Nach der Kostenexplosion: Am Freilichtmuseum Detmold geht es aufwärts

Detmold. Bauarbeiter Mirsad Pljakic blickt vom Bauplan auf und nach oben. Auf dem Gerüst über ihm stehen seine Kollegen und flechten die Armierung für den Stahlbeton, im Hintergrund schweben Teile per Kran heran. Ab sofort gibt es auf der Baustelle am Freilichtmuseum nur noch eine Richtung: Es geht in die Höhe.

"Der Hochbau läuft", berichtet Matthias Gundler, Betriebsleiter beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe. Er hat den Überblick über die Arbeiten an dem neuen Eingangs- und Ausstellungsgebäude an der Paderborner Straße, für das im Juni 2022 der symbolische erste Spatenstich erfolgt war. Seitdem wurde reichlich Erde bewegt, eine Spundwand zur Abstützung des Geländes gesetzt und im März schließlich die Bodenplatte gegossen.

Das Ausstellungsgebäude, der sogenannte Open Space, zeichnet sich durch die Sole bereits in seiner Form ab. Hier und da ragt Bewehrung aus dem Betonboden - dort, wo künftig Wände stehen werden. Die Räumaufteilung lässt sich somit schon gut erahnen, ein erster kleiner Rundgang ist möglich. Vom Flur geht es in den eigentlichen Ausstellungsraum, in dem später einmal Exponate und auch Kunst zu sehen sein sollen. Die Innenwände werden aus Lehm bestehen, die Außenwände aus Ökobeton. Nachhaltigkeit wird beim Bau groß geschrieben. Auch beim Boden.

"Sie laufen hier auf Recyclingbeton", sagt Gundler. Dabei handelt es sich ganz praktisch um Gebäude, die abgerissen und geschreddert worden sind. Ob sie einmal in Detmold gestanden haben, ist nicht bekannt, aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen. "Die Firmen holen sich ihr Material in der Regel aus dem näheren Umkreis", erklärt der Betriebsleiter. Und verhehlt nicht, dass bei der restlichen Bilanz teilweise auch Zertifikate für den grünen Stempel helfen.

Stahlstäbe in Handarbeit In südlicher Richtung erhebt sich eine gezackte Wand, besser gesagt die Verschalung dafür. Dort entsteht auch die Treppe, die zwischen den drei Baukörpern des neuen Eingangs- und Ausstellungsgebäudes empor führt. Die Bauarbeiter sind damit beschäftigt, in Handarbeit Stahlstäbe für die Bewehrung einzupassen - und zwar in der vorgegebenen Dicke, damit hinterher die Stabilität stimmt. Erst danach kann der Beton eingefüllt werden.

"Der Ökobeton, der für die Wände verwendet wird, wird nach einer speziellen Rezeptur hergestellt, für die wir eine Sonderzulassung erhalten haben", erklärt Gundler. Neuland zu betreten, bedeutet aber auch Lehrgeld zu bezahlen. So sei der Ökobeton sehr flüssig und müsse lange bewegt werden, bevor er die richtige Konsistenz habe und in die Schalung gegeben werden könne. "Wir lernen gerade den Umgang damit", so der Betriebsleiter.

Einmal um die Ecke läuft gerade eine Besichtigung. Museumsleiterin Dr. Marie Luisa Allemeyer, LWL-Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Parzinger, Architekt Michael Müller und andere Offizielle verschaffen sich einen Eindruck vom Baufortschritt und sehen sich dazu auch einige Musterflächen an. Der Sichtbeton kann an den ersten fertigen Wänden bereits begutachtet werden, und auch eine kleine Lehmwand ist hier exemplarisch aufgestellt worden. Einzelne Schichten zeichnen sich darin ab.

Lehm vor Ort entnommen "Der Lehm wird gestampft, damit er nicht mehr so viel Feuchte verliert und schwindet", sagt Gundler und verweist damit auf den nächsten großen Schritt, der auf der Baustelle ansteht. Im Mai sollen die Arbeiten an den Innenwänden beginnen, bei denen das Naturmaterial zum Einsatz kommt - teilweise sogar aus dem Untergrund am Museum. Dazu wird er zuvor aber aufbereitet, indem er von Schotter befreit, luftgetrocknet und gereinigt wird, bis er schließlich die richtige Konsistenz hat.

Bis zu 8 Meter hoch und 60 Zentimeter dick sollen die tragenden Wände werden - und die Brandschutzanforderungen werden dennoch eingehalten, berichten die Verantwortlichen nicht ohne Stolz. Traditionelle Baumaterialien wie Lehm in dem modernen Eingangs- und Ausstellungsgebäude zu verwenden, passe nicht nur zum Freilichtmuseum, wo viele aus Lehm und Holz errichtete Häuser zu sehen seien. Es trage auch dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung und solle am Ende zu einem guten Raumklima führen.

Etwas oberhalb der Baustelle, auf dem Weg zum jetzigen Museumseingang, ermöglichen Gucklöcher im abgehängten Bauzaun die Sicht auf das Baufeld. Immer wieder bleiben Passanten stehen und wagen einen Blick auf das Geschehen und das sich ständig veränderte Bild des Neubaus, der einmal eine Nutzfläche von 3000 Quadratmetern haben und durch Erdwärme, Photovoltaik und einiges mehr klimaneutral betrieben werden soll. Kein Wunder, ist es doch nicht nur ein Vorzeigeprojekt, das nach Angaben der Planer Vorbildcharakter für nachhaltiges Bauen haben wird, sondern auch das etliche Millionen kostet.

Steigerung von 38 auf 58 Millionen Euro Nach der allgemeinen Kostenexplosion im Bausektor verteuerte sich das Projekt von 38 auf 58 Millionen. "Im Moment liegen wir bei 50 Millionen, einige Gewerke sind aber noch zu vergeben. Bis Ende des Jahres wollen wir Kostensicherheit haben", betont der Betriebsleiter. Ende des Jahres starte der Holzbau, bevor es im Frühjahr 2024 richtig voll werde auf der Baustelle und alle Gewerke beim Endspurt für den Neubau gleichzeitig liefen.

Die Bauarbeiter haben sich an den Containern versammelt und an einer Bierzeltgarnitur Platz genommen: es ist Mittagspause auf der Baustelle. Zeit für ein kleines Pläuschchen, bevor es wieder weitergeht. Verschalungen müssen gesetzt, Stahlgeflechte eingebaut und Wände gegossen werden.

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