Abgetrennt: Betrugsprozess gegen ehemalige Kanzlei-Mitarbeiterin könnte bald vorbei sein

Detmold. Sie wirkt angeschlagen, als wolle sie sich am liebsten auf der Anklagebank in Luft auflösen. Es ist das erste Mal, dass die 31-jährige Rechtsanwaltsfachangestellte sich ohne ihre ehemalige Kanzlei-Chefin vor der großen Wirtschaftsstrafkammer verantwortet. Das Ende des Verfahrens rückt trotz des nur wenige Minuten andauernden Prozesstages in greifbare Nähe.

Dass der seit einem halben Jahr andauernde Prozess wegen gewerbsmäßiger Untreue und Betrug an den Nerven der zierlichen Frau zehrt, ist der Angeklagten deutlich anzusehen. Nach mehr als zehn gemeinsam verhandelten Prozesstagen hatte die Kammer vor Kurzem die beiden Verfahren voneinander getrennt. Sonst hätte sich der Zeitplan krankheitsbedingt weiter verzögert.

Am nun ebenfalls 13. Verhandlungstag gegen die ehemalige Kanzlei-Mitarbeiterin deutet die Vorsitzende Richterin Katharina Schikowski an, das Beweisprogramm Ende April beenden zu wollen. Damit könnte am nächsten Prozesstag ein Urteil fallen, wenn alles nach Plan läuft.

Um ein wenig Beweisprogramm trotz des rein fristenwahrenden Springertermins abzuarbeiten, führt die Kammer am Dienstagmorgen einige Kontoauszüge und einen Stundenzettel ein. Zur eigenen Person soll die 31-jährige Angeklagte erst beim nächsten Mal Angaben machen, Verteidiger Bahattin Koyun möchte seiner angeschlagenen Mandantin zu diesem Zeitpunkt keinen Redebeitrag zumuten.

Die von der Vorsitzenden verlesenen Kontoauszüge gehören einem angeklagten Themenkomplex an, in dem die ehemalige Kanzlei-Mitarbeiterin mittels Minijob Geld von einem betreuten Senior bezogen haben soll, ohne dafür aus Sicht der Staatsanwaltschaft etwas getan zu haben. Den Job hatte die Angeklagte dem Vorwurf nach über ihre vorrangig als gesetzliche Betreuerin tätig gewesene und selbst angeklagte Chefin bekommen.

Minijob auf Kosten eines pflegebedürftigen Seniors? Oberstaatsanwalt Christopher Imig geht davon aus, dass die damalige Kanzlei-Mitarbeiterin das Gehalt von insgesamt rund 6050 Euro zu Unrecht kassiert hatte, da der Senior vollstationär im Pflegeheim versorgt worden sei und demnach keine weiteren unterstützenden Angebote gebraucht hätte. Rund 2000 Euro soll die Angeklagte wieder zurückgezahlt haben.

Während auf dem Stundenzettel über einen längeren Zeitraum zweimal wöchentlich Besuche von mehreren Stunden ausgefüllt und von der angeklagten Rechtsanwaltsfachangestellten abgezeichnet wurden, soll das Personal im Pflegeheim die Angeklagte jedoch kaum zu Gesicht bekommen haben.

In einer per Handy versendeten Nachricht an eine Bekannte scheint die damalige Kanzlei-Mitarbeiterin offenbar den Job angepriesen zu haben. Sie schreibt darin, Besuchsdienste von ein bis zwei Stunden brächten etwa 200 Euro, sie müsse sich unterhalten und spazieren gehen. Die Nachricht endet mit: &bdquo;Ab und zu ist es unangenehm, aber es geht.“

Der Prozess gegen die Rechtsanwaltsfachangestellte wird am 29. April fortgesetzt. Das Verfahren gegen die angeklagte Anwältin geht am 7. April weiter, der Termin davor wurde aufgehoben.

Abgetrennt: Betrugsprozess gegen ehemalige Kanzlei-Mitarbeiterin könnte bald vorbei sein

Detmolder Anwältin vor Gericht: Weshalb es in Saal 165 wieder brodelt

Kanzlei-Mitarbeiterin vor Gericht: Angeklagte Detmolderin verstärkt Verteidigung

Kanzlei-Mitarbeiterin aus Detmold vor Gericht: Zustand der Wohnung bleibt im Fokus

Detmolder Anwältin und Angestellte vor Gericht: Zusammenbruch führt zum Prozessabbruch

Kanzlei-Mitarbeiterin vor Gericht: Weshalb Tränen fließen und ein Verteidiger raus ist

Urteil gefallen: Gericht hält Kanzlei-Mitarbeiterin aus Detmold für schuldig

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus