecken, die eine solche Arena ja ebenfalls nutzen könnten. Ich glaube, das wäre ein Pfund, mit dem wir wuchern könnten.

So wie mit dem Areal am Kreativcampus an der Bielefelder Straße. Ist dort schon das Ende der Fahnenstange erreicht?

Frank Hilker : Es ist großartig, was sich dort mit dem Fachbereich für Medienproduktion angesiedelt hat und was aktuell mit dem Kreativ.Institut.OWL neu entsteht. An der Technischen Hochschule OWL läuft nun eine Machbarkeitsstudie für ein &bdquo;Zentrum für digitales Bauen“. Das ist ein sehr spannender Ansatz. Es geht zum Beispiel um das Ausdrucken von Gebäuden, den Einsatz von Baubots oder gemischten Materialien. Stellt man sich vor, welche räumlichen Herausforderungen sich bis 2026 in Detmold für den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz stellen, könnte ich mir glatt vorstellen, dass man dort ein &bdquo;Detmolder Modell“ für OGS-Module entwickeln könnte.

Vielleicht auch Radwege. Der Radverkehr spielt ja eine große Rolle – mit baldigen Maßnahmen ...

Frank Hilker : Ende des Monats ist ein Zukunftstisch zum Radverkehr geplant. Es gibt eine Bürgerbeteiligung, die online sehr gut läuft. Im Frühjahr werden wir sicherlich einen Zeitplan für die Umsetzung von Maßnahmen haben. Falsch aber wäre, dogmatisch an das Thema heranzugehen. Die Detmolder werden uns aufzeigen, wo die Bedarfe sind. Sicherlich aber werden wir die Radwege sichtbarer machen müssen.

Es wird sich ohnehin viel in der Mobilität wandeln ...

Frank Hilker : Das Leitbild Mobiliät in Detmold ist in einem Papier fixiert. Die Frage wird sein, wie es mitgetragen werden wird, wenn es an das Umsetzen von Maßnahmen geht. Dann kommt es zum Schwur. In Detmold liegt ein Teil der Aufgaben. Aber der andere liegt beim Kreis Lippe. Er erarbeitet zurzeit ein Konzept für die Mobilität der Zukunft. Aber wir müssen uns darauf einigen, was das Ziel sein soll. Ist es die Verminderung von CO2-Ausstoß? Dann muss sicherlich Detmold ganz anders in den Fokus geraten, als kleinere Landkommunen. Dort mag ein neuer Radweg ganz entscheidend sein. Wir aber haben 40.000 Pendler täglich. Verringern wir nur 1 Prozent, sind das schon 400 Autos jeden Tag weniger. Insgesamt ist für Detmold ein Verkehrskonzept wichtig. Darin müssen wir auch beleuchten, wie es mit dem Parkplatz am Gericht aussieht, wie sich das neue Parkhaus Lustgarten auswirken wird.

Was ist generell mit dem Verkehr in der Innenstadt?

Frank Hilker : Es geht darum, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessern, denn das wird den Handel und die Gastronomie stärken. Ich habe zum Beispiel in Schwerin erlebt, dass dort morgens ab 10 Uhr die gesamte Innenstadt beruhigt wird. Es werden Poller hochgefahren, und die Menschen sagen: Ja, das ist doch gut, wir wollen doch keine Autos in der Stadt, wenn wir in der Außengastro sitzen? Mit Blick auf den Verkehrsversuch in der Krummen Straße: Im Ergebnis sind ja mehr als 70 Prozent der Meinung, dass es gut ist, sie zu beruhigen. Das ist sicherlich ein Modell, das wir in Zukunft zunächst auch für die Grabbestraße und die Bruchstraße ins Auge fassen könnten. Das Ganze gehört in ein Gesamtkonzept, bei dem man den Mut haben muss, Dinge zu gestalten. Für den ersten Bauabschnitt zur Sanierung der Langen Straße haben wir gerade den Förderbescheid erhalten. Wird an der Langen Straße gebaut, soll das Hornsche Tor abgerissen werden.

Wie sieht es mit dessen Entwicklung als Einzelhandelsstandort aus?

