Der Mann mit dem Ohr

Dörentrup-Humfeld. Unter Anthropologen gibt es die These, dass die drei größten Entwicklungsschübe in der Evolution des Menschen heizen, kochen und leuchten sind. Dieter Grote, einst mit Thomas Laleike Inhaber einer Marketing-Agentur in Lemgo, lebt im Dörentruper Ortsteil Humfeld. Mit Ende 60 ist er längst mit der umfangreichen Zeit eines Ruheständlers ausgestattet, hat sich nicht nur mit der Digitalisierung auseinander gesetzt, nein, Grote malt heutzutage ganz analog wieder mit Pinsel und Farbe.

Herr Grote, die Marketing- und Agenturzeiten sind längst Vergangenheit. Sie hatten vor einem Jahrzehnt noch einmal die nagelneue digitale Idee für &bdquo;Dial 4 Light“, der Möglichkeit, mit dem Handy die Straßenlaterne anzuschalten. Damals war sogar das BBC in Dörentrup, um Sie zu befragen. Da ist der Weg zur Malerei mit Pinsel und Farbe doch vermeintlich weit. Oder?

Dieter Grote: Auf den ersten Blick vielleicht. Man darf allerdings nicht den Fehler machen, sich ein Leben lang auf der Schmalspurbahn der Erfahrungen festzuklammern. Ich habe selten ein Problem damit gehabt, alles aus einer anderen Perspektive zu sehen.

In Ihrer Agentur spielte sicherlich ein digitales Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop die &bdquo;erste Geige“...

Dieter Grote : Ja, ich kam aus dem Studium in Bielefeld Anfang der 70er Jahre mit meinen ersten Erfahrungen des Freihandzeichnens und beendete meine Agenturzeit, als die Digitalisierung längst auf dem Vormarsch war.

Es hält sich ein Gerücht, dass Ihre neu entdeckte Leidenschaft zur Malerei etwas mit dem großen Maler Vincent van Gogh zu tun hat, der Mann, der sich mal ein Ohr abschnitt?

Dieter Grote : Ob Sie es glauben oder nicht: Ich war sieben Jahre alt, als mein Großvater im Schrebergarten mit einer Axt einen Pfahl einschlagen wollte. Die Axt machte sich selbstständig und riss mir das Ohr zur Hälfte ab. Es wurde natürlich wieder angenäht. Das war im Sommer 1960. Ich spüre das Blut, das mir damals die Wange runterlief, auch heute immer mal wieder auf der Haut.

Hatten Sie im Kinderzimmer deshalb schon Kunstdrucke von Klee oder Chagall hängen? Und keine Poster von Elvis oder den Beatles?

Dieter Grote : Kunstdrucke schon, aber für Elvis hat es nicht gereicht. Eher Poster von Winnetou.Frage: Sie haben in den 70er Jahren in Bielefeld Architektur und Visuelle Kommunikation studiert.

Welche Kernidee aus dem Studium hat sich bis heute in Ihrem Bewusstsein gehalten?

Dieter Grote : In der Architektur ging es damals darum, auch mit einfachen Mitteln etwas Gutes gestalten zu können. Gerade Linien wie im Bauhaus-Stil könnte ich hier nennen. Schnörkel waren nie meine Leidenschaft.

Licht war ebenfalls ein stetiger Begleiter in Ihrem Leben. Sie haben als Mitarbeiter bei Staff und später mit der Agentur Entwürfe für den Lemgoer Leuchtenhersteller erarbeitet. Sie hatten mit &bdquo;Dial 4 Light“ vor einem Jahrzehnt ebenfalls &bdquo;Licht auf Bestellung“ für Dörentrup im Kopf. Welche Rolle spielt Licht in Ihren Bildern?

Dieter Grote : Durch den Faktor Licht werden Konturen erst sichtbar. Lichtwirkung bringt Tiefe. Das versuche ich heute in meinen Bildern ebenfalls umzusetzen.

Sie haben als Designer auch mal Promis aus der ersten Kategorie kennengelernt

Dieter Grote : Immer mal wieder. Ich war mal für eine Fotodokumentation in Hannover beim Club of Rome. Da kam Günter Grass auf mich zu und wollte wissen, mit welcher Kamera ich die Fotos machen werde. Was die wenigsten Literaturfreunde wissen: Grass war selbst mal Grafiker.

Und was halten Sie vom teuersten Maler auf deutschem Boden - Gerhard Richter?

Dieter Grote : Richter wird, wie viele andere Hochkaräter auch, von den Galeristen gepusht. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Bild 10 Millionen Dollar wert ist. Aber Kunst ist längst zu einer Wertanlage geworden.

Designer und Farben - ein Spezialthema. Der eine trägt nur Schwarz, der nächste meint, Weiß sei das neue Schwarz. Welche Farbe haben Ihre Hosen und Hemden?

Dieter Grote : Während meiner Zeit in der Agentur hatte ich fast immer einen schwarzen Anzug an. Dazu ein weißes Hemd. Nie eine Krawatte. Heute trage ich auch mal einen schwarzen Overall bei Kunstaktionen und ansonsten auch mal eine bunte Hose. Stilvoll sollte sie aber sein.

Kommen wir abschließend mal zu Ihrer Malerei. Was möchten Sie in diesem Jahr noch malen?

Dieter Grote : Archen. Also Rettungsboote. Ich hatte 2021 dieses Motiv der Arche schon mehrfach auf der Leinwand. Immer in Acryl.

Persönlich Dieter Grote, Jahrgang 1953, verheiratet mit Angelika, malt unter dem Pseudonym E.Torg. Er lebt in Dörentrup-Humfeld. Der frühere Agenturinhaber (Lemgo; Grote & Laleike) hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder. Derzeit hängen Bilder vom ihm auf Burg Sternberg und in der Halligkirche Langeneß.

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