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Diethard Höbrink war als Kapitaldezernent "das Gesicht der Staatsanwaltschaft"

"Man braucht eine stabile Psyche"

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Das Gesicht der Staatsanwaltschaft - © Detmold
Das Gesicht der Staatsanwaltschaft (© Detmold)

Detmold. Das Telefon klingelt. Ein Kripobeamter gibt die Zahlen vom Wochenende durch: Zehn Leichen, Todesursache unklar. Fälle für Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink, die letzen in seiner Laufbahn.
Kurz vor seinem 64. Geburtstag geht Höbrink in diesen Tagen in den vorzeitigen Ruhestand. Auf dem Wandkalender in seinem Büro sind die Tage der "neuen Freiheit" schon mit Textmarker gekennzeichnet. Rosa-rot ab dem 21. Dezember.

Herr Höbrink, mehr als 34 Jahre als Staatsanwalt: Wie viele dieser Fälle haben Sie in dieser Zeit bearbeitet?

Diethard Höbrink: Etwa 20 Kapitaldelikte pro Jahr in den vergangenen zwölf Jahren. Und dann natürlich auch die Fälle, in denen die Todesursache auf den ersten Blick unklar ist und die Suizide. Da muss dann entschieden werden, ob weitere Ermittlungen erfolgen. Insgesamt waren es sicherlich rund 22.000 Fälle. Das hört sich jetzt so viel an, kann aber passen. Mit Rauschgiftdelikten hab ich angefangen, danach folgten allgemeine Verfahren. Nur Wirtschaftsstrafsachen hab ich nie bearbeitet. Zum Glück, denn dazu bin ich viel zu ungeduldig. Da muss man zum Teil jahrelang Aktenberge durchackern.

Freut sich auf viel Zeit für Hobbys und Familie: Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink (63) hat in seinen 34 Dienstjahren rund 22.000 Fälle bearbeitet. Am Dienstag erhält er seine Entlassungsurkunde, er geht in den vorzeitigen Ruhestand. - © Foto: Gerstendorf-Welle
Freut sich auf viel Zeit für Hobbys und Familie: Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink (63) hat in seinen 34 Dienstjahren rund 22.000 Fälle bearbeitet. Am Dienstag erhält er seine Entlassungsurkunde, er geht in den vorzeitigen Ruhestand. (© Foto: Gerstendorf-Welle)

Dafür sieht man als Kapitaldezernent in die menschlichen Abgründe. Haben Sie Mord und Totschlag nicht nach Feierabend verfolgt?

Höbrink: Die Fälle lassen einen nicht los, wenn man nach Hause geht, das stimmt. Und oftmals hatte ich zuhause die besten Ideen. Staatsanwälte haben ja keine festen Bürozeiten, deshalb halten sie manche Leute für faul. Ich habe es genossen, nicht an feste Dienstzeiten gebunden zu sein: Da hab ich mir eine 600 Seiten starke Ermittlungsakte mitgenommen, um übers Wochenende die Anklage in einem Stück schreiben zu können, ohne unterbrochen zu werden.

In den Krimis sieht man die Staatsanwälte kaum zuhause arbeiten..

Höbrink (lacht): Ja, die laufen da immer nur im Polizeigebäude rum, als ob die keine Heimat hätten! Und dann haben sie entweder keine Ahnung oder stören die Polizei nur oder sie sind als Krönung am Ende selbst die Täter. Schrecklich!

Trotzdem ist der Beruf des Staatsanwaltes in der Öffentlichkeit hoch angesehen. Haben Sie sich mal gewünscht, als Rechtsanwalt auf der anderen Seite zu stehen?

Höbrink: Nein, das war und ist mein Traumberuf. Die Staatsanwaltschaft ist die objektivste Behörde der Welt: Unsere Aufgabe ist es, zu Lasten, aber auch zugunsten eines Beschuldigten zu ermitteln. Ein Rechtsanwalt ist hingegen parteiisch, er muss für seinen Mandanten alles tun. Da hätte ich mitunter etwas gegen meine Überzeugung tun müssen.

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