Tote Schlangen, kranke Schildkröten – Detmolder Labor untersucht Reptilienkrankheiten

Detmold. Ob Krokodile, Schlangen, Pfeilgiftfrösche, Schildkröten oder Echsen – wenn Reptilien oder Amphibien krank werden oder sterben, geht das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt OWL (CVUA) in Detmold der Ursache auf den Grund. Dort werden Tierkörper sowie Tupfer-, Kot- und Blutproben untersucht, um Krankheiten zu erkennen oder Todesursachen zu klären. In diesem Jahr feiert das CVUA sein 100-jähriges Bestehen.

&bdquo;Meistens sind bakterielle oder parasitische Infektionen die Ursache – manchmal aber auch Haltungsfehler oder Verletzungen, etwa wenn ein Tier von einem anderen gebissen wurde“, sagt Dr. Silvia Blahak vom CVUA. Die Tiere oder Proben würden vor allem von Privatpersonen, Reptilienauffangstationen oder Zoos eingesendet – aber auch vom Veterinäramt, wenn es sich um einen Tierschutzfall handelt.

Vorsorge vor dem Verkauf Ein großer Teil der Arbeit bestehe darin, Viruserkrankungen bei Schlangen, Schildkröten und Echsen nachzuweisen. &bdquo;Eine Schlange kann sich bei einer anderen mit einem Virus anstecken. Oft wirken sie gesund, sind aber dennoch Virusträger“, erklärt Blahak.

Dass Erkrankungen bereits bei lebenden Reptilien oder Amphibien erkannt werden, ist besonders wichtig für die Tiere, mit denen sie zusammenleben – denn nur so können Halter rechtzeitig notwendige Maßnahmen ergreifen. Auch als Vorsorge, etwa vor dem Verkauf eines Tieres, ist eine Untersuchung auf Viren oder Parasiten sinnvoll, damit das Tier keine Krankheit in sein neues Zuhause einschleppt. Und die Expertin gibt Entwarnung: Aufgrund der unterschiedlichen Körpertemperatur von Reptilien und Menschen sind Reptilienviren nicht auf den Menschen übertragbar.

Proben aus ganz Deutschland Dr. Silvia Blahak arbeitet eng mit Tierärzten zusammen. Aus ganz Deutschland schicken sie Tiere oder Proben nach Detmold, um Krankheitsursachen feststellen zu lassen. Warum gerade nach Detmold? &bdquo;Ich beschäftige mich jetzt seit mehr als 30 Jahren mit Reptilienkrankheiten und habe auch Kontakte zu Institutionen im Ausland geknüpft“, erklärt die Expertin. So erhalte sie zum Beispiel auch Tupferproben von Tieren aus Schweden, Italien oder Frankreich.

In Deutschland gibt es neben dem CVUA in Detmold nur ein weiteres Labor, das Reptilien und Amphibien untersucht. Dabei ist die Arbeit besonders relevant für den Tier- und Artenschutz: Untersucht werden etwa europäische Landschildkröten, verschiedene Riesenschlangen wie zum Beispiel Madagaskarboas – allesamt geschützte Arten.

Schildkröten bekommen Herpes Insgesamt analysiert das Team des CVUA jedes Jahr mehrere Hundert Tupfer- und Blutproben. Ein häufiges Thema sei dabei das Herpesvirus von Schildkröten. &bdquo;Sie können genauso wie Menschen Herpes bekommen“, sagt Blahak. &bdquo;Und ebenso wie beim Menschen kommt es auch hier zu einer dauerhaften latenten Infektion.“ Auch wenn das Virus nach außen hin verschwunden scheint – ganz los wird die Schildkröte es also nicht. Bricht das Immunsystem ein, kann das Virus zurückkehren. &bdquo; Damit ist eine solche infizierte, unauffällige Schildkröte eine tickenden Zeitbombe. Es kann immer wieder zum Ausbruch kommen.“

Deshalb untersucht das CVUA die eingesandten Blutproben von Schildkröten unter anderem auf Antikörper gegen das Herpesvirus. So lässt sich feststellen, ob das Tier bereits mit dem Erreger in Kontakt war – auch wenn es aktuell keine Krankheitssymptome zeigt.

