In Detmold lehnt sich der Tanz gegen das herrschende System auf

Detmold. Brasilien, das ist Copa Cabana, Fußball, Samba und Sonnenschein. Brasilien ist aber auch ein Land der sozialen Widersprüche, ein Land, das geprägt ist von Aberglauben, Kriminalität, Clan-Strukturen und sozialem Elend. &bdquo;Samba!“, das Tanztheater mit der Ballett-Compagnie des Landestheaters Detmold, hinterfragt die bunten Klischees. Es entsteht das getanzte Porträt eines facettenreichen Landes und einer Gesellschaft, in der die Lebensfreude und der Tanz großgeschrieben werden, trotz zahlreicher sozialer Herausforderungen. Premiere ist am Samstag, 2. März.

Die Idee und das Libretto stammen von Ballettdirektorin Katharina Torwesten. Rio de Janeiro, irgendwann in den 60er Jahren - gerade ist Karneval. Wie jedes Jahr schicken die Samba-Schulen ihre besten Vertreter, um in einem gewaltigen Wettbewerb auszufechten, wer der oder die beste Sambista ist. Doch Samba ist weit mehr als bloß ein grelles Spektakel für Touristen, eine ekstatische Show oder ein erbitterter Wettstreit konkurrierender Schulen.

Erbitterter Wettstreit Das lernt auch die Verliererin des diesjährigen Wettbewerbes, die sich, nachdem sie besiegt wurde, bei ihrer Großmutter ausweinen möchte. Doch stattdessen nimmt diese sie mit auf eine Reise zu den Ursprüngen des Samba und zeigt ihr, wie sich aus ehemals von der Regierung unterdrückten Ritualen, Tänzen und Musikformen das heutige Nationalsymbol Brasiliens entwickelt hat.

Regisseur Mario Martello Panno will mit seiner Inszenierung für die Ballett-Compagnie zeigen, dass Samba mehr ist als ein grelles Spektakel, als fetzige Rhythmen und bunte Kostüme. Samba ist Brasiliens Metapher für Einigkeit, für die Vermischung verschiedener kultureller Traditionen, Musik- und Tanzstile und Denkrichtungen - ein Teil dieser Inszenierung wurde eigens von der brasilianischen Choreografin Tamirys Candido erarbeitet. Es geht hoch her, es wird wild getanzt, die Kostüme wirbeln umher.

Musik und Tanz der Sklaven Samba ist musikalischer Eklektizismus: entstanden aus der Vermischung afroamerikanischer Rhythmen und Musikstile, die die aus Afrika verschleppten Sklaven in die portugiesische Kolonie mitbrachten, mit europäischen. Wohl deshalb wurde er in Brasilien seit dem 20. Jahrhundert zu einer Metapher für Synkretismus, für Vermischung und Vielfalt.

Das möchte auch Mario Martello Panno dem Publikum näherbringen. Er war bis zur letzten Spielzeit am Landestheater als Tänzer angestellt und hatte bei &bdquo;Junge Choreograf“ einen eigenen Beitrag mit zwei Tänzerinnen erarbeitet. &bdquo;Samba!“ ist nun seine erste große Inszenierung mit dem gesamten Ballett-Ensemble. Selbst choreografieren zu dürfen, sagt er, sei generell eine großartige Chance gewesen, sich auszuprobieren.

&bdquo;Ich denke schon, dass es sehr herausfordernd werden wird, einen Abend mit dem kompletten Ensemble zu gestalten, aber ich bin zuversichtlich. Ich habe viel recherchiert und fühle mich gut vorbereitet, denn ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie Tänzer denken, wie sie arbeiten und was sie für Anweisungen wollen und auch brauchen.

Erste große Inszenierung Als Katharina Torwesten ihm vorgeschlagen habe, das Thema &bdquo;Samba“ zu gestalten, sei er sofort interessiert gewesen, aber auch etwas zwiegespalten: &bdquo;Erst wenige Monate zuvor hatte ich beschlossen, das Tanzen aufzugeben und in meine Heimat, nach Italien, zurückzukehren, nachdem ich viele Jahre im Ausland gelebt habe. Ich wollte fortan selbst choreografieren und lehren. Die Vorbereitung zu diesem Projekt hat mir dabei sehrgeholfen.“

Die Zusammenarbeit mit Tamirys Candido kam zustande, weil er und sie viele Jahre zusammen getanzt hätten. &bdquo;Es gibt Momente im Stück, in denen authentischer brasilianischer Samba dargestellt wird. Sie ist Brasilianerin und kann sicherlich mit ihrer Expertise einen tollen und wichtigen Beitrag dazu leisten.“ Samba sei schließlich ein wichtiger Teil der brasilianischen Identität. Aus Brasilien stammt außerdem Felipe dos Santos-Vasques. Er zeichnet für die Kostüme verantwortlich und wird hier seine südamerikanische Expertise einbringen.

Die Premiere findet statt am Samstag, 2. März, um 19.30 Uhr im Großen Haus. Weitere Termine sind am 8., 9., 24. März sowie am 16., 22. und 29. Mai.

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