Detmold: Wie ein Keramikkleid die entstehenden Rollenbilder verdeutlichen soll

Detmold. Die Innenarchitektur-Absolventin Svenja-Christin Voss an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH-OWL) beschäftigt sich in ihrer Masterarbeit mit einem gesellschaftlich hochaktuellen Thema: den Geschlechterrollen und deren frühzeitiger Prägung. Mit künstlerischem Ausdruck und gesellschaftskritischer Reflexion untersucht sie, wann und wie Frauen erstmals mit bestimmten Rollenbildern konfrontiert werden – sei es bereits in der Grundschule oder im Hinblick auf vorgegebene Aufgaben und Berufe.

&bdquo;Jungs spielen mit Autos und Mädchen tragen Kleidchen“ – solche Rollenbilder begleiten viele Menschen seit ihrer Kindheit und sind für Svenja-Christin Voss Anlass, mit ihrer Masterarbeit &bdquo;Geformte Stimmen – Rollenbilder und Keramik“ aufzuklären und zu sensibilisieren. Ein zentrales Element ihrer Arbeit ist ein Kleid aus handgefertigten Keramikkacheln, das symbolisch für gesellschaftliche Erwartungen und Zwänge steht, die mit Weiblichkeit verbunden sind. Ergänzt wird das Projekt durch persönliche Geschichten aus einer Online-Umfrage, die auf strukturelle Ungleichheiten hinweisen, und zum Nachdenken über tief verwurzelte Stereotype anregen.

Da sie in ihrer Freizeit gerne töpfert, kam ihr die Idee, diese Leidenschaft in ihre Masterarbeit einfließen zu lassen. Das Kleid steht sinnbildlich für das vorgegebene weibliche Narrativ – jedoch in Form von Keramikkacheln. &bdquo;Das Kleid ist wie ein Kettenhemd oder eine Rüstung und verdeutlicht dieses Narrativ“, erklärt Voss. &bdquo;Gefertigt aus Keramik, ist es schwer und zerbrechlich zugleich und fügt sich zu einer harten Hülle. Still, starr und doch formbar.“

Das Kachelkleid Das Kachelkleid besteht aus handgefertigten Kacheln, die von Schnüren zusammengehalten werden, die durch Löcher in den Kacheln gefädelt sind. Das Gesamtgewicht des Kleides beträgt etwa drei Kilogramm. Jede einzelne Kachel hat Svenja-Christin Voss selbst getöpfert und im Brennofen gebrannt.

Bis genügend Kacheln entstanden waren, war einiges an Erprobung nötig – schließlich sollten sie maximal drei Millimeter dick sein. &bdquo;Ich weiß nicht, wie viele Kacheln im Ofen kaputtgegangen sind“, erinnert sich Voss. Anschließend bedruckte sie die Kacheln mit Kindheitsfotos von Personen, die an ihrer Online-Umfrage teilgenommen hatten. Im Rahmen ihrer Masterarbeit erstellte Svenja-Christin Voss eine Online-Umfrage mit der Frage: &bdquo;Wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass du aufgrund deines Geschlechts anders behandelt wurdest?“ Die Antworten hat sie in einem Heft gesammelt und drucken lassen.

Geschichten, über die man nicht spricht Die Antworten sind persönliche Anekdoten, die bis in die früheste Kindheit der Teilnehmerinnen zurückreichen: Erlebnisse aus der Grundschule, in denen nur &bdquo;starke Jungs“ zum Tragen von Gegenständen aufgefordert wurden, oder Aussagen wie: &bdquo;Ein Abitur brauchst du doch nicht – du heiratest ja sowieso irgendwann.“

Mit dem Kachelkleid und den Ergebnissen ihrer Umfrage hat Voss eine gestalterische und inhaltliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Rollenbildern geschaffen. Ihre Arbeit verbindet handwerkliches Können mit dokumentierten Erfahrungen und beleuchtet, wie früh geschlechtsspezifische Erwartungen entstehen und wahrgenommen werden. Auch in Zukunft plant sie, sich verstärkt der Keramikkunst zu widmen und diese in weitere Projekte einzubinden.

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