Kein Märchen: Auf dem Velmerstot bei Horn-Bad Meinberg spielte man Tennis und Fußball

Horn-Bad Meinberg/Höxter/Paderborn. Heute ist der Velmerstot beliebtes Wandergebiet, der Hermannshöhen-Wanderweg ebenso wie der Eggeturm auf dem preußischen Gipfel ziehen die Besucher magisch an. Vor 30 Jahren aber wollte Forstdirektor Franz Lödige dieses idyllische Gebiet nicht geschenkt haben. Aus gutem Grund.

Lödige kennt den Berg mit der Doppelspitze – einer auf der preußischen, der Höxter-/Paderborn-Seite, der andere auf der lippischen Seite – ganz genau. Als ehemaliger Leiter des Forstamtes Paderborn und später in leitender Funktion im Regionalforstamt Hochstift war es quasi &bdquo;sein“ Berg. Er war auch einer der &bdquo;Väter“ des Eggeturms, der nach der militärischen Nutzung errichtet wurde. Bei einer Brandstiftung am 4. November wurde vor allem der Treppenaufgang massiv zerstört.

Raketenstation Und so war er auch in der Verantwortung, als der Berg, der drei Jahrzehnte lang als Raketenstation diente, von den NATO-Streitkräften zurückgegeben werden sollte. An das denkwürdige erste Gipfel-Treffen erinnert sich der 75-Jährige noch gut. &bdquo;Es war 1994, es lag meterhoch Schnee, und Andreas Bathe und ich sind zu dem Treffen in einem alten roten Golf auf den Velmerstot gefahren.“ Was sie dort erwartete, ahnten weder der Forstdirektor noch der zuständige Revierförster Bathe.

Denn: Seit die NATO 1964 den preußischen Teil der Velmerstot auf rund elf Hektar zum militärischen Sperrgebiet erklärt und eingezäunt hatte, wurde das Areal strengstens überwacht. Auf dem Gipfel waren Hawk- und später Patriot-Raketen stationiert, die, auf Lkws geladen, schussbereit gen Osten ausgerichtet waren. Der Zivilbevölkerung, aber auch den Forstbeamten war ein Betreten der Militäranlage strengstens untersagt.

Tank- und Munitionslager Lödige und Bathe trauten bei jenem ersten Treffen mit den Militärs ihren Augen nicht: asphaltierte Straßen, große Betonbauten, Garagen für die Lastwagen, Kläranlage, Tank- und Munitionslager, ein Sendemast und dazu Unterkünfte und Freizeitmöglichkeiten für die Soldaten: &bdquo;Da gab es sogar ein Fußballfeld und einen Tennisplatz – und ein Offizierscasino mit einem riesigen Aquarium, in dem Diskusfische schwammen. So was hatte ich dort nicht vermutet“, berichtet Lödige.

Amerikaner, Belgier, Niederländer – alle seien an dem Treffen beteiligt gewesen. Der Kalte Krieg war vorbei, die niederländischen Streitkräfte, die zuletzt die Raketenstation betrieben, wollten den Standort aufgeben und suchten einen Verantwortlichen, der für die Übernahme des Areals unterzeichnete. Doch Lödige war auf der Hut: &bdquo;Ich habe nichts unterschrieben, nur den dicken Schlüsselbund in Empfang genommen und quittiert – dann sind wir ganz schnell wieder gefahren.“

Übernahmeerklärung Schon beim Anblick der riesigen Militäranlage sei Bathe und ihm klar gewesen: Der Rückbau und die Beseitigung der Altlasten würden sehr teuer werden. Von einer Übernahmeerklärung sollte man selbst als Forstdirektor besser die Finger von lassen, das sollten andere regeln. Noch im selben Jahr, 1994, zogen die Soldaten ab, jahrelang sei nichts passiert: &bdquo;In der Zeit wurde alles, was nicht niet- und nagelfest war, geklaut oder zerstört“, erinnert sich Bathe. Denn die Niederländer hatten alles auf dem Berg zurückgelassen, Heizkörper und Rohre, Wasserpumpen - sogar das Aquarium. Lediglich ihre Lastwagen und Raketen hatten sie mitgenommen.

Es war ein langes Hin und Her, wobei es auch um Zuständigkeiten und Bodenuntersuchungen ging. Erst Ende 2001 erfolgten die umfangreichen Rückbau- und Renaturierungsarbeiten, die von Bund und Land finanziert und vor Ort durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (Detmold) und das Forstamt Paderborn umgesetzt wurden. Insgesamt wurden nach Auskunft der Forstbehörde 8.200 Kubikmeter umbauter Raum, 375 Kubikmeter Stahlbeton der Raketenstellungen und 16.000 Kubikmeter befestigte Fläche abgerissen sowie alle Altlasten entsorgt.

Heute sieht man von der militärischen Nutzung nahezu nichts mehr. Die alte NATO-Straße zum Gipfel ist noch erhalten, eine öffentliche Zufahrt gibt es jedoch nicht. Wer den 468 Meter hohen Gipfel erklimmen will, muss zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen.

Es lohnt sich: Die gesamte Fläche wurde 1996 in das 2.600 Hektar große Waldreservat Egge integriert und der Waldpflege- bzw. Biotopentwicklungsplanung des Forstamtes Paderborn übergeben. Die Landschaft wurde neu gestaltet, ein Großteil der knapp 20 Hektar großen Kuppe des Preußischen Velmerstot beeindruckt durch seine Berglandschaft mit Felsen und Gehölzen, Wildkräutern und vereinzelten Heidekrautflächen. Auch wenn der Aufstieg auf den markanten Eggeturm derzeit aufgrund der Brandschäden gesperrt ist, bietet der Gipfel imposante Ausblicke.

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