Anwältin vor Gericht: Weshalb sich ein Senior aus Lage um viel Geld betrogen fühlt

Detmold. Dort vor der Richterbank wirkt der ältere Mann im Rollstuhl sehr gebrechlich. Dennoch zieht der 82-Jährige seine Aussage von zwei Stunden durch und beantwortet die vielen Detailfragen der Prozessbeteiligten. Eine Pause verlangt er nicht, er scheint die Sache hinter sich bringen zu wollen.

Zu oft hat sich der Zeuge über die vor ihm auf der Anklagebank sitzende Anwältin geärgert, die ihn dazu gedrängt haben soll, sie ins Testament aufzunehmen. Den Emotionen macht er zwischendurch Luft. Sein Anwalt Johannes Salmen aus Lage hilft ihm an wenigen Stellen, den Fokus zu halten. &bdquo;Meine Frau war dement, ich war mit den Schriftstücken überfordert“, erklärt der Mann. &bdquo;Ich hatte großes Vertrauen in die Anwältin und habe alles blind unterschrieben.“ Was das im Einzelnen bedeutete, habe er nicht gewusst.

Mitangeklagte steht mal wieder im Fokus Am zwölften Prozesstag rund um das Betrugsverfahren gegen eine jahrelang überwiegend als gesetzliche Betreuerin tätige Detmolder Anwältin versucht die Wirtschaftskammer des Landgerichts Detmold, einen weiteren Tatkomplex zu durchleuchten. Dabei soll die Juristin mit einer Vorsorgevollmacht hantiert haben. Die Angeklagte selbst wirkt abgekämpft. Gedankenverloren verpasst sie den Moment, kurz aufzustehen, als die Kammer den Prozesstag eröffnet.

Der Fokus liegt aber ausnahmsweise nicht nur auf der Juristin. Nach etlichen Verhandlungstagen spielt auch die mitangeklagte Kanzleimitarbeiterin wieder eine Nebenrolle. Die Detmolderin soll Geld von der Pflegekasse des Seniors kassiert haben, obwohl sie dafür nichts getan habe. Das wirft ihr die Staatsanwaltschaft Detmold vor.

Der als Zeuge geladene Betroffene sagt aus, die ehemalige Kanzleimitarbeiterin habe ihm gelegentlich Gesellschaft geleistet und Kuchen vorbeigebracht. Von Hilfe im Haushalt oder beim Einkaufen ist nicht die Rede. Auch Bratkartoffeln habe die 31-Jährige ihm nicht gemacht, danach fragt ihr Verteidiger Bahattin Koyun explizit. &bdquo;Nein. Die mache ich selbst am besten“, antwortet der Senior.

Besonders irritiert ist der Lagenser aber darüber, wo sein Geld geblieben ist. Die angeklagte Anwältin soll seine EC-Karte zwischenzeitlich gehabt und ihm einmal 500 Euro in bar gebracht haben. Zwischen Dezember 2021 und April 2022 sind auf seinem Konto allerdings etliche Beträge zwischen 700 und 1000 Euro an einem Geldautomaten in Heiligenkirchen abgehoben worden. &bdquo;Plötzlich fehlten 19.000 Euro von meinem Konto“, sagt er.

Hat Angeklagte Druck ausgeübt? Er selbst habe dieses Geld nie bekommen. &bdquo;Sie hat mir ja auch nie Kontoauszüge vorbeigebracht, ich hatte gar keinen Überblick.“ Die Juristin hatte zunächst im Oktober 2019 die Vormundschaft seiner dementen und inzwischen verstorbenen Frau übernommen, als sich der Senior nicht mehr selbst hatte kümmern können. Später habe die Angeklagte seiner Aussage nach Druck auf das Paar ausgeübt.

&bdquo;Sie hat mich immer genervt mit der Erbschaft. Wenn da gar niemand gewesen ist, hätte Vater Staat das Haus bekommen. Dann sollte es doch lieber sie kriegen.“ Das handschriftliche Testament, in dem auch die angeklagte Rechtsanwältin als Erbin auftaucht, hält die Vorsitzende Richterin Katharina Schikowski dem Zeugen vor. Genauso wie das blanko unterschriebene Formular einer Lebensversicherung, das mutmaßlich dazu dienen sollte, den Geldbetrag auf jemand anderen umzuschreiben.

Auf einer Quittung steht, der Senior habe rund 12.500 Euro in bar erhalten. &bdquo;Als die Kriminalpolizei mir das gesagt hat, bin ich fast vom Hocker gefallen. An so etwas erinnert man sich doch!“ Er selbst habe nie so viel Bargeld im Haus gehabt. Nach ihm sagen vier weitere Zeugen aus, eine weitere fehlt unentschuldigt.

Der Prozess wird am 26. März fortgesetzt.

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