Detmolder Nachwuchsdirigenten machen Giselher Klebe wieder bekannter

Detmold. In der Reihe zum 100. Geburtstag von Giselher Klebe (1925-2009) hat die Musikhochschule am Mittwoch ein Orchesterkonzert geboten, das der Bedeutung ihres langjährigen Lehrers würdig war. Das klug zusammengestellte Programm zeigte Einflüsse, Querverbindungen und die Wirkung des Komponisten. Und es diente überzeugend dem Ziel, Klebe und sein Werk wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Vier junge Dirigenten aus der Klasse von Professor Florian Ludwig (Dirigieren und Orchesterleitung) hatten an diesem Abend die Gelegenheit, ihr Können vor Publikum zu zeigen. Mit der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford stand ihnen ein Sinfonieorchester zur Verfügung, das sich den hohen Ansprüchen der Musik von Giselher Klebe und der anderen Werke in jeder Hinsicht gewachsen zeigte.

Bis zur Unkenntlichkeit Allen voran Seong Bin-Oh, der an diesem Abend seine praktische Masterprüfung am Dirigentenpult absolvierte. Die Variationen über ein Thema von Paganini des Klebe-Lehrers Boris Blacher (1903-1975) sind ein feines, graziles, humorvolles Werk, das die Vielfalt der Klangfarben des großen Orchesters genüsslich auskostet. Die 16 Variationen nehmen das Thema eines Capriccios für Solovioline des großen Geigers und Komponisten auf, spielen mitreißend damit, spalten es und reduzieren es fast bis zur Unkenntlichkeit.

Mit dem Nocturno für Orchester von 1987, dirigiert von Louis Wittmann, kam dann Giselher Klebe zu Wort. Die subtilen Klänge zu Beginn, die sich zu schwebender Spannung steigern, nahmen die Zuhörenden sofort gefangen. Die Bewegungen zwischen den beiden Polen Tonalität und Atonalität, die der Komponist als &bdquo;Farbwerte eines einheitlichen Klangspektrums“ verstand, helfen dem an tonale Musik gewöhnten Ohr: Klebe strebte immer eine Musik an, die aus sich heraus verständlich ist.

Haydn hatte Humor Seine große Verehrung galt Joseph Haydn. So war es kein Zufall, dass dessen 70. Sinfonie erklang, dirigiert von Kolja Berning. Der Humor ist bei dem Meister der Wiener Klassik – wie auch bei Blacher – unüberhörbar, etwa wenn das Finale mit einem scheinbar kichernden Einsatz der Violinen beginnt: Haydn saß der Schalk im Nacken.

Die aus Kasachstan stammende Ulyana Saulina (Jahrgang 1989) studiert in Detmold Komposition und hat ein Orchesterstück, das an diesem Abend unter dem Dirigat von Ziqian He uraufgeführt wurde, Giselher Klebe gewidmet. Es ist eine widerborstige Musik mit dem rätselhaften Titel &bdquo;rarefied, discharged“ (verdünnt, entladen), sie beginnt mit Piccoloflöten, deren Klänge leise, aber so hoch im Raum stehen, dass das Gehör schmerzt.

Die &bdquo;Zwitschermaschine“ Und wieder trat Seong Bin-Oh ans Pult, um abschließend nochmals ein Werk von Klebe zu dirigieren: Die 7. Sinfonie, entstanden 2002. Dieses späte Werk ist dem verehrten Joseph Haydn gewidmet. Einerseits hat Klebe hier die Trauer nach dem Tod seiner Frau Lore zum Ausdruck gebracht. Lore Klebe war ihm eine ebenbürtige musikalische Partnerin gewesen. Andererseits ist der zweite Satz ein Scherzo mit Anklängen an die &bdquo;Zwitschermaschine“, jenes 1950 uraufgeführte Werk nach einem Bild von Paul Klee. Dann folgt ein schmerzgepeinigter Trauermarsch. Im Schlusssatz erklingen alle Themen als Quodlibet noch einmal.

Durch den Abend moderierten Professor Ludwig und der Pianist und Detmolder Hochschullehrer Christian Köhn. Dieser war ein Freund und Vertrauter von Giselher Klebe. In den Händen Köhns, der die Veranstaltungsreihe zum 100. Geburtstag des Komponisten initiiert hat, liegt auch die künstlerische Gesamtleitung. Beide gaben dem Konzert einen roten Faden, kurzweilig und kenntnisreich und gewürzt mit mancherlei Anekdoten.

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