Hochwasserdamm Hornoldendorf: Warum der Nabu Lippe gegen die Pläne vor Gericht zieht

Detmold-Hornoldendorf. Marlies Weber und Bernd Milde sind schockiert, und sie sind wütend. Sie stehen vielleicht 200 Meter den Weg an der Bushaltestelle in Hornoldendorf ’rein am Feldrand, zeigen auf den alten Baumbestand: &bdquo;Das würde hier alles unter Wasser stehen, wird das ein Regenrückhaltebecken“, sagt Bernd Milde, Vorsitzender des Naturschutzbundes Lippe. Doch der Nabu hat die Fassungslosigkeit in Energie umgewandelt und Klage eingereicht. Das Oberverwaltungsgericht Münster wird entscheiden müssen, ob die Baugenehmigung der Bezirksregierung Detmold für den seit Jahrzehnten geplanten Damm samt neuer Kreisstraße als Ortsumgehung obendrauf für Hornoldendorf rechtmäßig ist. Der Nabu ist überzeugt: Ist sie nicht.

Die Klage hatte - wie berichtet - im Raum gestanden , nachdem die Bezirksregierung Anfang Februar grünes Licht gegeben und das jahrzehntelange Planverfahren beendet hatte. Der bis zu zwölf Meter hohe, 75 Meter breite und rund 600 Meter lange Damm soll zwischen Hornoldendorf und Fromhausen gebaut werden und bei einem hundertjährigen Hochwasser eine Fläche von 18 Hektar überstauen können. &bdquo;Nur 180 Meter davon sind überhaupt als Hochwasserschutzdamm konzipiert“, kritisiert Milde und betont, keinesfalls gegen Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser zu sein, und auch nicht dagegen, den Durchgangsverkehr aus dem Ort zu halten. Allerdings sei das geplante Bauwerk vollkommen überdimensioniert, auch angesichts leerer öffentlicher Kassen nicht mehr zeitgemäß (erste Ideen stammen aus den Sechzigerjahren), der Eingriff in das Naturschutzgebiet massiv . Zumal für die Wiembecke laut Wasser-Rahmenrichtlinie ein Verbesserungsge- und Verschlechterungsverbot gelte.

Marlies Weber und Bernd Milde verweisen auf wertvollste Biotopflächen, dort lebten zwölf Fledermaus- und 57 Vogelarten. Alle Ufergehölze kämen weg, die Karstquelle würde bei Hochwasser überflutet. &bdquo;Der Damm zerstört Brutstandorte, Nahrungshabitate und Fledermausquartiere, er zerschneidet Flugrouten und zerstört bei einem Einstau wichtige Nahrungsgrundlagen für Insekten.“ Marlies Weber kritisiert, dass der Bauherr Werre-Wasserverband Alternativen gar nicht richtig untersucht habe, etwa kleinere Rückhaltebecken im Oberlauf der Wiembecke zwischen Horn und Hornoldendorf oder Mäander-Flächen für den Bach zu schaffen.

&bdquo;Gelungene Renaturierungen werden nicht bedacht“ Es gebe mehr als nur ein &bdquo;alles oder nichts“, sagt Milde. Ein drei Meter hoher Damm wäre beispielsweise denkbar. Dass die Kombi-Planung Damm/Straße gesetzt sei, sei ein Fehler. Beispielsweise durch eine zweite Brücke über die Wiembecke für mehr Fußgänger-Sicherheit im Dorf zu sorgen sei ja möglich. Milde ergänzt: In den vergangenen Jahren geschaffene und gelungene Renaturierungen wie an der Berlebecke in Heiligenkirchen , am Kuhkamp im Detmolder Stadtkern oder auch an der Bega in Lemgo blieben unbeachtet: &bdquo;Dabei haben all diese vorbildlichen Maßnahmen ja große Auswirkungen auf den Hochwasserschutz in Lippe, das muss man im Zusammenhang sehen.“ Auch das Hornoldendorfer Bauwerk solle ja den Zufluss in die Werre steuern.

Die Wiembecke soll den Plänen zufolge in ein neues Bett verlegt werden und später durch eine 7,5 Meter breite Lücke in einer 70 Meter breiten Rinne durch den Damm fließen. Bachsubstrate anzulagern sei aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeit dort nicht möglich. &bdquo;Die gewässertypische Struktur und die Durchlässigkeit für wandernde Tierarten wird stark beeinträchtigt“, sagt Milde. &bdquo;Das funktioniert gar nicht“, ist Marlies Weber überzeugt. Hase, Reh und Wildschwein würden niemals den Weg durch diese Siebeneinhalb-Meter-Lücke wählen.

&bdquo;Es wird häufiger Hochwasser geben“ Milde führt weitere Aspekte an: Der Verkehrslärm würde lauter, das Naherholungsgebiet beeinträchtigt, das Landschaftsbild völlig überformt und zerschnitten. &bdquo;Dieses uralte Planungsmonstrum muss gestoppt werden - zumal auch die Grundannahmen nicht mehr stimmen. Von wegen 100-jähriges Ereignis: Wir haben heute, wie wir wissen, viel häufiger Hochwasser und Starkregen und müssen auf viele kleine Maßnahmen setzen. Diese Dynamik wird weiter zunehmen.“

Der Nabu hatte sich in der Vergangenheit oft gemeinsam mit dem BUND oder auch dem Lippischen Heimatbund gegen den Damm ausgesprochen und weiß die beiden Organisationen hinter sich. Nach einer Prüfung des 331 Seiten umfassenden Planfeststellungsbescheides durch eine Rechtsanwaltskanzlei habe sich der Nabu-Landesverband in Abstimmung mit dem Nabu Lippe für den Klageweg entschlossen. &bdquo;Und unsere Aussichten sind gut.“

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