
Detmold. Aussagen salafistischer Prediger, Krawalle am Rande von Demonstrationen und Angriffe auf Polizisten haben Detmolder Muslime beunruhigt. Sie distanzieren sich von diesen Dingen.
"Was da im Namen des Islam getan wird, ist nicht unsere Vorstellung von unserer Religion", sagt Nihat Köse. Er ist im Vereinsvorstand des Islamischen Kommunikationszentrums an der Industriestraße für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und sitzt mit ernstem Gesicht im Vereinsbüro, neben ihm der stellvertretende Vorsitzende Harum Yaldir. Die Männer treibt die Sorge um das gute Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen in Detmold um, auch wenn hier bisher von Salafisten und Konfrontation mit der rechtspopulistischen "Pro NRW" kaum die Rede war.

Allerdings haben die Vereinsrepresäntanten in ihrem Stand beim NRW-Tag etliche Fragen dazu beantworten müssen. "Unser Job ist es geworden, unsere Religion zu erklären", sagt Harum Yaldir.
Unversehens fänden sich die Muslime dabei unter Nachbarn oder am Arbeitsplatz in einer ständigen Rechtfertigungsposition. "Dabei hatten wir gedacht, wir seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen", seufzt Nihat Köse. "Uns drücken ganz andere Sorgen: Wie erfolgreich sind unsere Kinder in der Schule? Wie erfolgreich sind wir im Job? Wie bekommen wir den Generationswandel hin?", zählt er auf. Doch stattdessen werde ihnen eine Tagesordnung diktiert mit Themen außerhalb des eigenen Werteverständnisses.
Köse appelliert an seine Mitbürger, nicht alle Muslime für die Taten und Worte Einzelner Verantwortlich zu machen und spielt damit auf den salafistischen Prediger Abou Nagie oder die Angriffe auf Polizisten bei Demonstrationen gegen die Provokationen von "Pro NRW" an. "Dadurch wird der Islam besudelt", sagt Köse. "Denn er fordert uns auf, die gesellschaftliche Verantwortung wahr zu nehmen."
Von Forderungen, das islamische Recht der Scharia einzuführen, distanziere man sich, betont Köse. "Das ist ein Überbleibsel aus alter Zeit. Im Islam kann nicht ein Einzelner über so etwas bestimmen. Forderungen dieser Art sind daher nicht allgemeinverbindlich für Muslime."
Besorgt betrachten die beiden Männer aber auch, dass islamistische Gedanken besonders bei Jugendlichen auf fruchtbaren Boden fallen. "Da werden Angst, Endzeitstimmung und andere Bauernfängermethoden angewendet. Das trifft natürlich bei Jugendlichen, die auf der Suche nach sich selbst sind, auf offene Ohren", versucht Nihat Köse eine Erklärung. Deshalb sei es dem Verein lieber, die jungen Leute selbst in der Religion zu unterweisen, ergänzt Harum Yaldir. Beide begrüßen aber auch den Gedanken, Islam-Unterricht an öffentlichen Schulen einzuführen. Köse: "Das wäre ein wichtiges Signal."
Von Freitag, 8., bis Sonntag, 10. Juni, feiert das Kommunikationszentrum an der Industriestraße ein Sommerfest. An jedem Tag werden um 15 und 17 Uhr Moscheeführungen angeboten, und einmal mehr will der Vereinsvorstand Fragen beantworten. "Wir würden uns über viele Gäste sehr freuen", sagt Nihat Köse.