Trinkwasser in Hohenhausen: "Wir stehen vor einem Scherbenhaufen"

Kalletal-Hohenhausen. Es waren etliche Vorwürfe, die die Mitglieder des Wasserbeschaffungsverbandes Hohenhausen 2022 gegenüber dessen Vorstand anbrachten . Einige davon wogen so schwer, dass der Kreis als Aufsichtsbehörde eine Überprüfung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch externe Gutachter in Auftrag gegeben hatte . Ein Teil der Ergebnisse wurde nach LZ-Informationen nun in der jüngsten, nicht-öffentlichen Verbandssitzung vorgestellt. In dieser soll der Vorstand außerdem erklärt haben, geschlossen zurücktreten zu wollen. Der Vorstand äußerte sich hierzu auf LZ-Nachfrage nicht.

Rückblick: Mehrere Verbandsmitglieder hatten 2022 eine Liste mit Kritikpunkten zusammengestellt. In einer Versammlung war dem Vorstand zuvor die Entlastung mehrheitlich verweigert worden. Einer der Vorwürfe bezog sich auf die Einrichtung einer kaufmännischen Stelle unter dem vorherigen Vorstand, die ohne die Zustimmung der Mitglieder erfolgt sei. Weitere Vorwürfe betrafen Querelen um die Sitzung im Juni 2022, die durch die Vorsitzende Ute Schäferhans mit Verweis auf die Verweigerung der Entlastung des Vorstands abgebrochen wurde. Ein Antrag auf "Neu-Besetzung/Ausschreibung der kaufmännischen Stelle" wurde vom Vorstand nicht zur Abstimmung zugelassen.

Turbulent und emotional Wie die LZ aus mehreren sicheren Quellen erfahren hat, soll die jüngste Versammlung äußerst turbulent und emotional abgelaufen sein. Um Neutralität zu gewährleisten, wurde diese von einer vom Verband beauftragten Rechtsanwältin geleitet. Auch der Kreis habe als Rechtsaufsicht teilgenommen, bestätigt dieser auf Anfrage. In der Sitzung kam laut LZ-Informationen unter anderem auch die Frage auf, warum der Verband so viel Heizöl beschafft habe und ob es rechtens sei, dass Arbeiten ohne offizielle Ausschreibung an Unternehmen der Vorstandsmitglieder beziehungsweise deren Verwandte vergeben wurden. Zudem sei, so Verbandsmitglied Karl-Heinz Schütz, die beauftragte Anwältin lediglich als Protokollführerin von den Mitgliedern zugelassen worden. Darüber, dass sie die Sitzung letztlich leitete, sei keine Abstimmung erfolgt.

Schütz erhebt nach der jüngsten Sitzung im Gespräch mit der LZ noch weitere Vorwürfe. Investitionen des Verbands seien offensichtlich nur bis 2019 durch einen Haushalt gedeckt gewesen. Danach sei kein Haushalt mehr durch die Mitglieder verabschiedet worden. Außerdem hätten sich die Mitglieder gewünscht, das Schreiben der Rechtsaufsicht an den Vorstand schriftlich zugesandt zu bekommen.

Diskussion über Schadensersatz "Wir stehen vor einem Scherbenhaufen", sagt Karl-Heinz Schütz. Nicht nur stehe nun die Frage im Raum, ob die Verbandsmitglieder vom ehemaligen Vorstand Schadensersatz für die Schaffung der Verwaltungsstelle geltend machen können, sondern auch, wie es mit dem Verband an sich weitergehe. Zu viele Streitpunkte habe es in den vergangenen Jahren gegeben. Ob sich dauerhaft ein neuer Vorstand findet, sei ungewiss. "Eine Angliederung an die Gemeinde hätte Auswirkungen auf den Wasserpreis", prognostiziert Schütz. Er selbst halte das momentan aber für die bessere Lösung. Zumal auf den Verband zum Beispiel wegen der notwendigen Sanierung eines Hochbehälters auch noch enorme Kosten zukämen.

