Die letzte in Nordlippe: Die Niedernmühle verwandelt Getreide in Mehl

Kalletal-Kalldorf . Klaus Redeker hat Staub am Kragen. Mehlstaub. Er fischt einen Plastikeimer aus der Kalle. Die wird direkt vor seiner Mühle aufgestaut, damit das Wasser mittels Turbinentechnik Strom erzeugen kann. Die Mühle im nördlichen Kalletal hat ein Alleinstellungsmerkmal: Sie ist die letzte in der Weserregion, die täglich Getreide in Mehl verwandelt.

Historisch betrachtet müsste diese Story 1650 beginnen. Mindestens. Redeker: &bdquo;Bis dahin lässt sich die Geschichte unserer Mühle zurückverfolgen." Wahrscheinlich ist sie 500 Jahre und älter. Redeker ist der &bdquo;amtierende" Müller. Eine Berufsbezeichnung, namentlich so gewöhnlich wie Meier oder Schulze, aber ein Beruf, so selten wie ein Fischwirt. Viele gibt es nicht mehr.

Redeker hat den Job gelernt, daher ist es mehr Berufung als eben Job: &bdquo;Von der berühmten Pike an. Mit Meisterausbildung und früher der Berufsschule knapp hinter Gifhorn", sagt er. Offiziell heiße das übrigens Verfahrenstechniker der Mühlen- und Mischfutterbranche. Wir bleiben dabei: Redeker ist Müller.

Eine der letzten Mühlen in Lippe

Der Chef an der Kalle ist der eine Sohn des verstorbenen Karl-Hans, der andere Sohn Jürgen betreibt rund um das Mühlengelände die Landwirtschaft. Keine Tiere, nur Ackerbau. Getreide gehört also zum Standard an der Niedernmühle. &bdquo;Wir verarbeiten in erster Linie Weizen, Roggen und Dinkel, keine Gerste. Die wird überwiegend als Futter genutzt." Die Kundschaft ist fix, es sind auf der einen Seite die Landwirte aus Kalletal, aus Rinteln oder Vlotho, die mit dem Traktor vorfahren, und auf der anderen Seite in erster Linie Bäckereien 50 Kilometer rund um Kalldorf, die das Mehl kaufen.

Nach dem Aus einer Mühle in Lothe (Schieder-Schwalenberg) vor vier Jahren, gibt es neben der Eickernmühle in Voßheide nur noch die Niedernmühle in Sachen &bdquo;mahlen" auf lippischem Terrain. Ölmühlen im Sauerland oder Gewürzmühlen und Kraftfutterwerke spielen in einer anderen Liga.

Mehl ist zu Beginn der Pandemie gefragt

Wie das Mehl letztendlich zum Bäcker kommt? &bdquo;Wir haben eigene Laster, fahren quer durch Lippe", sagt Redeker. &bdquo;Hitverdächtig" ging es vor einem Jahr zu Beginn der Corona-Krise zu . &bdquo;Das war die Phase, in der alle Welt Toilettenpapier und Mehl gekauft hat, die Medien haben ja ausführlich berichtet. Da standen hier in Kalldorf täglich Menschen vor der Tür und trugen 25-Kilo-Säcke in ihre Kombis. Es hörte gar nicht auf."

Ansonsten ist der &bdquo;Hausverkauf" am Gesamtumsatz natürlich weniger relevant. Die Technik im Gebäude – die Silos und das Backsteingebäude sind bereits aus 500 Metern zu sehen – ist relevant. Auf fünf Ebenen werden Körner gesiebt und getrocknet. Es ruckelt und brummt, Rohre pusten Mehl von A nach B. Ein Füllhorn an Maschinen, Pumpen und Saugern versteckt sich in dem steinalten Gebäude – alles auf hohem Niveau. Von der Straße aus ist von der Betriebsamkeit nicht viel zu sehen. Redeker: &bdquo;Man muss auf dem neuesten Stand sein, sonst geht es nicht."

Das fange bei der Analyse des Getreides an (Protein- und Stärkegehalt als Beispiel) und ende bei den Füllanlagen und dem Produkt selbst. Denn unabhängig von den Äckern rund um Kalldorf, so Redeker, müsse das Mehl für den Bäcker in Sachen Qualität eine verlässliche Größe sein.

Bundesweit gibt es 550 Mühlen

Gab es 1950 in Deutschland noch fast 19.000 Mühlen, waren es 1980 nur noch 2500. Heute zählt der Verband rund 550 produzierende Mühlenbetriebe, 196 davon vermahlen mehr als 1000 Tonnen Getreide im Jahr. Das Dutzend der größten Mühlen in Deutschland deckt mehr als 40 Prozent des Marktes ab. Der Schwerpunkt der Betriebe liegt in Süddeutschland: in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Niedernmühle in Kalletal wird als Familienbetrieb von Klaus Redeker betrieben. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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