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NS-Verbrechen: Erinnerung und Aufklärung in NRW

Münster (dpa/lnw). 25 Gedenkstätten erinnern in Nordrhein-Westfalen an die Gräueltaten der Nationalsozialisten. Doch das Grauen ist noch nicht ganz aufgearbeitet: In NRW laufen noch Verfahren gegen NS-Verbrecher.

Der 27. Januar ist der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. 2015 jährt sich die Befreiung des größten deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau an diesem Tag zum 70. Mal. Auch in NRW starben tausende Menschen in Konzentrationslagern, schufteten sich in Arbeitslagern zu Tode, wurden unterdrückt und verfolgt.

Welche Konzentrationslager gab es in Nordrhein-Westfalen?

Große Konzentrationslager wie etwa Dachau oder Buchenwald gab es laut Prof. Alfons Kenkmann vom Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten in NRW nicht. Wohl aber etwa 40 kleinere Konzentrationslager, die sich über die gesamten 12 Jahre der NS-Herrschaft verteilen. Dazu zählen das KZ Kemna in Wuppertal, das KZ Niederhagen auf der Wewelsburg bei Büren und das KZ Schwerte. In Kemna waren von Juli 1933 bis Januar 1934 je nach Quelle zwischen 4000 und 5000 Menschen inhaftiert, darunter Sozialdemokraten, Christen, Gewerkschafter und Kommunisten. Unter den etwa 1500 Häftlingen im KZ Niederhagen befanden sich vor allem Angehörige der Zeugen Jehovas. Die großen Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhhausen unterhielten außerdem Außenstellen in NRW. Die SS-Baubrigaden hatten ein Dutzend Lager in Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Essen und Köln.

Wo wurden Kriegsgefangene festgehalten?

In Arbeits- und Kriegsgefangenenlagern waren tausende Soldaten aus der Sowjetunion, Italien, Polen und Frankreich gefangen. Im Stammlager (Stalag) VI A in Hemer waren weit über 200 000 Kriegsgefangene und im Stalag 326 VI K Senne in Holte-Stukenbrock rund 300 000 sowjetische Kriegsgefangene inhaftiert.

Wird noch gegen Verdächtige in NRW im Zusammenhang mit NS-Verbrechen ermittelt?

Ja. 70 Jahre nach der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz prüft die Justiz in NRW derzeit, ob sie gegen einen heute 93-Jährigen aus dem Kreis Lippe Anklage erhebt, der zwei Jahre lang als Wachmann im Lager eingesetzt gewesen sein soll. Ob gegen einen heute 89-Jährigen verhandelt wird, der im Verdacht steht, 1944 am Massaker im französischen Oradour-sur-Glane beteiligt gewesen zu sein, ist ebenfalls noch offen. Das Landgericht Köln hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt - dagegen haben Staatsanwaltschaft und Nebenkläger Beschwerde eingelegt. Weitere 15 Verfahren richten sich gegen mutmaßlich Beteiligte an Kriegsverbrechen in Russland, der Ukraine, Polen, Italien und Frankreich. Insgesamt gelten 37 Personen als Beschuldigte.

Welche Gedenkstätten gibt es in Nordrhein-Westfalen?

Zurzeit gibt es 25 Gedenkstätten in NRW. Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, ehemaliger Sitz der Gestapo und die Villa Ten Hompel in Münster, Sitz der Ordnungspolizei im Nationalsozialismus und Dezernat für Wiedergutmachung im Nachkriegsdeutschland, nehmen die Täter in den Blick. Im Kreismuseum Wewelsburg geht es um die Geschichte der Schutzstaffel (SS). Diese drei Gedenkstätten stellen die Verbrechen des Nationalsozialismus und die Leidenswege der Opfer überregional dar. Alle 25 Erinnerungs- und Gedenkstätten beschäftigen sich auch mit den lokalen Schicksalen Opfer und Verfolgter.

Wie werden an den NRW-Schulen die Verbrechen des Nationalsozialismus im Unterricht behandelt?

Die Aufarbeitung der NS-Zeit ist laut Schulministerium ein wichtiges Thema an den weiterführenden Schulen, das sich durch die gesamte Schulzeit zieht. Nicht nur im Fach Geschichte, sondern auch in anderen Kursen wie etwa Philosophie, Deutsch und Religion lernen die Schüler, die NS-Verbrechen zu bewerten und Konsequenzen aus ihnen zu ziehen. Ziel der Schuldbildung ist es, Toleranz, Respekt und Selbstverwirklichung in sozialer Vernunft zu lehren. Die umfassende Aufklärung über die Verbrechen des Nationalsozialismus und des Holocaust gehört dazu.

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