Der Wasserbeschaffungsverband in Hohenhausen hat etwa 1000 Mitglieder - und zwar all jene, die im Ortsteil ein Haus besitzen. Gekommen seien zur Sitzung etwa 120, erfuhr die LZ. Bereits im Vorfeld der Sitzung erreichten die Redaktion Leserbriefe von Mitgliedern, in denen von "gravierenden Missständen" die Rede war, auf die man durch die Einladung zur Sitzung aufmerksam geworden sei. Man habe sich blind auf den Vorstand verlassen, was ein Fehler gewesen sei, heißt es außerdem.

Kreis nimmt Stellung Die LZ hat sich mit einem umfangreichen Fragenkatalog an den Kreis Lippe gewandt, der dazu Stellung genommen hat. Demnach sei es nicht zu beanstanden, dass die vom Verband hinzugezogene Anwältin umfassend zu Wort gekommen sei. Die Sitzungsleitung oblag demnach dem stellvertretenden Vorsitzenden Frank Behring, der der Anwältin aber ein umfangreiches Rederecht eingeräumt habe. Geleitet habe sie die Sitzung nicht. Die Rechtsaufsicht des Kreises habe außerdem die Sitzungsprotokolle des Verbandes angeschaut und festgestellt, dass bis 2021 ein Haushaltsplan beschlossen worden sei.

Die Frage, wie die Einrichtung der kaufmännischen Stelle ohne Beschluss der Verbandsversammlung zu beurteilen ist, habe die Rechtsaufsicht des Kreises nicht geprüft, heißt es aus dem Kreishaus. Die Stelle sei durch Vorstandsbeschluss von einem Minijob in eine Teilzeit-Beschäftigung umgewandelt worden.

Das Gleiche gelte für die Frage, ob die Verbandsmitglieder Schadenersatz wegen dieses Vorgangs fordern könnten: "Die Mitglieder der Verbandsversammlung müssen zur Klärung der Fragestellung eigene Rechtsberatung einholen", heißt es vom Kreis. Die Verbandsversammlung könne die Einstellung der Verwaltungskraft aber nachträglich genehmigen.

Zum Vorwurf der Auftragsvergaben ohne Ausschreibungen erklärt der Kreis: "In der Satzung sind keine expliziten Regelungen zur Durchführung von Ausschreibungen oder Vergabeverfahren enthalten. Gemäß der Satzung obliegt dem Vorstand der Beschluss über Verträge mit einem Wert bis 25.564,59 Euro. Lediglich im Falle von Geschäften mit einem Vorstandsmitglied ist ein Beschluss der Verbandsversammlung und eine Zustimmung der Rechtsaufsicht erforderlich." Auch ein neuer Vorstand habe in der jüngsten Sitzung nicht gewählt werden müssen. Der zurückgetretene Vorstand bleibe bis zu einer Neuwahl geschäftsführend im Amt.

Sitzungsabbruch war nicht in Ordnung Nicht in Ordnung war laut Kreis hingegen der Abbruch der Sitzung im Jahr 2022: "Eine mangelnde Entlastung führt nicht zu einer Handlungsunfähigkeit des Vorstandes und berechtigt daher nicht zum vorzeitigen Abbruch einer Versammlung. In der Funktion als Rechtsaufsicht hat der Kreis Lippe auf eine erforderliche Nachholung hingewiesen." Das sei mit der jüngsten Sitzung geschehen.

Auch die Tatsache, dass Anträge nicht zur Abstimmung zugelassen wurden, weil sie "nicht sachdienlich" seien, hält der Kreis für rechtswidrig. Darauf habe man den Vorstand hingewiesen. Die Angemessenheit der Heizölrechnungen habe der Kreis unterdessen nicht zu beurteilen, schreibt dieser. Ebenso sei er nicht in der Verantwortung, die Mitglieder über Gespräche mit der Rechtsaufsicht zu informieren. Das Schreiben der Rechtsaufsicht habe der Vorstand nach Kenntnis des Kreises zwar nicht mit versendet, aber ein Informationsschreiben.

Frank Behring, der als Stellvertreter die Sitzungsleitung innehatte, teilt unterdessen mit, sich zur Sitzung nicht mehr äußern zu wollen. Die LZ hatte dem Vorstand bereits zuvor einen schriftlichen Fragenkatalog zukommen lassen, der unbeantwortet blieb. Die genannte Rechtsanwältin war urlaubsbedingt nicht erreichbar.

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