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LWL will Nachkriegshof aus Brilon ins Freilichtmuseum Detmold holen

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Der Aussiedlerhof aus Brilon soll demnächst ins Detmolder Freilichtmuseum umziehen. - © LWL
Der Aussiedlerhof aus Brilon soll demnächst ins Detmolder Freilichtmuseum umziehen. (© LWL)

Münster/Detmold. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) will einen sogenannten Aussiedlerhof aus Brilon ins LWL-Freilichtmuseum Detmold versetzen. Einst Teil eines bundesweit bedeutsamen Pilotprojektes, soll der Hof zukünftig eine der markantesten Umbruchphasen der deutschen Agrargeschichte für die Besucher im LWL-Freilichtmuseum Detmold erlebbar machen, berichtet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in einer Pressemitteilung. Der LWL-Finanzausschuss habe in der vergangenen Woche in Münster den entsprechenden Baubeschluss über das Projekt mit einem Kostenrahmen von rund 4,9 Millionen Euro befürwortet.

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Das Projekt will der LWL nur umsetzen, wenn er 90 Prozent Zuschüsse bekommt. Bei optimalem Projektverlauf könnte der Aussiedlerhof im Jahr 2028 fertiggestellt werden. "Dieses einzigartige Projekt verschafft dem LWL-Freilichtmuseum Detmold eine Spitzenpositionierung in diesem Themengebiet, denn bisher und auf absehbare Zeit ist kein anderes Freilichtmuseum in der Lage, einen Aussiedlerhof in das Ausstellungsgelände zu übernehmen", wird LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger in der Mitteilung zitiert. "Für die Besuchenden des Freilichtmuseums erhalten wir mit dem Aussiedlerhof ein national bedeutsames Geschichtszeugnis mit spezifischem, westfälischem Ursprung und machen es als Meilenstein einer prägenden Umbruchsphase im Bereich landwirtschaftlicher sowie sozialer und ökonomischer Entwicklungen erstmalig didaktisch zugänglich."

Wendepunkt in der Agrargeschichte

Der Hof solle die Entwicklung der Landwirtschaft in der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik aufzeigen und einen authentischen Einblick in das Leben eines bäuerlich wirtschaftenden Familienbetriebs der 1960er-Jahre ermöglichen. Dabei zeige er nicht nur das Alltagsleben des Zeitschnitts, sondern zugleich einen gesellschaftlichen Wendepunkt mit gezielten sozial- und agrarpolitischen Zukunftsstrategien.

Das einstige Pilotprojekt basierte laut LWL auf dem sogenannten "Lübke-Plan" des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers und späteren Bundespräsidenten Heinrich Lübke, der eine grundlegende Veränderung in der Landwirtschaft initiierte. Zusammen mit dem für die Überführung in das Museum vorgesehenen Hof wurden 37, fast baugleiche Höfe errichtet. Diese sollten die traditionellen und durch feste Dorfstrukturen in ihren Expansionsmöglichkeiten stark eingeschränkten Höfe ablösen.

Die Verlagerung der Höfe aus dem Dorf "auf die grüne Wiese" und die mit allen Traditionen brechende Bauweise ermöglichten den Betrieben die maximale Mechanisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen. Das hielt man für erforderlich, um die landwirtschaftlichen Familienbetriebe ohne zusätzliches Personal wirtschaftsfähig und konkurrenzfähig zu den bereits industriell produzierenden Betrieben in den USA und der DDR zu machen.

Gebäude ist sehr gut erhalten

Als neuen Standort haben die Verantwortlichen des Freilichtmuseums eine Wiese hinter dem Paderborner Dorf und der Tankstelle vorgesehen. „Der Aussiedlerhof wird im Museum ein zweites Mal zum Modellprojekt, indem er die Veränderungen in der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg darstellt“, schreibt der LWL weiter. Der Hof verbinde die Geschichte der Landwirtschaft in Vorkriegszeiten mit den rasanten Veränderungsprozessen ab den 1950er-Jahren.

"Mit dem Blick auf die jüngere Zeitgeschichte trägt der Hof dazu bei, die Entwicklungen in der Landwirtschaft, die den ländlichen Alltag bis heute prägen, anschaulich einzuordnen und zu verstehen“, heißt es von Rüschoff-Parzinger. Die Raum- und Funktionsstruktur des 1958 fertiggestellten Hofes ist mit den Teilen "Kopf" (Wohnhaus), "Hals" (Verbindungsgebäude/Milchküche) und "Rumpf" (Stall und Scheune) ebenso erhalten wie die darin enthaltenen technischen Einrichtungsdetails und das originale Wohninterieur. Aufgrund dieses außergewöhnlichen Erhaltungszustandes und der Qualität der Ausstattung soll der Aussiedlerhof im Zuge der Versetzung, einer sogenannten Translozierung, aufgenommen und als eigene Baugruppe im Detmolder Freilichtmuseum wieder aufgestellt werden.

Durch das Verfahren der Ganzteiltranslozierung, bei der die Gebäude in wenige große Teile zerlegt und dann am Stück ins Museum gebracht werden, ist der maximale Erhalt der historischen Bausubstanz und damit die größtmögliche Authentizität des Exponats gewährleistet. Rüschoff-Parzinger: „Als erstes deutsches Freilichtmuseum wäre das LWL-Freilichtmuseum Detmold mit dem Aussiedlerhof in der Lage, den Entwicklungsschritt von der vorindustriellen hin zur modernen Landwirtschaft in Westdeutschland abzubilden und dadurch Anregungen zur Befassung mit dieser, unsere heutige Gesellschaft stark prägenden Weichenstellung zu geben.“

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