Industriedenkmal: Das Erbe des letzten Kalkbrenners steht in Rentorf

Kalletal-Rentorf. Für Eckehard Plöger aus Paderborn war das Gelände um den alten Kalkofen in Rentorf der große Abenteuerspielplatz seiner Kindheit. Nur wenige hundert Meter von der B 238 nahe Waterloo gelegen, sind die fünf Höfe Kalkofen 1 bis 5 eine Welt für sich. Der 63-Jährige ist der Sohn des letzten Kalletaler Kalkbrenners Fritz Plöger.

An das heutige Industriedenkmal schließt sich ein imposanter Steinbruch mit rund zwanzig Meter hohen Wänden an. Er lieferte Kalksteine als Rohmaterial für den im Kalkofen gebrannten Düngekalk und war beliebter Aufenthaltsort von Eckehard Plöger. Heute ist das außergewöhnliche Gebäudeensemble ein exklusives Wohnhaus im Privatbesitz – vor dreißig Jahren vor dem Verfall gerettet vom Lemgoer Architekten Heinz Peuser.

Der letzte seiner Art Bis 1970 ging Fritz Plöger seiner Profession als Kalkbrenner nach. Er war der letzte seiner Art in Kalletal, wo es früher drei weitere Kalköfen gab: in Faulensiek, zwischen Lüdenhausen und Hillentrup sowie zwischen Hohenhausen und Dalbke. Aber lediglich der immer noch wahlweise Bavenhauser oder Rentorfer genannte Kalkofen von Fritz Plöger steht bis heute, alle anderen fielen der Spitzhacke zum Opfer. &bdquo;Der Kalkofen gehörte zu einem Bauernhof, der von meinem Großvater betrieben wurde. Der Ofen wurde um die Jahrhundertwende errichtet. Als mein Großvater verstarb, übernahm mein Vater den Kalkofen. Das war in den 50er-Jahren nach seiner späten Rückkehr aus der Gefangenschaft in Russland", erinnert sich Eckehard Plöger, der sich sicher ist, dass Kalkbrenner kein Lehrberuf war. &bdquo;Als kleiner Junge hat mein Vater bei seinem Vater gesehen, wie der Ablauf ist", sagt Plöger.

Das Tagwerk des Kalkbrenners Fritz Plöger, der in guten Zeiten mit mehreren Angestellten arbeitete, war hart. Ende Februar begann die Saison. Zunächst musste nach der Winterpause das Feuer in dem hohen Brennofen mit Stroh und Holz entfacht werden. Die in den vorherigen Monaten bereits &bdquo;per Hand", so Eckehard Plöger, aus der Wand gebrochenen Kalksteine wurden mit dem Vorschlaghammer in faustgroße Stücke zerkleinert. Mit einer Lore wurden die Gesteinsbrocken über eine schräge Rampe rund fünfzehn Meter hoch zur Ofenöffnung transportiert.

Vieles ist bis heute erhalten Diese Rampe ist bis heute erhalten und ein prägendes Element an den Gebäuden. Darunter befindet sich das ebenfalls gut erhaltene hölzerne Maschinenhaus. &bdquo;Einmal angefacht, wurde als Brennmaterial im Ofen Koks verwendet und abwechselnd in Schichtbauweise mit Kalksteinen eingefüllt. Drei Tage blieben die Steine in dem rund 1000 Grad Celsius heißen Ofen. Danach waren die Steine zum größten Teil zu Talgklumpen zerfallen. Diese grau-weiße Gesteinsmasse wurde zum Abkühlen unter einem Dach zwischengelagert", so Plöger.

Nach Bedarf wurde in der rund zwanzig Meter vom Ofen entfernten Mühle aus dieser Masse der Branntkalk gemahlen – eine staubige Angelegenheit. &bdquo;Überall lag weißer Staub, auch in dem als Büro dienenden sogenannten Kontor, einem Gebäude, das ebenfalls heute noch erhalten ist", erinnert sich Plöger.

Im Frühjahr und im Herbst holten sich die Landwirte den Branntkalk als Dünger für ihre Felder. &bdquo;Weil aber durch die Modernisierung der Landwirtschaft die Zeitfenster, in denen gedüngt und Kalk benötigt wurde, immer mehr schrumpften, konnte mein Vater irgendwann den hohen Bedarf innerhalb immer kürzerer Zeit mit der Anlage nicht mehr befriedigen", begründet Plöger die Schließung des letzten Kalletaler Kalkofens.

Kalk brennen war ein Knochenjob Anderen Quellen zufolge soll der Kalkbrenner in Zeiten des Wirtschaftswunders Schwierigkeiten gehabt haben, Arbeitskräfte für diese Knochenarbeit zu finden. So stand der Kalkofen mehr als zehn Jahre leer bis der Lemgoer Architekt Heinz Peuser das Gelände erwarb und 1986 mit dem aufwendigen Umbau zu Wohnzwecken begann. Mit einer Art Wintergarten verband er die einzelnen Gebäude und schuf dabei das, was die heutigen Bewohner immer noch sehr schätzen: eine moderne, offene Bauweise mit außergewöhnlicher Architektur.

Einzig bei den Renovierungsarbeiten passierte am Kalkofen ein Malheur: Beim Versuch, die eisernen Reifen, die den aus Bruchsteinen errichteten Brennturm zusammenhielten, zu verzinken, brach der Turm in großen Teilen zusammen. Dieses Missgeschick wurde schnell behoben und dank der Vision des Lemgoer Architekten ist der Kalkofen Rentorf heute einer der wohl besterhaltenen Kalköfen in ganz NRW.

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