So gebeutelt sind Anwohner und Einzelhändler von der Baustelle "Hornsches Tor"

Detmold. Im Treppenhaus von Nummer Sieben ist das Grollen und Rattern von draußen deutlich zu hören. Unten in der Baugrube bringt sich gerade ein Kipper, ein Lkw mit offener Ladefläche, vor einem Berg Schutt in Position. Es knirscht, es dröhnt. Dann staubt es in alle Richtungen, als ein Radlader die kleinen und größeren Steine von seiner Schaufel in die Mulde prasseln lässt. Der Staub kommt so schnell nicht im Treppenhaus von Nummer Sieben an. Der Baulärm dagegen schon. Er ist aber nicht Schuld daran, warum Ronja und Clarissa nun im Begriff sind, in Windeseile ihre Wohnung zu verlassen. Sie seien nur gerade auf dem Sprung. "Ich sehe doch nicht ein, mich von dem Krach aus meiner Wohnung vertreiben zu lassen", sagt Ronja.

Die Studentinnen leben in einer Wohngemeinschaft in dem Haus am oberen Ende der Langen Straße. In dem Gebäude, was direkt an die Galerie "Hornsches Tor" angrenzt. Oder besser: angegrenzt hat. Vom hinteren Teil der vormaligen Einkaufsgalerie ist nämlich kaum mehr etwas übrig. Die Rückwände sind bereits komplett abgerissen, was nun einen Blick ins Innere des Bauwerks offenbart. Knapp Zwei Monate dauern die Abbrucharbeiten auf dem Areal schon an. Und die Anwohner müssen seitdem mit den ratternden Motoren der Baufahrzeuge, dem Krach von zerberstendem Beton und den immer wieder aufsteigenden Staubwolken zurechtkommen.

Wackelnde Wände, klappernde Türen Während Ronja und Clarissa dabei sind, Gepäck in ihr Auto zu laden, bleiben hinter ihnen, an der Baugrube, immer wieder Passanten an dem Zaun stehen und schauen sich das Abriss-Spektakel für einige Minuten geradezu genüsslich an. Dann ziehen sie wieder von dannen. Einen kurzen Eindruck verschaffen, das reicht aber auch. Für Ronja und Clarissa gehört die Szenerie dagegen längst zum Alltag. In letzter Zeit beginnt für sie jeder Tag mit Baggerlärm. "Man wacht jeden Morgen davon auf", sagt Ronja. "Nicht nur von den Geräuschen, sondern auch von den wackelnden Wänden." Jeden Tag gegen acht Uhr in der Früh gehe das los, bestätigt Clarissa. Auch die Regaltüren würden dann ununterbrochen klappern. "Leider nimmt man das jeden Tag wahr, ausblenden kann ich das nicht." Eine weitere Mitbewohnerin halte sich deshalb während der Bauphase sogar bewusst von der Wohnung fern, berichten die beiden.

Beschwerden zur Baustelle, von Anwohnern oder anderen Betroffenen, hat es laut Swen Koppmeier noch nicht gegeben. Koppmeier ist Vorarbeiter auf der Baustelle "Hornsches Tor" und arbeitet beim Abbruchunternehmen Linkamp, das mit den Arbeiten betraut ist. "Wir haben im Vorfeld, gemeinsam mit der Stadt, mit den Leuten gesprochen und ihnen erklärt, was auf sie zukommt. Außerdem achten wir darauf, erst eine Stunde nach Arbeitsbeginn mit den großen Maschinen anzufangen und sie eine Stunde vor Ende wieder abzustellen." Bis zu einem gewissen Punkt seien Lärm und Dreck auf einer Baustelle aber nun einmal nicht zu vermeiden.

Fenster sind mit Laken verhangen Ein Bagger wirft große Steinbrocken in eine grün lackierte Zerkleinerungsmaschine, die die Brocken zu Kies weiterverarbeitet. Es knirscht, es dröhnt. Wieder Staub in alle Richtungen. Aus der Tür von Haus Nummer Sieben tritt ein bärtiger Mann mit kurzer Hose und schwarzem T-Shirt heraus. Wie er sich mit der Baustelle direkt vor seinem Zuhause arrangiert? "Manchmal bebt es in der Wohnung ganz stark. Es ist auch laut, aber für mich noch zu ertragen", sagt der Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Nachmittags arbeite er, daher bekomme er da nicht viel von dem Lärm mit. "Ich hoffe, dass es bald endet. Mit dem Gedanken daran lässt es sich ertragen."

Viele Fenster der Häuser und Wohnungen rund um die Baustelle sind mit Gardinen oder gar Bettlaken verhangen. Kaum eines von ihnen steht offen. Noch bis Mitte Oktober sollen die Arbeiten am hinteren Teil der Galerie andauern. Dann soll die Hornsche Straße vorübergehend zu einer Einbahnstraße gemacht werden und der Abriss des vorderen Bereiches kann beginnen. Gänzlich unbehandelt ist die Gebäudefront aber nicht. Schon jetzt schwirren Bauarbeiter überall um das Gebäude herum und leisten die Vorarbeiten, bevor das schwere Gerät anrückt.

Verkäuferin: Kunden kaum zu verstehen Johanna Hilker und Helene Klassen stehen gerade an der Kasse, als auf der anderen Straßenseite ein Schlagbohrer zu kreischen beginnt. Die beiden Frauen arbeiten im "Stoff-Haus" gegenüber der Galerie "Hornsches Tor". Zwar ist im Moment kein Kunde im Geschäft, ruhige Minuten haben sie aber trotzdem nicht. "An manchen Tagen, wenn besonders viel Betrieb ist, verstehen wir die Kunden fast gar nicht", erzählt Hilker. Neulich erst sei die Fassade an der Frontseite abgerissen worden. "Da flog überall Styropor durch die Gegend", sagt Klassen.

Dennoch hoffen beide, dass bald endlich auch die großen Arbeiten an der Vorderseite beginnen können. "Es soll ja schnell fertig werden." In den nächsten Wochen werde es im Stoff-Haus wahrscheinlich sehr laut zugehen. Aber wenn das so kommt, sagen die beiden Verkäuferinnen, dann machen sie einfach ihre Türen zu. So ist das Grollen und Rattern von draußen womöglich nicht mehr ganz so stark zu hören.

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