Sternberger Straße wird zum Motorrad-Hotspot

Extertal-Linderhofe. Die kurvige Bergstrecke vorbei an der Burg Sternberg wird immer beliebter bei Motorradfahrern. Vor allem an schönen Wochenenden sind sie auf der Landesstraße zwischen Dörentrup und Linderhofe unterwegs. Mit allen Begleiterscheinungen: Der Parkplatz an der Burg habe sich an diesen Wochenenden zum Biker-Treff entwickelt, berichten Anwohner. Sie klagen über Lärm und Raserei bei bis zu 1000 Motorradfahrern pro Tag.

&bdquo;Horror pur" sei die Situation derzeit von freitags bis sonntags, sagt ein Anwohner aus Linderhofe, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Dann fahre alle paar Sekunden ein Biker vorbei. &bdquo;Und für viele ist es das A und O, besonders laut zu sein." Wer da nur von ein paar schwarzen Schafen spreche, habe keine Ahnung. &bdquo;Der Lärm macht mich krank. Ich kann es im Sommer nicht mehr ertragen und gehe nach drinnen", sagt der Mann, der nach eigenen Angaben ebenfalls ein Motorrad in der Garage hat. &bdquo;Aber ich habe nicht so einen Auspuff."

Anwohner gehen davon aus, dass viele Maschinen lauter sind als erlaubt: &bdquo;Fehlzündungen werden extra eingebaut." Zudem berichten sie auch von Autofahrern, die mit quietschenden Reifen auf der Straße unterwegs sind – nach den Spuren zu urteilen, ist offenbar die Kehre vor der Burg besonders beliebt.

Ebenfalls in Linderhofe wohnt Herbert Riemke, der Lärmpegelmessungen auf der L 963 fordert: &bdquo;Manipulierte Maschinen müssen stillgelegt werden", fordert er. Kontrollen habe er noch nie gesehen, sagt er und betont: &bdquo;Wir haben überhaupt nichts gegen die Motorradfahrer, die hier mit erlaubtem Tempo und ohne Lärm unterwegs sind."

Straße wurde zur Rennstrecke Von überhöhten Geschwindigkeiten berichtet auch Gerhard Ridderbusch, Vorsitzender des Sternberger Heimat- und Verkehrsvereins, mit Blick auf die nahe Linderbrucher Straße. &bdquo;Sonntags ist es eine Katastrophe." Die Straße habe sich zu einer &bdquo;richtigen Rennstrecke" entwickelt. Statt wie vorgeschrieben maximal mit Tempo 70 seien nicht wenige Biker mit 100 oder 120 unterwegs. Ihm seien aus Linderhofe zwar keine Beschwerden bekannt, aber Wanderer in der Nähe der Burg Sternberg &bdquo;hören die Motorräder stark". Hinzu komme, dass neuerdings an den Wochenenden auf dem Parkplatz an der Burg eine mobile Imbissbude stehe. Das ziehe zusätzlich Biker an. Auf Abstand zum Schutz vor Corona werde dort oft nicht geachtet, ist zu hören.

Woher die Imbissbude kommt, kann Landesverbands-Vorsteher Hans-Jörg Düning-Gast erklären: Der Landesverband als Burg-Eigentümer habe der Idee zugestimmt, dass auf dem Parkplatz ein &bdquo;Food Truck" Station macht. Dabei habe man weniger die Motorradfahrer als die Wanderer und Ausflügler mit dem zusätzlichen Angebot im Blick gehabt, abgestimmt mit den umliegenden Gastronomiebetrieben. Wie berichtet, hatte vor zwei Jahren die Burg-Gastronomie geschlossen. Generell kündigte Düning-Gast an, dass &bdquo;mehr Events auf der Burg" in Sicht seien. Der Landesverband sei in Gesprächen mit einem potenziellen Partner. Zum Thema Motorräder seien indes keine Beschwerden eingegangen. &bdquo;Vielleicht müssen wir uns das aber noch einmal angucken." Düning-Gast warnt jedoch davor, eine ganze Gruppe in Sippenhaft zu nehmen.

Tatsächlich habe man sich noch nicht explizit an die Behörden gewandt, sagen Anwohner. Viele seien wegen der Zustände schon frustriert. Beim Kreis Lippe sind laut Pressestelle demnach ebenfalls keine Beschwerden eingegangen. &bdquo;Somit wurde auch nichts veranlasst", heißt es. Das Gleiche gelte für den Landesbetrieb Straßenbau. Beim Ordnungsamt der Gemeinde Extertal ist das Thema ebenfalls &bdquo;nicht besetzt", wie Fachbereichsleiter Marco Wallenstein sagt. Wenn es Beschwerden wegen der Abstandsregeln gebe, werde die Gemeinde aber kontrollieren – auch am Wochenende.

Für die Kontrollen von Geschwindigkeit und Auspuffanlagen ist die Polizei zuständig. Und man habe das Problem auf dem Schirm, stellt Lars Ridderbusch von der Pressestelle fest. Die Polizei kontrolliere Tempo und Fahrzeug-Technik, auf der Sternberger Straße zuletzt an einem Samstag Ende Mai. Dabei seien zwei Biker mit überhöhtem Tempo aufgefallen. Die Polizei setze auf Verständnis und Toleranz untereinander, gerade beim Thema Lärm. Kontrollen werde es in Extertal und in ganz Lippe weiter geben, Verstöße würden &bdquo;rigoros" geahndet.

Der Nürburgring ist anderswo Ein Kommentar von Jens Rademacher

Wer von ein paar schwarzen Schafen unter dem Motorradfahrern spricht, die unangenehm auffallen, war wohl noch nicht an einem schönen Wochenende im nordlippischen Bergland. Wenn der Parkplatz der Burg Sternberg für Familien mit Kindern tabu ist (wegen des Geknatters drohen Weinkrämpfe), wenn Anwohner auch in Heidelbeck und anderswo auf die Barrikaden gehen, dann deswegen, weil die Raser und Krachmacher unter den Bikern inzwischen gefühlt keine kleine Minderheit mehr sind.

Natürlich muss man sich fragen, wieso erwachsene Menschen Freude daran haben, einen Riesen-Lärm zu veranstalten und &bdquo;Nürburgring" auf öffentlichen Straßen zu spielen. Solange die Fahrer aber nicht zur Einsicht kommen, ist die Politik gefragt. Da ist der Ansatz der Bundesländer mit strengeren Lärmgrenzwerten und Fahrverboten für einzelne Strecken schon richtig. Diese Regeln müssen aber auch durchgesetzt werden. Und das kann die Polizei nur mit häufigeren Kontrollen, wenn sie personell entsprechend ausgestattet wird.

Im Übrigen wundert es, wenn sich Behörden beim Thema Raserei und Lärm wegducken nach dem Motto: Wir wissen von nichts. Wer das angesichts der Motorradproblematik in ganz Nordlippe behauptet, darf sich über Enttäuschung bei den Bürgern nicht wundern.

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