MVZ Kalletal: Knappe Mehrheit für Finanzspritze

Kalletal. Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Kalletal ist finanziell vorerst gerettet. Eine knappe Mehrheit im Gemeinderat hat Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 215.000 Euro genehmigt. Die CDU kritisierte die MVZ-Geschäftsführung und Bürgermeister Mario Hecker. Beide hätten schon vor der Wahl gewusst, dass das MVZ in Schieflage geraten sei, hätten diese Informationen aber bis nach der Wahl zurückgehalten. Die SPD zeigte sich selbstkritisch, sieht aber die Gründung des MVZ weiterhin als richtigen Weg gegen den Ärztemangel. Auch Hecker räumte Fehler ein. Nun soll es Veränderungen geben.

SPD, Grüne und Bürgermeister sorgten mit ihren 17 Stimmen in der letzten Ratssitzung in alter Zusammensetzung dafür, dass die Tochtergesellschaft der Gemeinde die Darlehen erhält. CDU und UKB, die die Einrichtung des MVZ wegen zu hoher Kosten abgelehnt hatten, kamen zusammen auf 14 Nein-Stimmen und unterlagen damit in der Abstimmung. CDU-Fraktionschef Julian Gerber sah die frühe Kritik seiner Partei am MVZ durch die jetzige Situation bestätigt. Auch nach Aussage der Geschäftsführerin gehe das MVZ Kalletal &bdquo;definitiv in die Insolvenz“, wenn – nach nur einem halben Jahr Betrieb – keine sechsstelligen Beträge aus Steuermitteln zugeschossen würden. Gerber erinnerte daran, dass im Wahlkampf heftig über die Aussage der UKB gestritten wurde, dass das MVZ &bdquo;eigentlich schon insolvent“ sein müsste.

CDU: Klage war &bdquo;unanständig“ Das als GmbH organisierte MVZ hatte die UKB deshalb verklagt. Für Gerber war es &bdquo;unanständig“, im Sommer vor Gericht zu ziehen, obwohl da bereits bekannt gewesen sei, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte. Gerber warf Bürgermeister Hecker vor, schon im Hochsommer und damit vor der Kommunalwahl gewusst zu haben, dass das MVZ &bdquo;enormen Kapitalbedarf“ habe. &bdquo;Warum Bürgermeister und Geschäftsführung diese Informationen jedoch bis nach der Wahl – und sogar im Gerichtsverfahren – zurückgehalten haben, muss jeder selbst bewerten.“

Grundsätzlich, so Gerber, sei es gut, dass &bdquo;endlich einmal öffentlich über Zahlen“ gesprochen werde. Es zeige sich nun, dass die Annahmen der Beratungsfirma Dostal zu den Patientenzahlen des MVZ &bdquo;vollkommen falsch“ gewesen seien. Wie berichtet, sind die Behandlungszahlen im MVZ nach Angaben von Geschäftsführerin Gabriele Dostal in den ersten Monaten &bdquo;spürbar hinter den Planzahlen“ zurückgeblieben. Gerber betonte, schon im März 2024 habe die CDU in nicht öffentlicher Sitzung Angaben der Berater &bdquo;als falsch entlarven“ können. &bdquo;Wir haben frühzeitig gewarnt.“

Diese Entwicklung wäre vermeidbar gewesen, wenn man kritische Fragen auch offen zugelassen hätte, so Gerber. Doch das sei nicht geschehen. Stattdessen werde die Insolvenz-Aussage der UKB im Wahlkampf als Grund für die niedrigen Patientenzahlen angeführt. Gerber: &bdquo;Wer das glaubt, glaubt wohl auch an den Weihnachtsmann.“ Die Prognosen zeigten nun einen weiteren Finanzbedarf von 255.000 Euro ab Februar. Es müsse ein Sanierungskonzept ohne die bisherige Beratungsfirma geben. Gerber betonte, dass sich die Kritik nicht gegen die Ärzte und Mitarbeiter des MVZ richte.

Hecker ging auf die Kritik nicht im Einzelnen ein, sondern versuchte, die jetzt bewilligte Summe von 215.000 Euro ins Verhältnis zu setzen. So sei es unstrittig, dass das Freibad jährlich mit 224.000 Euro bezuschusst werde. Doch habe er als Bürgermeister bei dem Ansinnen falschgelegen, einen Aufsichtsrat fürs MVZ abzulehnen.

Hecker: &bdquo;Hässliche“ Vorfälle Hecker erinnerte an harte und aus seiner Sicht unfaire Vorfälle, die die Einrichtung des MVZ begleitet hätten. Als medizinische Fachkräfte sich fürs MVZ beworben hätten, sei dies aus der Kommunalpolitik an deren bisherigen Arbeitgeber, einen Arzt, durchgestochen worden. &bdquo;Viele andere Dinge haben das Projekt links und rechts begleitet und für eine gewisse Zurückhaltung bei den Patienten gesorgt.“ Er berichtete von Anrufen eines Unternehmens, das in Lemgo ein Ärztehaus vorbereite und ihn gedrängt habe, sich vom Projekt MVZ zu verabschieden. &bdquo;Das ist nicht in Ordnung.“ Gleichwohl stehe er weiterhin &bdquo;vollends“ hinter dem Projekt. Jetzt gehe es darum, sich zusammenzusetzen und gemeinsam nachzudenken.

SPD-Fraktionschef Manfred Rehse schlug selbstkritische Töne an. Sein CDU-Kollege Gerber habe &bdquo;in vielen Dingen recht“. Trotzdem glaube die SPD weiter an das MVZ. Nun gelte es, sich zusammenzusetzen, um wieder mehr Vertrauen in die MVZ-Geschäftsführung zu erreichen. Gleichwohl &bdquo;verbrennen wir kein Geld der Bürger“, denn bei der aktuellen Finanzspritze handle es sich um Darlehen &bdquo;zur Überbrückung der nächsten wahrscheinlich drei Jahre“, damit das MVZ bis 2029 die Verlustzone verlassen könne. Er appellierte: &bdquo;Wir können gemeinsam dafür sorgen, dass dieses MVZ eine Zukunft hat.“ Das sei wichtig für die Bürger, sagte Rehse und erntete Applaus aus dem gut gefüllten Zuschauerraum.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Florian Schön schloss sich dem an: &bdquo;Die Schließung des MVZ würde bedeuten, dass mehr als 1000 Patienten ohne Arzt dastehen.“ Zugleich verwies er auf den Vortrag eines Mitarbeiters der Bertelsmann-Stiftung vorher in der Sitzung, der auf eine nahende Ruhestandswelle bei niedergelassenen Medizinern hingewiesen hatte. Die UKB äußerten sich nicht in der Ratssitzung.

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