Extertal-Bösingfeld. „Kostenlose Kleidungsreparatur statt Wegwerfen“. Diese Anzeige steht in einem Internetportal unter der Rubrik „zu verschenken“ – irgendwo zwischen ausrangierten Matratzen, nicht mehr geliebtem Kinderspielzeug und übrig gebliebenen Baumaterialien. Aufgegeben hat sie die Bösingfelderin Jing (sprich: Dsin) Lin (55), gebürtige Chinesin, Hobby-Näherin und „Sachen-Repariererin“, wie ihr deutscher Ehemann mit einem Schmunzeln sagt. Lin repariert alles, was ihr in die Finger kommt. Nun auch Kleidung – und das kostenlos. „Wir haben nahezu unsere komplette Wohnungseinrichtung bei Haushaltsauflösungen gefunden oder geschenkt bekommen“, verrät Lins Ehemann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seit 2007 ist das Paar verheiratet. Seit 2018 wohnt es in Bösingfelds Ortsmitte. Das Haus ist Eigentum; die Einrichtung eine bunte Mischung aus geretteten Möbeln und Geschirr. „Von der Tischdecke über die Vase bis zu den Kuscheltieren, die meine Frau sehr liebt, ist alles hier verschenkt worden“, erklärt er. Jetzt möchte die Wahl-Extertalerin etwas zurückgeben: ehrenamtliche Arbeit an nicht passender oder beschädigter Kleidung. Ehemaliger „Pflegefall“ tut ihren Dienst An einer robusten, bereits rund fünfzig Jahre alten Nähmaschine verbringt die als Putzhilfe arbeitende Lin täglich mehrere Stunden. Wie die zu reparierende Kleidung war auch die gute alte „Privileg“ – so der Markenname der Maschine - ein „Pflegefall“ als sie in den Haushalt kam. Von Kunden verschenkt, funktionierte nähtechnisch erstmal gar nichts. „Die Maschine nähte nur mit dem oberen Faden. Der Unterfaden fädelte sich nicht ein“, erinnert sich Lin. Sie habe so lange „getüftelt“ bis die Nähmaschine wieder heile war. „Dies ist zwar jetzt keine moderne Maschine, aber sie tut ihren Dienst“, ist Lin stolz. Das noch viel ältere „Schätzchen“, eine Tretnähmaschine, auf der gröbere Arbeiten erledigt werden, steht eine Etage tiefer. An einer solchen Tretnähmaschine habe sie von ihrer Mutter, damals noch in China, das Nähen gelernt. „Meine Familie hatte nicht viel Geld. Wir mussten vieles selbst herstellen“, erinnert sie sich. Da sie nie professionelle Nähkurse besucht, oder gar eine Schneiderlehre gemacht hat, schätzt sie ihr Dienstleistungsangebot auch eher vorsichtig ein. „Mein Nähen ist noch nicht so gut. Es ist ja auch ein Hobby. Geld verdienen möchte ich damit nicht“, so Lin. So könne sie beispielsweise keine Kleidung nach Schnittmustern nähen oder komplizierte Arbeiten übernehmen. Aber eine Hose kürzen oder einen Riss flicken – das traut sich die Hobbynäherin durchaus zu. Sie wende sich mit ihrem kostenlosen Angebot an Menschen, die gar nicht nähen könnten oder keine eigene Maschine hätten. Auftragsflaute Die Resonanz auf die Anzeige sei bislang eher verhalten gewesen. „Rund zwanzig Leute hatten sich das Inserat gemerkt. Sechs nahmen Kontakt auf“, so Lins Ehemann. Einen konkreten Auftrag habe sie bislang jedoch noch nicht erhalten – und das, obwohl sie ihre Dienste kostenlos anbietet. Sollte das Interesse zunehmen, dann sei sie bereit, eine oder zwei Stunden täglich in dieses Ehrenamt zu investieren, mit dem Ziel, Kleidung, die ansonsten weggeworfen würde, zu retten. In ganz, ganz ferner Zukunft stehe möglicherweise die Gründung eines kleinen Gewerbes auf dem Wunschzettel. Aber das liege noch in weiter Ferne. Wer Kleidung zu reparieren hat, kann sich unter folgender Mobilnummer an Jing Lin wenden: Tel. 0176 74598781 oder per E-Mail Kontakt aufnehmen unter silentwoods@gmail.com.