Zeitgleich mit den USA Bei Schlangen wie Königs- oder Baumpythons ist das Serpentovirus eine häufige Ursache für Erkrankungen. Das Virus, das mit den Coronaviren verwandt ist, kann schwere Lungen- oder Maulentzündungen auslösen und im schlimmsten Fall zum Tod der Schlange führen.

Ständig tauchen neue Viren auf und machen eine gezielte Diagnostik wichtiger denn je. &bdquo;Das Serpentovirus konnten wir 2014 erstmals in Deutschland nachweisen – zeitgleich mit den USA“, sagt Blahak. Die Herausforderung bei neuen Krankheitserregern sei, dass man sie zunächst überhaupt erkennen müsse.

Pythons, Boas oder Kornnattern Dabei komme eine sogenannte Metagenom-Analyse zum Einsatz: Dann wird das gesamte genetische Material einer Probe untersucht, um unbekannte Erreger zu identifizieren. Anschließend könne mithilfe gezielter PCR-Tests der Nachweis erfolgen. So habe das CVUA mit Unterstützung des Friedrich-Löffler-Institutes, einem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, auch das Serpentovirus entdecken können.

Am häufigsten untersucht das Team des CVUA Proben von Königspythons, Boas oder Kornnattern. Besonders bei Kornnattern sind Erkrankungen durch ein Adenovirus (ein Virus, das vor allem Atemwege und Verdauungssystem angreift), Lungenentzündung oder Magen-Darm-Infektionen weit verbreitet.

Gefährliche Parasiten &bdquo;In einigen Fällen entdecken wir bei Reptilien oder Amphibien auch Parasiten“, sagt Blahak. Unter anderem im Freiland gehaltene Schildkröten könnten sich mit Parasiten infizieren. Gleiches gilt für Wildfänge, die aus ihrem Herkunftsgebiet mit entsprechenden Erregern kommen. Insgesamt seien solche Fälle aber eher selten.

Ein Problem seien Viren oder Parasiten, die nicht bei allen Tieren zu Krankheitssymptomen führen. Das gelte zum Beispiel für Bartagamen, eine Echsenart. Leidet ein Jungtier etwa unter Kokzidien (Darmparasiten), kann es sich nur eingeschränkt entwickeln und anfälliger für weitere Erkrankungen werden. Erwachsene Tiere hingegen zeigen häufig keine Symptome mehr, obwohl sie den Erreger weiterhin in sich tragen. Ansteckend bleibt die Krankheit trotzdem und ist deshalb vor allem für Jungtiere gefährlich.

Unterscheiden sich stark vom Menschen Neben diesen Viruserkrankungen und Parasiten treten bei Schlangen auch andere Gesundheitsprobleme auf, etwa Legenot oder durch Bakterien bedingte Erkrankungen, die eine Behandlung erfordern. Für diese Behandlung sind dann meist Tierärzte zuständig – nicht das CVUA. Blahak selbst arbeitet nebenbei in einer Reptilien- und Amphibienpraxis.

&bdquo;Das ist ein Bereich, der noch immer relativ wenig Beachtung findet, auch wenn es mittlerweile mehr Reptilienärzte gibt“, erklärt sie. Ihr Interesse gilt besonders diesen ungewöhnlichen Tieren. &bdquo;Man muss sehr genau auf die Haltung achten, denn Reptilien und Amphibien unterscheiden sich stark vom Menschen.“

Aufwendige Haltung Sie erinnert sich an einen Fall, bei dem eine Schildkröte durch eine Giftpflanze vergiftet wurde, die sich in der Nähe des Geheges des Tieres befand. Die Schildkröte hatte versehentlich herabgefallene Eibennadeln gefressen. &bdquo;Solche Gefahren muss man unbedingt vermeiden. Dabei ist ein Garten eigentlich ein idealer Lebensraum für Wasser- und Landschildkröten“, betont Blahak.

Die Haltung von Reptilien und Amphibien ist daher deutlich aufwendiger als etwa die eines Hamsters – nicht nur wegen der komplexen Bedürfnisse, sondern auch wegen der laufenden Kosten, wie dem Stromverbrauch für Beleuchtung und Wärme. Wer sich für diese faszinierenden Tiere entscheidet, sollte gut informiert und vorbereitet sein.

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