Neuer Hof fürs Detmolder Freilichtmuseum? Nur wenn Millionen an Fördergeldern fließen

Detmold. Es ist ein Mammutprojekt, das sich das Freilichtmuseum da auf die Fahne geschrieben hat – und das gleichzeitig dafür sorgen könnte, dass das Museum touristisch noch attraktiver wird: Wenn alles gut geht, könnte ein kompletter Aussiedlerhof aus Brilon nach Detmold umziehen. &bdquo;Das wäre einzigartig“, sagt Museumsleitung Dr. Marie Luisa Allemeyer, die &bdquo;eine super Chance“ wittert. Gäbe es da nicht die eine große Hürde: die Finanzierung.

Der Hintergrund: Die Idee zu einer Erweiterung des Museums hatte Allemeyer schon länger, über einen Wissenschaftler aus Münster entstand schließlich der Kontakt zur Briloner Familie, die namentlich nicht genannt werden möchte. Im Oktober besuchte Allemeyer den Hof von 1958 erstmals. &bdquo;Er ist in einem sehr guten Zustand“, erzählt sie. Immerhin habe die Mutter bis noch vor zwei Jahren dort gelebt, seitdem steht er leer. Weihnachten hatten die drei Kinder dann die Entscheidung getroffen, das Gebäude dem Landesverband Westfalen-Lippe (LWL) zu schenken. Inzwischen hat der einen Grundsatzbeschluss gefasst, dass man damit einverstanden sei, den Hof ins Museum zu holen. &bdquo;Das ist der allererste Schritt.“

Briloner Bauern mussten die Dörfer verlassen Der Hof: Beim Hof handelt es sich um ein 80 Quadratmeter großes Wohnhaus mit zwei Etagen, eine Dreckschleuse sowie einen gut 300 Quadratmeter großen Stall. Dass er überhaupt fürs Museum interessant ist, liegt an seiner Geschichte. &bdquo;Er war Teil eines bundesweiten Pilotprojektes“, erzählt die Museumsleiterin. In Brilon fand nämlich in den 1950er Jahren unter dem späteren Bundeslandwirtschaftsminister Heinrich Lübke ein sogenanntes Flurbereinigungs- und Aussiedlungsverfahren statt – dafür wurden laut Allemeyer sämtliche Ländereien neu verteilt und 37 Bauernhöfe gegründet, von denen heute gut die Hälfte bereits wieder abgerissen ist.

Die Briloner Bauern sollten in dem Zuge beengte Dörfer und Kleinstädte verlassen. Diese Initiative galt später als Vorlage für die gesamte Bundesrepublik. &bdquo;Es ging um die Zukunft der Landwirtschaft.“ Und genau diese Zeit soll nun auch im Freilichtmuseum Einzug halten. &bdquo;Wir dürfen nicht 1900 aufhören, wenn wir den Menschen erklären wollen, warum die Landwirtschaft heute ist, wie sie ist“, sagt Allemeyer. &bdquo;Wir müssen die Geschichte bis heute erzählen.“

Der Umzug: Aber wie kommt der Hof ins Museum? Über die sogenannte Ganzteil-Translozierung, verrät Allemeyer. Heißt: Das Haus wird nicht wie früher komplett abgebaut, sondern in möglichst großen Einzelteilen transportiert. Dabei bleibe viel mehr erhalten. &bdquo;Etwa die Tapeten an den Mauern, der Linoleum-Fußboden oder die Lampen an den Decken“, sagt Allemeyer. Im Prinzip würde das Wohnhaus in drei, die Dreckschleuse in zwei und die Scheune in 10 bis 15 kleinere Teile zerschnitten und dann in Detmold wieder zusammengesetzt.

Als Standort hat sich Allemeyer eine Wiese hinter Paderborner Dorf und Tankstelle ausgeguckt. &bdquo;Für einen Aussiedlerhof brauchen wir die Situation der grünen Wiese. Wenn man dann über die Kuppe zum Paderborner Dorf hochläuft, sieht man rechts das Dorf und links hinten den einzelnen Hof – das ist absolut authentisch.“

Umzug und Transport wird dauern Die Kosten: Ob das Ganze aber tatsächlich klappen wird, ist am Ende eine Kostenfrage. Rund fünf Millionen Euro werden laut erster grober Schätzung für den Umzug wohl fällig werden. Genauer könne man das erst beziffern, wenn die Ausschreibung in gut zwei Wochen gelaufen sei. Fest stand von Anfang an, dass der LWL lediglich zehn Prozent der Summe übernehmen werde. &bdquo;Den Rest müssen wir über Förderprogramme einwerben“, sagt Allemeyer. Das werde die größte Herausforderung. &bdquo;Damit steht und fällt das Ganze.“ Sie rechnet sich allerdings gute Chancen aus und will auch nicht aufgeben, wenn es beim ersten Versuch nicht klappt. &bdquo;Dafür ist das Ganze einfach zu gut – sobald wir das Geld haben, machen wir es. Es ist eine Riesenchance für Detmold.“

Der Zeitplan: Sind die Finanzen geklärt, könnte bestenfalls Ende nächsten Jahres der Auftrag an die Transportfirma vergeben werden. Der Transport wiederum würde etwa ein Jahr dauern. &bdquo;2027 könnten wir dann die Ausstellung gestalten – und 2028 bestenfalls eröffnen.“

Der Effekt: &bdquo;Wir wären das einzige Freilichtmuseum in Deutschland, das diese Stufe der landwirtschaftlichen Entwicklung zeigen würde“, sagt Allemeyer. Denn allein schon aus Platzgründen habe kein anderes Museum die Möglichkeit, den Hof aufzunehmen. Das werde sicher Attraktivität und Besucheraufkommen steigern. Noch viel wichtiger ist Allemeyer aber, immer wieder aktuelle Themen zu spielen und Denkanstöße zu geben. &bdquo;Das ist unsere Kernaufgabe.“

Und gerade mit der Aussiedlerphase als Schlüsselmoment der landwirtschaftlichen Entwicklung könne man sich als Museum in die aktuelle Diskussion um die Zukunft der Landwirtschaft einklinken. Und es wird darüber hinaus noch eine Besonderheit geben: Erstmals dringt man mit einem Hof dann in die Geschichte ein, die die Besucher selbst noch erlebt haben, denkt Allemeyer etwa an die Oma, die ihrem Enkel vor Ort im Museum von ihrer eigenen Zeit auf einem Aussiedlerhof erzählen könnte. Sie brennt auf jeden Fall schon jetzt für das Projekt. &bdquo;Es wird anspruchsvoll, aber auch richtig aufregend.“

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