Viel gemeinsam: So diskutierten die Kalletaler Bürgermeister-Kandidaten beim LZ-Wahlmobil

Kalletal-Hohenhausen. In Kalletal stehen am 14. September zwei Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters zur Wahl. Am Donnerstagnachmittag trafen Amtsinhaber Mario Hecker (parteilos, unterstützt von SPD und Grünen) und Herausforderer Julian Gerber (CDU, unterstützt von den UKB) am LZ-Wahlmobil auf dem Parkplatz von Edeka Röthemeier in Hohenhausen aufeinander, um über die Themen zu diskutieren, die die Gemeinde umtreiben. Dabei ging es ruhig und sachlich zu – und in vielen Punkten lagen beide Kandidaten gar nicht weit auseinander.

Medizinisches Versorgungszentrum Dass in dieser Diskussion am Thema Medizinisches Versorgungszentrum nichts vorbeiführt, stellte LZ-Redakteur Jens Rademacher, der die Veranstaltung moderierte, direkt zu Beginn fest. Doch war der umstrittene Aufbau des Ärztezentrums die richtige Entscheidung? &bdquo;Wir haben von Anfang an unsere Zweifel an diesem Konzept dargelegt“, sagte Julian Gerber, der die Tatsache, dass das MVZ zunächst mit einem Arzt weniger als geplant an eröffnet wurde, als &bdquo;keinen guten Start“ bezeichnete. Ob das Projekt aber gelungen oder ein Fehlschlag ist, wollte er nicht abschließend beurteilen, ohne alle Zahlen zum Betrieb zu kennen. &bdquo;Wir haben einmal die Patientenzahlen in der Zeitung gelesen. Daraus kann ich noch nicht ableiten, ob es erfolgreich ist oder nicht“, so Gerber weiter. Mit einem defizitären MVZ den angespannten Haushalt noch weiter zu belasten, komme für ihn aber nicht infrage.

Mario Hecker ist hingegen der festen Überzeugung, dass der Aufbau des MVZ die richtige Entscheidung war – und verweist darauf, wie dringend der Bedarf wurde, als im Jahr 2023 die Praxis des verstorbenen Hausarztes Michael Rossknecht schloss, weil kein Nachfolger gefunden wurde. Er habe damals zugesagt, sich dafür einzusetzen, dass eine langfristige Lösung geschaffen wird.

Durch das Versorgungszentrum sei die Gemeinde &bdquo; jetzt extrem gut aufgestellt“. Zudem seien so neue Möglichkeiten geschaffen worden. &bdquo;Kalletal wird ab dem 1. Januar 2016 eine Kinderärztin haben, die dort ansässig sein wird, und das wäre nicht möglich gewesen ohne das MVZ. Darum war es die richtige Entscheidung“, ist sich Hecker sicher. Die Unterschrift habe die Medizinerin, die zunächst im Rahmen einer halben Stelle antreten wird, kurz vor der Veranstaltung geleistet. Dass sich parallel auch die Lage in den niedergelassenen Praxen entspannt hat, leugnete Hecker nicht, das MVZ im Eigentum der Gemeinde sei dennoch ein Vorteil.

ÖPNV Beim Lippe-Check schnitt die Gemeinde in Sachen ÖPNV nicht gut ab, doch der Bürgermeister sieht Kalletal in diesem Punkt gar nicht so schlecht aufgestellt. Schließlich gebe es neben der Buslinie 733, die regelmäßig von Lemgo aus durch die Gemeinde fährt, noch den Bürgerbus und On-demand-Angebote. Zudem werde bald ein Schnellbus Richtung Detmold eingeführt. &bdquo; Aber am Ende des Tages hängt der ÖPNV, wie viele andere Dinge auch, davon ab, ob er genutzt wird oder nicht“, sagte Hecker, der davon ausgeht, dass der ÖPNV wegen allgemein steigender finanzieller Belastungen für die Bürger in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Busse, die leer fahren und vor allem durch Fördermittel am Leben gehalten werden, könne man sich allerdings nicht leisten. Dies sieht auch Gerber ähnlich. Der ÖPNV müsse bedarfsgerecht sein. &bdquo;Es bringt nichts, heiße Luft hin- und herzufahren“, sagte Gerber, der in Zukunft viel Potenzial im On-demand-Verkehr sieht.

