Detmolder Anwältin: Wie ein 30-Jähriger um sein Erbe gebracht werden sollte

Detmold. Es ist ein komplexer Fall um eine Detmolder Anwältin (58), die sich als Betreuerin das Geld ihrer Anvertrauten angeeignet haben soll. Am 15. Prozesstag sagte am Montag unter anderem ein 30-jähriger Mann aus, den die Anwältin laut Anklage um sein Erbe bringen wollten - in Höhe von rund 700.000 Euro .

Kurz vor dem Tod der dementen Seniorin im April 2021 soll die Angeklagte ein Testament aufgesetzt haben, um den rechtmäßigen Erben zu übergehen, wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor. Der wiederum - kein naher Verwandter - kannte die Seniorin von klein auf, habe ihr geholfen, Dinge für sie erledigt, sie etwa einmal die Woche besucht, seit er etwa 16 oder 17 Jahre alt war, sagt er vor Gericht aus. &bdquo;Als ich 18 geworden bin, hat sie mir einen Briefumschlag gegeben, den ich erst nach ihrem Tod öffnen sollte.“ Und daran habe er sich gehalten - auch wenn er sich gedacht habe, dass es vielleicht um ein Erbe gehen könnte. Es war, wie sich herausstellte, ihr Testament, in dem sie den 30-Jährigen als Erben einsetze.

Ein paar Tage, bevor die alte Dame ins Krankenhaus und anschließend ins Heim gekommen sei, sei er noch bei ihr gewesen, im Krankenhaus habe er mit ihr telefoniert. Doch in welches Heim sie gekommen sei, habe man ihm nicht verraten. Er habe dann einige Heime abtelefoniert, irgendwann habe er in der Kanzlei der Angeklagten angerufen. Mehrfach habe er mit der Bitte dort angerufen, doch die Telefonnummer der Seniorin zu bekommen - vergeblich. Schließlich habe er erfahren, dass sie verstorben sei.

Treff vor dem Nachlassgericht Als er das Testament bei Gericht einreichte, sagte man ihm, es gebe bereits eines. Daraufhin habe er sich einen Anwalt gesucht. Die Angeklagte, die die Begünstigte dieses anderen Testaments war, habe ihm dann das Angebot gemacht, ihren Erbschaftsanspruch zurückzuziehen, wenn sie von ihm 30 Prozent des Erbes erhalte, das würde sonst noch lange dauern, bis er vom Erbe etwas sehe, habe sie gesagt. Sein Anwalt habe ihm davon abgeraten, doch schließlich habe er ihr ein Angebot von zehn Prozent unterbreitet, auf das die Angeklagte sofort angesprungen sei. Das Geld habe sie sofort haben wollen, das lehnten der Angeklagte und sein Anwalt aber bis zur vollständigen Erbauszahlung ab.

Wegen des Testaments hatten sich die Angeklagte und der Zeuge bereits vor dem Nachlassgericht getroffen. Der damalige Richter Michael Wölfinger, Direktor des Amtsgerichtes, hatte bereits im Verfahren ausgesagt und von seinen Zweifeln an der Echtheit des Testaments zugunsten der Anwältin berichtet. Zudem sei die alte Dame wegen ihrer starken Demenz zu dem Zeitpunkt nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Im weiteren Verlauf hatte die Angeklagte ihren Erbscheinantrag zurückgezogen.

Die Angeklagte habe zudem ein Sparbuch der Seniorin auf sich umschreiben, ein Konto der Seniorin leer geräumt und löschen lassen. Die Verstorbene habe einen Tresor gehabt, &bdquo;darin hatte sie ihre Wertsachen, viel Schmuck, Uhren, kleine Goldbarren“, sagt der 30-Jährige. Der Tresor, so habe die Angeklagte ihm gesagt, sei offen gewesen, die Sachen daraus habe sie mitgenommen und ihm später übergeben. Doch viele Schmuckkästchen seien leer gewesen, auch einige Uhren und die Goldbarren hätten gefehlt.

Der Prozess wird am Donnerstag, 10. April, fortgesetzt.

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