Dörentrup-Hillentrup. Alt – das heißt zwar bewährt, aber meist auch veraltet. Die Wohngemeinschaft des Hillentruper Rawaule-Projektes ist der Meinung, dass „alt“ auch „zeitlos modern“ bleiben kann. Deshalb renoviert sie die Innenräume des früheren Hillentruper Schulgebäudes mit einem altbewährten und biologisch hochwertigen Baustoff: Lehm.
Das Gebäude, das als ehemaliges Schullandheim bekannt ist, wurde 1838 als Dorfschule eingeweiht. Bis 1956 lernten dort die Hillentruper Kinder lesen, schreiben und rechnen. Danach diente das Gebäude verschiedenen Zwecken – unter anderem nutzte es die Stadt Brackwede, heute ein Stadtbezirk von Bielefeld, als Schullandheim, bis es zuletzt zwei Jahre leer stand.
Vor knapp zwei Jahren kaufte die Wohngemeinschaft das Gebäude mit großer Freifläche, um dort ihre Lebensphilosophie zu verwirklichen: Neues lernen, Wissen teilen, nachhaltig leben, Gemeinschaft ausprobieren. Die alten Klassenräume bieten viel Platz für Diskussionsrunden und Gedankenaustausch.
Da passt die Renovierung auf ökologische Art mit Lehm. „Wir legen Wert auf einen Mehrfachnutzen“, beschreibt Bärbel Etienne die Arbeitsweise. „Den Lehm entnehmen wir unserem Garten und erhalten so ein Regenrückhaltebecken.“ Die Rawaule-Bewohner versuchen, alle Arbeitsschritte in Eigenleistung auszuführen. Willkommene Hilfe kam dabei vor kurzem von internationalen Gästen: Zehn Teilnehmer zwischen 18 und 29 Jahren aus Tschechien, Finnland, Mexiko, Ungarn, Taiwan und Deutschland gingen bei einem zweiwöchigen „Workcamp“ der Organisation „Service Civil International“ (SCI) unter anderem an der Rawaule zu Werke. Sie teilten die gemeinsam verbrachte Zeit gleichmäßig auf in Arbeitseinsätze, Weiterbildung und Freizeit. Unter Anleitung der Campleiter Sjoerd Takken und Bärbel Etienne lernten sie in Dalborn den ökologischen Landbau (die LZ berichtete) und in Hillentrup das Arbeiten mit Lehm kennen. Zwei Zimmer und einen Korridor bearbeitete das Team.
Bei der Renovierung lege man großen Wert auf Wiederverwertung, hebt Bärbel Etienne hervor. „So haben wir einige originale Eichendielen wieder hergerichtet und alte handgeschmiedete Nägel wiederverwertet.“ Die aus Brandschutzgründen nicht mehr nutzbaren Fenster werden wieder durch zweiflügelige Sprossenfenster ersetzt – „um das erhaltenswerte alte Ortsbild im Fachwerkstil nicht zu verfälschen.“
Für den Ausbau der Innenräume eignet sich Lehm gut, weil er durch sein Wasserdampfaufnahmevermögen und eine natürliche Be- und Entlüftung als sehr gesunder und nachhaltiger Baustoff gilt. Beim Auftragen des Unterputzes lässt sich der Lehm mit dem Reibebrett an die Wand drücken und dann nach oben abziehen. Das funktioniert auch mit den Händen – Lehm fühlt sich angenehm weich an. In der Rawaule wird aber mit lotrechten Putzlatten gearbeitet, und beim Feinputz wird auch aufs dekorative Modellieren an geeigneten Stellen nicht verzichtet.
Die Rawaule als alte Hillentruper Dorfschule wurde 1838 eingeweiht. Schon 1820 gab es als Entwurf zur Schulerweiterung ein repräsentatives Vierständerhaus. Doch das war den Hillentruper Verantwortlichen dann doch zu teuer: Ein Anbau an das schon bestehende Küsterhaus wurde als Alternative verwirklicht. Doch schon bald zeigte sich, dass das Platzangebot nicht ausreichte. So entstand das heutige Gebäude als Schulneubau mit angeschlossener Küsterwohnung.