Einzelhandel und Nahversorgung Ähnlich sieht es der Herausforderer, wenn es um den Einzelhandel geht, denn auch hier bestimme die Nachfrage das Angebot. Gerber regt an, als Kommune einen Marketingverein zu gründen, der die Wirtschaftsförderung bündelt und die Unternehmer mit ins Boot holt. &bdquo;Das ist die Unterstützungsleistung, die man aus meiner Sicht als Kommune geben kann. Und ein verlässlicher Ansprechpartner zu sein“, so Gerber weiter. Hecker sieht ebenfalls wenig Möglichkeiten zum Eingreifen, denn der Markt habe sich verändert: &bdquo;Der läuft online, und wenn sich das nicht ändert, wird sich die Situation nicht ändern.“ Dennoch sei bereits ein Einzelhandelskonzept auf dem Weg, das die Potenziale in der Gemeinde, insbesondere in Hohenhausen, ausloten soll. Auch bei der Nahversorgung sind sich die Kandidaten darüber einig, dass die Bürger wohl auch in Zukunft weitestgehend auf das Angebot der benachbarten Städte zurückgreifen werden.

Bauland Auf die Nachfrage nach Baugrundstücken habe die Gemeinde, so Hecker, bereits reagiert und zunächst auf das Schließen von Baulücken gesetzt. Deshalb müssten andere Möglichkeiten geschaffen werden. Damit sei durch das Aufstellen von Bebauungsplänen, zum Beispiel in Westorf, bereits begonnen worden. Es sei momentan allerdings schwierig, Investoren zu finden, die bereit seien, die Baugrundstücke zu kaufen und zu erschließen. Deshalb ist es für Hecker eine Möglichkeit, dass die Gemeinde selbst tätig wird und investiert.

Auch Gerber möchte die Sache selber in die Hand nehmen und Baugrundstücke kaufen und erschließen. &bdquo;Die Gemeinde Dörentrup hat das beispielsweise gemacht und sehr erfolgreich Grundstücke vermarktet“, sagte Gerber, der sich sicher ist, dass Interessenten sich in anderen Kommunen umsehen werden, wenn nicht bald Bewegung in die Sache kommt. &bdquo;Ich bin klar dafür, das, so schnell es geht, anzugehen“, so Gerber weiter. Bei der Ausweisung weiterer Gewerbeflächen sind sich die Kandidaten einig, dass der Spielraum der Gemeinde begrenzt ist – trotz der Wichtigkeit des Themas. &bdquo;Versprechen kann man nichts, wir sind auch abhängig von anderen Behörden“, erläuterte Gerber. Es müsse alles dafür getan werden, um neue Möglichkeiten zu schaffen. Dass die Gewerbeflächen knapp würden, liege aber vor allem daran, dass die Wirtschaftsförderung in der Vergangenheit erfolgreich gearbeitet habe.

Haushalt Um gravierende Haushaltsprobleme zu vermeiden, will Gerber jede Aufgabe, die die Gemeinde übernimmt, genauer anschauen. Noch gebe es Handlungsspielraum, doch der sei nur durch Sparmaßnahmen zu bewahren – bei Projekten, aber auch beim Personal der Gemeinde sieht er Möglichkeiten. Schließlich lägen die Personalkosten bei etwa fünf Millionen Euro pro Jahr. Hier müsse genau überlegt werden, welche Stellen in Zukunft nachbesetzt würden und welche Aufgaben umverteilt werden könnten. Auch in der interkommunalen Zusammenarbeit sieht Gerber Chancen. Viele Aufgaben ließen sich für eine kleine Gemeinde nur in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden lösen – zum Beispiel indem Personalabteilungen der Kommunen zusammenarbeiteten.

Hecker verweist darauf, dass das aktuelle Haushaltsdefizit ohne globalen Minderaufwand von 2,6 Millionen Euro fast ausschließlich durch die gestiegenen Kreis- und Jugendamtsumlagen und gesunkene Schlüsselzuweisungen verursacht werde, die der Gemeinde zusätzliche Kosten von fast drei Millionen Euro im Vergleich zu Vorjahr beschert hätten. Auch die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst hätten die Personalkosten um etwa 750.000 Euro erhöht. Die interkommunale Zusammenarbeit ist auch für Hecker wichtig, doch die Eigenständigkeit der Gemeinde Kalletal dürfe darunter nicht leiden.

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