Detmolder Anwältin: Weshalb ein Richter die Echtheit eines Testamentes anzweifelte

Detmold. Wieder ist die Anklagebank um einen Platz leerer geworden. An Prozesstag 13 sind alle Augen nur noch auf die vorrangig als gesetzliche Betreuerin tätig gewesene Juristin gerichtet, die sich seit Mitte November wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Untreue vor dem Landgericht Detmold verantworten muss.

Weil ihre mitangeklagte Kanzlei-Mitarbeiterin erkrankt ist, hat die Wirtschaftskammer unter dem Vorsitz von Richterin Katharina Schikowski die beiden Verfahren zunächst abgetrennt. Der Zeitplan sei eh schon im Verzug, man wolle keinen weiteren Prozesstag verlieren, heißt es dazu vom Gericht.

Im Sitzungssaal 165 geht es am Mittwochmorgen erneut mit einem entscheidenden Tatkomplex weiter. Oberstaatsanwalt Christopher Imig wirft der angeklagten Detmolderin (58) in diesem Punkt vor, ihr Amt als Betreuerin missbraucht und versucht zu haben, sich das Erbe einer dementen Seniorin von rund 700.000 Euro zu erschleichen.

Kurz vor deren Tod im April 2021 soll die Angeklagte zum Jahresbeginn ein Testament aufgesetzt haben, um den rechtmäßigen Erben zu übergehen. Der Fall beschäftigte damals schon das Nachlassgericht, weil plötzlich zwei Erbscheine auftauchten. Als Zeuge ist daher Richter Michael Wölfinger, Direktor des Amtsgerichtes in Detmold geladen, bei dem der Vorgang damals auf dem Tisch landete.

Richter zweifelte Echtheit des Testaments an Während der Richter den Fall aus seinen Erinnerungen schildert, schottet die angeklagte Juristin ihr Gesicht vor den Blicken ab. Sie wirkt angespannt. &bdquo;Vieles sprach dafür, dass das Testament unwirksam war“, erklärt Wölfinger. Es habe zudem Zweifel gegeben, dass das Testament zugunsten der Anwältin vollständig von der betroffenen Seniorin selbst ausgefüllt worden sei.

Dafür schaut sich der Zeuge das Original mit den Prozessbeteiligten an der Richterbank an. &bdquo;Man sieht es deutlich am Schriftbild: Hier haben wir die krakelige Schrift und hier wirkt sie dagegen geschwungen“, erklärt er. &bdquo;Für mich war klar, dass das nicht dieselbe Handschrift sein konnte.“ Darüber hinaus habe ein im Betreuungsverfahren erstelltes Gutachten belegt, dass die Seniorin wegen ihrer starken Demenz an diesem Tag im Januar gar nicht mehr geschäftsfähig gewesen sein konnte.

Das erste Testament stammt dagegen aus dem Jahr 2004 und begünstigt einen heute erwachsenen Mann, der für die verstorbene Detmolderin wie ein Enkel gewesen sein soll. Auch er ist eigentlich als Zeuge geladen, taucht aber nicht auf und gibt der Vorsitzenden telefonisch durch, die Ladung nicht erhalten zu haben. Seine Aussage soll nachgeholt werden.

Wollte Anwältin ein Erbe erschleichen? Der Amtsgerichtsdirektor erinnert sich noch lebhaft an den ersten Termin mit den beiden Parteien. &bdquo;Die Angeklagte gab sich damals kämpferisch und versuchte, Zweifel am anderen Erben zu sähen“, sagt der als Zeuge geladene Richter. Dabei soll die Juristin dem jungen Mann sinngemäß vorgeworfen haben, ein Erbschleicher zu sein und nach Kalkül zu agieren.

Ihm sei damals allerdings klar gewesen, so erklärt es Wölfinger vor Gericht, dass dieses zweite Testament ungültig gewesen sein muss. Im weiteren Verlauf zog die angeklagte Anwältin ihren Erbscheinantrag dann wieder zurück. Wölfinger: &bdquo;Das war eine überraschende Wendung.“

Überraschend ist an diesem Prozesstag auch der kurze Auftritt einer Zeugin, die angeblich für die ebenfalls angeklagte Kanzlei-Mitarbeiterin vertretungsweise Senioren betreut haben soll. Die Staatsanwaltschaft Detmold geht davon aus, dass diese Leistungen gar nicht erbracht wurden. Da gegen die Freundin inzwischen selbst ermittelt wird, macht die Frau vor Gericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Als Letztes sagt eine ehemalige Rechtsanwaltsfachangestellte aus der Kanzlei der angeklagten Anwältin aus. Sie beschreibt die allgemeinen Vorgänge und berichtet, dass etwa 50 Sparbücher der betreuten Personen im Büro der Chefin gelagert und protokolliert wurden. Ob sie auch mal auf ein Sparbuch gestoßen sei, dass nicht in der Liste aufgeführt gewesen wäre, will Oberstaatsanwalt Christopher Imig wissen.

Die Zeugin kann sich nur an ein Exemplar erinnern, aber das sei längst nicht mehr aktiv gewesen. Die Ermittler gehen dagegen davon aus, dass manche Sparbücher bewusst zurückgehalten worden sein sollen. Um einen Fall soll es am nächsten Prozesstag gehen.

Der Prozess wird am 27. März fortgesetzt.

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