„Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ feiert Premiere im ausverkauften Landestheater

Detmold. Ein vom Glück verlassener Erfinder macht aus einem ramponierten Rennauto ein magisches Gefährt, das ihn und seine Kinder in ein weit entferntes Land bringt, um den Großvater zu retten. Was hier wie ganz viel &bdquo;Märchen trifft Fantasy“ daher kommt, wurde im Landestheater zu einem unfassbar bunten Musical inszeniert - Premiere war am Sonntagabend. Stehenden Applaus verdienten sich vor allem die beiden Kinder Julie Löwen und Fatima Mhanna.

Ausverkauft und in der Rubrik &bdquo;Familientheater“ mit einem deutlich größerem Anteil von Erwachsenen im Publikum, so begann der Abend im Theater. Dass der mittellose Erfinder Caractacus Potts und seine automatische Haarschneidemaschine oder seine &bdquo;Toot Sweets-Zuckerstangen“, mit denen man auch pfeifen kann, nur der Anfang einer bunten Revue sein würden, ahnten nach zehn Minuten womöglich nur die wenigsten unter den 600 Menschen im weiten Rund.

Neuauflage eines Klassikers Im Mittelpunkt stand fraglos das Rennauto vom Schrottplatz, das ob seiner seltsamen Geräusche liebevoll &bdquo;Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ getauft wurde. Nicht zum ersten Mal. Es gab bereits vor mehr als 50 Jahren einen Film und selbst Schlagersänger Rex Gildo hatte bereits 1969 einen gleichnamigen Song aufgenommen, um mit einem wundersamen Gefährt im Hamburger Hafen rumzufahren.

Was in satten zwei Stunden auf der Bühne zelebriert wurde, war vor allem ein an Kostümen, Bühnen- und Szenenwechseln extrem wechselhaftes Spiel. In den Mittelpunkt katapultierten sich dabei Jeremy und Jemima Potts, die beiden Kinder des Erfinders, die sowohl beim Gesang als auch in den Text lastigen Passagen eine überragende Symbiose von Spielfreude und Routine eingingen.

Für die zwischenzeitlichen Aha-Effekte sorgten allerdings andere Figuren. Der erste Kracher für das Publikum dürfte ein so spontaner wie intensiver Kuss von Truly Scrumptious (Johanna Spantzel) und Caractacus Potts (Benjamin Sommerfeld) am Bühnenrand gewesen sein.

Kinderhasserin im Herzen Satans Parallel entwickeln zu den sympathischen Menschen im Musical auch gleich die &bdquo;Bösewichte“ ihren Rollen perfekt: Kinderhasserin Baronin Bomhurst (Lotte Kortenhaus) sang und spielte sich direkt in die Herzen des Satans und ihr Mann vagabundierte zwischen &bdquo;Vollpfosten“ und grenzdebilem Diktator. Schön auch, dass ein kleiner Mann ganz viel Spielzeug wollte und eine große Frau ganz viel Macht. Alles wie im richtigen Leben.

Dass die verknüpften Inhalte des Musicals ob der temporeichen Szenenwechsel und einem extrem umfangreichen Umbau der Bühnenbilder samt mehreren Dutzend Kostümen, in die alle Beteiligten in rund zwei Stunden schlüpften, bisweilen auf der Strecke blieben, sei verziehen. Einige Rollen ließen übrigens auch eine latente Nähe zu den Matrix-Filmen (Neo muss Zion retten) zu, in Matrix gibt es einen Schlüsselmacher, bei &bdquo;Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ gibt es eine Kinderfängerin und eine Spielzeugmacherin.

&bdquo;Wie man sich Deppen eben vorstellt“ Und zwei Figuren vom Rand des Geschehens sollten nicht ganz in Vergessenheit geraden: Boris und Goran, optisch eher eine Reminiszenz an die Marx-Brothers, vom Intellekt allerdings stark in der Nähe einer Blattpflanze angesiedelt. Sie entführten den falschen Erfinder (Opa Potts statt Sohn Caractacus) und trugen schlecht sitzende Anzüge; ganz wie man sich Deppen eben vorstellt.

Den Rausch der Kostüme bildete kurz vor dem Ende eine riesige Samba-Tanz-Show auf der Bühne - als wäre ein ganzer Staat auf Droge. Und: Gibt es ein inhaltsschwangeres Fazit in diesem Musical? Ja. &bdquo;Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ steht für &bdquo;zusammen“ und den Teamspirit. Alles - um mal in der Gegenwart anzukommen - in einer Gegenwart, die seit Jahren viel stärker auf Selfies und Weltmächte in drei Buchstaben setzt: Ich.

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