Frank Hilker : Der Abbruch erfolgt definitiv 2023. Wir sind mit mehreren Projektentwicklern im Gespräch, die bereits Anfang September ihre unterschiedlichen Ideen der Politik vorstellen werden. Wie schnell es dann geht, hängt davon ab, ob man sich rasch auf ein Konzept verständigen kann. Klar ist, dass wir nicht mehr an dem festhalten können, was wir am Standort mal wollten. Die Rahmenbedingungen haben sich völlig verändert. Die Baukosten sind sehr gestiegen und auch die Zinsen. Bei einem Investitionsvolumen von zum Beispiel 60 Millionen Euro und 1 Prozent höheren Zinsen wären jährlich schon 600.000 Euro mehr zu kalkulieren. In jedem Fall ist zu verhindern, dass ein solches Objekt dann wieder an Fonds weiterverkauft würde.

Wie steht es mit der Entwicklung der Gewerbegebiete – zieht die Stadt noch etwas im Ärmel wie das Gebiet am alten Betonwerk Sander an der Bielefelder Straße?

Frank Hilker : Das Gewerbegebiet &bdquo;Alte Ziegelei“, wie es heißt, wird das erste rundherum nachhaltige Gewerbegebiet in Lippe. Die Nachfrage ist groß. Es gibt nur noch kleine freie Parzellen, und man kann bereits über eine Erweiterung nachdenken. Außerdem schauen wir, wo es vergleichbare Areale für eine Entwicklung geben könnte – aber auch, wie wir nach dem Vorbild &bdquo;Alte Ziegelei“ bestehende Gewerbegebiete nachhaltig optimieren können, um Raum zu gewinnen. Für die Zukunft müssen sicher auch die Flächen am Peterskamp in eine Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Außerdem hat sich das Modell der Genossenschaft ausgezahlt.

Wie am früheren Britenareal?

Frank Hilker : In jedem Fall. Das Modell haut hin. Alle Wohnungen sind dort vermietet. Die Nachfrage nach Werkswohnungen ist groß. Wichtig ist, auch die soziale Infrastruktur zu stärken. Deswegen wird es einen Quartierskümmerer geben. Auch die bauliche Infrastruktur muss ausgebaut werden – Wege, Grün ... Im Umfeld der neuen Kita werden dafür zum Beispiel nächstes Jahr weitere rund 700.000 Euro investiert.

Dort leben inzwischen auch aus der Ukraine geflüchtete Menschen, viele andere sind privat untergebracht.

Frank Hilker : Aktuell gibt es 1107 Geflüchtete. Das sind übrigens deutlich mehr, als 2015 aus anderen Ländern nach Detmold kamen. Wir setzen auf eine dezentrale Unterbringung und liegen in NRW immer noch an der Spitze, was die Zahlen angeht. Es wird großartige Arbeit geleistet, und der Arbeiter-Samariter Bund bringt seine inzwischen langjährigen Erfahrungen ein. Klar ist aber auch: Es gibt in den Fachbereichen für Soziales sehr viel mehr zu tun. Die Arbeit hat sich verdreifacht. Auch in der Bürgerberatung und im Standesamt fällt deutlich mehr Arbeit an. Das wirkt sich leider auf andere Aufgaben aus, sodass es längere Wartezeiten geben kann oder mal etwas schlechter läuft. Es ist aber mitnichten so, dass wir verwaltungsintern ständig Mitarbeiter als Springer zur Verstärkung verschieben könnten. Die Aufgaben sind sehr komplex.

Und bezahlen muss man es auch – wie ist die Erwartung für den Haushalt 2023 vor dem Hintergrund steigender Kosten in allen Bereichen?

Frank Hilker : Die Kämmerin wird den Haushalt einen Monat später einbringen als üblich, im Oktober. Es gibt aktuell noch sehr viele Unklarheiten. Wir wissen noch nicht, welche Schlüsselzuweisungen wir erwarten können, wie sich die Kreisumlage entwickelt ... Klar ist zumindest: Alles, was an steigenden Kosten auf die Bürger zukommt, trifft auch die Stadt. Hier wird wichtig, dass wir uns der sozialen Verantwortung stellen, denn manche Menschen wird es sehr hart treffen, und die müssen wir auffangen.

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